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Augsburg: Anwohner klagen gegen Neubau auf dem Spicherer-Areal in Pfersee

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Anwohner klagen gegen Neubau auf dem Spicherer-Areal in Pfersee

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    Die mehr als 100-jährige Ära der Spicherer-Schule in Pfersee ist Vergangenheit. Die Abbrucharbeiten sind nahezu abgeschlossen. Anwohner haben gegen das Neubauvorhaben auf dem Areal Klage eingereicht.
    Die mehr als 100-jährige Ära der Spicherer-Schule in Pfersee ist Vergangenheit. Die Abbrucharbeiten sind nahezu abgeschlossen. Anwohner haben gegen das Neubauvorhaben auf dem Areal Klage eingereicht. Foto: Silvio Wyszengrad

    Das Grundstück von Gernot Braun grenzt direkt an das Areal der Spicherer-Schule in Pfersee-Nord. Der dreifache Vater kann sich noch an die Zeit erinnern, als in dem alten Gebäude Kinder ein- und ausgingen, er hat seinen Leerstand und die Zwischennutzungen erlebt – und seit Beginn des Jahres die vorbereitenden Arbeiten sowie den Abbruch der Schule.

    Wohnanlage auf dem Spicherer-Gelände besteht aus sieben Häusern

    Von ihr sind mittlerweile fast nur noch Steinhaufen übrig. Die Wohnbaugruppe Augsburg (WBG) will auf dem rund 7500 Quadratmeter großen Gelände zwischen der Metzstraße im Norden, der Koboldstraße im Westen, der Stadtberger Straße im Süden und der Spicherer Straße im Osten eine Wohnanlage in Holz-Hybrid-Bauweise errichten. Die 74 Wohnungen, die der einkommensorientierten Förderung unterliegen, verteilen sich auf sieben Gebäude. Außen stehen jeweils zwei Häuser hintereinander, in der Mitte reihen sich drei Gebäude aneinander.

    Die einstige Spicherer Schule musste den neuen Wohnungen weichen.
    Die einstige Spicherer Schule musste den neuen Wohnungen weichen. Foto: Silvio Wyszengrad (Archiv)

    Das ist der Grund, warum Braun gegen das Vorhaben klagt. Sein Kritikpunkt: „Dieser Riesenkomplex fügt sich nicht in das Straßenbild der Umgebung ein, das überwiegend aus Siedlerhäusern besteht.“ Dabei sei die Höhe der insgesamt dreigeschossigen Neubauten nicht das Problem, sondern die Ausmaße des mittleren Traktes. Denn die drei Häuser würden mit so geringem Abstand gebaut, dass der Eindruck entstehe, es handle sich um einen Komplex, sagt der Diplom-Kaufmann.

    Braun wirft hier der Stadt vor, die Wohnbaugruppe als ihre Tochter zu bevorzugen. „Die WBG darf Dinge, die kein privater Bauherr darf.“ Er hingegen habe als Bauträger, der aktuell in Kriegshaber Studenten-Apartments errichtet, die Abstandsflächen „auf den Zentimeter“ einhalten müssen. Noch steht nicht fest, wann die Klagen – neben Braun ziehen noch einige andere Anlieger vor Gericht – verhandelt werden. Wichtig ist dem Endvierziger jedoch der Hinweis, dass es ihm dabei nicht um die Bebauung an sich geht: „Ich habe auch nichts gegen sozialen Wohnungsbau.“

    Bauantrag für 24-Millionen-Euro-Projekt in Pfersee ist eingereicht

    Nach Auskunft von Geschäftsführer Mark Dominik Hoppe hat die Wohnbaugruppe mittlerweile den Bauantrag für das 24-Millionen-Euro-Projekt in Pfersee eingereicht. Wann genau mit dem Bau begonnen wird, weiß er zum jetzigen Zeitpunkt nicht: „Nach Vorliegen der Baugenehmigung werden wir – bis dahin sollten wir alle Argumente der Kläger kennen – über das weitere Vorgehen entscheiden.“ Wie Hoppe weiter ausführt, sei das städtebauliche Konzept für das Spicherer-Areal, das im Rahmen eines Architektenwettbewerbes gefunden wurde, so mit allen Dienststellen der Stadt Augsburg abgestimmt worden. „Die Situation der geringeren Abstandsflächen ergibt sich aus der Lage, die im Quartier derzeit vorzufinden ist.“ Im Übrigen habe ein Nachbar nur dann Abwehrrechte, wenn die Abstandsflächen zu seinem Grundstück nicht eingehalten würden, also eine individuelle Betroffenheit vorliege.

    Attraktive Stadtteile? Das planen Parteien und Gruppen

    CSU:

    95 Prozent der Augsburgerinnen und Augsburger sind mit dem Leben in ihrer Nachbarschaft, ihrem Stadtteil und ihrem Quartier zufrieden. Die Stadtteile stehen künftig noch stärker im politischen Fokus der CSU. Wir haben nicht nur ein allgemeines Wahlprogramm, sondern auch ein Projektprogramm für jeden Stadtteil aufgestellt. Darin finden sich ganz konkrete Maßnahmen für jedes Viertel, vom Kita-Neubau bis zu Stadtteilkulturbeauftragten und Freizeitangeboten. Attraktiv ist das Leben immer da, wo man sich wohlfühlt, wo man sicher ist und wo die Infrastruktur gut ist. Das umschreibt unseren Arbeitsauftrag.

    SPD:

    Wenn wir den Augsburgerinnen und Augsburgern in den Stadtteilen diese Frage stellen, weiß fast jeder eine Antwort darauf. Also müssen wir das tun! Wir brauchen eine offene und nachhaltige Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe, damit die Stadt mit den Bürgern sowie den Stadträten die besten Lösungen für den jeweiligen Stadtteil entwickeln. Das gilt für alle Bereiche öffentlichen Lebens, vom Verkehr über die Gestaltung von Grünanlagen und öffentlichen Plätzen bis hin zur Angebotsstruktur. Attraktive Stadtteile bieten wohnortnah Kinderbetreuung, Bildungs- und Freizeitangebote genauso wie Angebote für Senioren sowie eine gute Einzelhandelsstruktur.

    Die Grünen:

    Wir machen Stadtteile attraktiv, indem wir Quartiere der kurzen Wege gestalten. Lebensmittelladen, Schule, Kindergarten, Jugendtreff, Bücherei, Bürgertreff, Seniorenberatungsstellen, Ärzte und Pflegeheim sind gut erreichbar. Nachbarschaftshilfen und niederschwellige Angebote ermöglichen Unterstützung. Wir wollen Orte, die nachbarschaftliche Treffen ermöglichen – wie offene Werkstätten, Leihläden, Urban-Gardening-Projekte, Gemeinschaftsräume. Unser Quartier hat gut ausgebaute Fahrradstraßen, auf denen wir gefahrlos unterwegs sein können, und einen attraktiven ÖPNV. Zudem ist unser Quartier ausreichend begrünt.

    AfD:

    Die Attraktivität eines Stadtteils wird durch viele Faktoren gestaltet: Sicherheit, Sauberkeit, Begrünung, Verkehrsinfrastruktur, Parkplätze, Bänke/Gehwege, medizinische Nahversorgung, Kitas, Schulen, Spielplätze, Entfernung zum Arbeitsplatz usw. Da es sich je nach individuellem Bedürfnis stark unterscheidet, was genau einen attraktiven Stadtteil ausmacht, bleiben wir bei den Grundbedürfnissen: Sicherheit, Sauberkeit und eine gute Infrastruktur – medizinisch, sozial, verkehrstechnisch. Und genau in der genannten Priorität. Es ist leicht, für „alles“ zu sein wie die meisten anderen Parteien, aber es ist ehrlicher, die Prioritäten zu benennen.

    Pro Augsburg:

    Viele Stadtteile sind bereits attraktiv und haben ein vielfältiges Stadtteilleben. Noch attraktiver können Stadtteile durch die Schaffung von Begegnungsräumen werden. Die überfällige Pflege von Grünanlagen, Kinderspielplätzen, Sportstätten und Schwimmbädern würde die Attraktivität erhöhen. Es gilt, Arbeitsgemeinschaften und Stadtteilvereine weiter zu fördern, und die Verwaltung sollte bei Veranstaltungen mehr Hilfestellung bieten, um unnötige bürokratische Hürden abzubauen. Hauptamtliche Ansprechpartner könnten unterstützen – in Nachbarstädten, die ähnlich groß sind wie einzelne Augsburger Stadtteile, sind eigene Kulturmanager aktiv.

    Freie Wähler:

    Stadtteile brauchen Orte, an denen sich die Menschen treffen können. Früher waren das oft die Wirtshäuser, heute müssen wir solche Einrichtungen schaffen – am besten in Zusammenarbeit mit den Kirchen, die vielerorts Räume haben, aber immer weniger Gläubige. Ich, Peter Hummel, bin Pfarrgemeinderat in St. Ulrich und Afra und unser Pfarrheim ist seit vielen Jahren ein echter Ort der Begegnung – über alle Konfessionsgrenzen hinweg. Aber: Stadtteile brauchen auch starke Stimmen für die Belange vor Ort. Deshalb sind wir Freien Wähler für die Einführung von Bezirksausschüssen, die auch entscheiden können und nicht nur als Stuhlkreise fungieren.

    Die Linke:

    In den Stadtteilen sollte Kultur in der Alltagspraxis der Menschen verankert sein – also weg von den großen Bühnen und rein in den Alltag der Menschen. Wir fordern Kulturzentren in den Stadtteilen, die die Möglichkeit bieten, eine lokale Kulturszene zu schaffen. Außerdem brauchen wir Stadtteilzentren, die nicht primär autogerecht sind, sondern menschengerecht. Dafür brauchen wir den Ausbau von Radwegen und eine bessere Anbindung der Stadtteile an Bus und Straßenbahn. Die Linke fordert zudem Stadtteilausschüsse für Augsburg.

    ÖDP:

    Augsburgs Stadtteile weisen von ihrer historischen Entwicklung her völlig unterschiedliche Strukturen auf: Das Spektrum reicht vom ehemaligen Straßendorf über eine breit gefächerte Industrielandschaft bis hin zur reinen Wohngegend. Vielfach durchschneiden große Autostraßen die Stadtteile und bilden Trennlinien zwischen den Bewohnern. Hier gilt es anzupacken: Wir müssen die Aufenthaltsqualität in den Vierteln durch Eindämmung des Autoverkehrs, Schaffung neuer grüner Zentren und Nahversorgungseinrichtungen attraktiver gestalten. Für die vielen Gruppen und Vereine muss es vor Ort Möglichkeiten der Begegnung und Betätigung geben.

    Polit WG/DIB:

    Stadtteilinteressen unmittelbar berücksichtigen und Bürgerwünsche ernst nehmen: für die Einführung von Bezirksausschüssen. Mit weiteren Bürgerhäusern wie in Pfersee Kultur, Bildung und Austausch generationenübergreifend fördern. Grünanlagen und Begegnungsorte ohne Konsumzwang. Kreative Freiräume für Kunst und Kultur schaffen, um Talente zu unterstützen. Längere und nähere Einkaufsmöglichkeiten z. B. mit inhabergeführten Spätis. Keine dreckigen Geschäfte im Kiez: Mehr öffentliche Toiletten und Duschen, Kondomautomaten, Aschenbecher, Mülleimer. Durchgangsverkehr verringern und bessere und günstige Anbindung mit dem ÖPNV.

    FDP:

    Attraktive Viertel sind gut an den ÖPNV angeschlossen und verfügen über eine ausgewogene Mischung aus Wohnen, Gewerbe, Einkaufsmöglichkeiten, Grünflächen, Sport-, Bildungs- und Kultureinrichtungen. Die in den letzten Jahren entstandenen Neubauviertel sind zumeist aber reine Schlafstätten mit austauschbarer Architektur. Wir wollen historische Bauten, die den Charakter eines Viertels prägen, wieder in die Planung integrieren, statt sie leichtfertig zum Abriss freizugeben. In Augsburg muss man in allen Stadtteilen gerne und sicher leben können – auch im Alter. Deshalb wollen wir die soziale Infrastruktur für Pflegebedürftige vor Ort verbessern.

    Augsburg in Bürgerhand:

    Sie müssen wieder mit eigenständigem Leben erfüllt werden. Dafür muss eine Versorgungsstruktur mit Kleingewerbetreibenden aufgebaut werden. Historische Kerne müssen bewahrt werden. Um Begegnungen zwischen den Menschen zu fördern, braucht es Begegnungs- und Kulturstätten. Im Kulturentwicklungsplan soll die Förderung einer Stadtteilkultur entwickelt werden. Einen niedrigschwelligen Zugang zur Gesundheitsversorgung durch dezentrale Gesundheitszentren soll es für alle geben. In Stadtteilversammlungen werden die Bedürfnisse der Stadtteile ausgedrückt. Mit einem Budget regeln die Stadtteile ihre Angelegenheiten selbst.

    Die Partei:

    Wir Politikerinnen ziehen das Wording vor. Denken Sie an das „Gute-Kita-Gesetz“. Kurzum, eine Umbenennung der Stadtteile würde schon viel bringen. Jako-bervorstadt und Kahnfahrt in Hafen-City, die Stadtmitte in Downtown, Oberhausen in Oriental Quarter oder das Bismarckviertel in Prenzlauer Hills. Anglizismen kommen gut an und bilden die Brücke zu den Amerikanern – die zweite Kulturnation, die nach den Römern Augsburg besetzte.

    Generation Aux:

    Die Stadtteile sollen Orte der Begegnung werden. Durch unser Mobilitätskonzept „Superblocks“, mit dem wir schrittweise alle Stadtteile vom Durchgangsverkehr befreien, entstehen neue Plätze, die als Treffpunkte oder Spielplätze genutzt werden können und Lebensqualität erhöhen. Nahversorgung halten wir für essentiell, wo es keine Läden gibt, sollen Bürger flächendeckend die Möglichkeit haben, mit CO2-neutralen Lieferangeboten die Bedarfe des Alltags zu decken. Wir möchten in allen Augsburger Regionen Bildungszentren für die Stadtteile etablieren, die Menschen unter anderem niederschwelligen Zugang zu digitalen Alltagskompetenzen verschaffen.

    V-Partei3:

    Bis Redaktionsschluss ging kein Statement von der V-Partei ein.

    WSA:

    Es ist wichtig, die Bürger mehr vor Ort zu beteiligen (Workshops/Umfragen). Sie selbst wissen am besten, was ihnen fehlt bzw. was zu verbessern ist. Initiativen wie „Stadtteilplatz statt Parkplatz“ in Pfersee müssen von der Politik aufgegriffen und ernst genommen werden. Wie in der Vergangenheit von der Stadtregierung praktiziert, lediglich Workshops zu veranstalten und dann deren Ergebnisse zu übergehen, ist der falsche Weg. Die Stadtspitze muss die Vorschläge nach Möglichkeit weitestgehend politisch umsetzen. Wichtig ist zudem die Förderung von Stadtteilfesten und Maßnahmen für ein größeres Sicherheitsgefühl wie z. B. am Oberhauser Bahnhof.

    Die Behauptung Brauns, die Stadt behandle ihre Tochter WBG und private Bauherren unterschiedlich, ist nach Angaben des Baureferates nicht zutreffend. „Die Stadt Augsburg als Bauaufsichtsbehörde beurteilt sämtliche Bauanträge nach denselben Maßstäben.“ Beim Grundstück der ehemaligen Spicherer-Schule sei eine Abweichung von der Abstandsflächenregelung von der Bauherrin beantragt worden und – da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt waren – auch erteilt worden. Die verbleibenden Abstandsflächen bewegten sich in einem zulässigen Rahmen. Laut Baureferat kommt es des Öfteren vor, dass im Rahmen von Baugenehmigungs- beziehungsweise Bauvorbescheidsverfahren Abweichungen genehmigt würden.

    Bäume wurden vor dem Abbruch der Spicherer-Schule gefällt

    Nicht Gegenstand der Klage, aber nach wie vor ein Streitpunkt sind Baumfällungen, die im Februar auf dem Schulgelände erfolgten. Insgesamt 19 Bäume – zehn davon geschützt – wurden damals mit der Begründung entfernt, vorgeschriebene Sicherheitsabstände müssten eingehalten und Platz für das Abrissfahrzeug geschaffen werden. „Es ist für jeden Laien ersichtlich, dass die Bäume nicht dem Abbruch im Wege standen, sondern bereits im Vorgriff auf eine erhoffte Baugenehmigung gefällt wurden“, sagt Braun. Auch hier kritisiert er die Stadt, dass sie die Fällarbeiten gestattete. „Kein privater Bauherr hätte eine vergleichbare Aktion genehmigt bekommen.“ Hoppe entgegnet, dass die Situation der Bäume mit den zuständigen Behörden ausgiebig abgestimmt worden sei. „Hier geht es nicht um Gefühle, sondern um die Frage der Genehmigungsfähigkeit von Fällungen, die für jeden Baum einzeln geprüft wurde.“

    Umweltreferent Reiner Erben bestätigt – wie schon im Februar – die Notwendigkeit der Baumfällungen. „Die Schleppkurve des Tiefladers zum Transport des Abbruchgeräts, die Nähe einiger Bäume zum Schulgebäude sowie der erforderliche Mindestabstand des Abrissbaggers erforderten die Fällung von insgesamt zehn der Baumschutzverordnung unterliegenden Bäumen.“ Der ursprünglich geplante Abbruch von Ost nach West sei zwar aus Sicherheitsgründen – wegen der Sonnenblendung – geändert worden. Diese Abweichung von den ursprünglichen Planungen habe jedoch keine Auswirkungen auf den Baumbestand, sagt Erben.

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