Joachim Herrmann, 45, ist empört. Der Augsburger schwimmt gerne im Kaisersee im Norden der Stadt. Der kleine See an der Mühlhauser Straße ist im Sommer ein beliebtes Revier für FKK-Anhänger. Doch die neue Badesaison hat noch gar nicht begonnen, schon gibt es Streit mit den dortigen Anglern. Der Lechfischereiverein Augsburg, dem das Gewässer gehört, hat alle Badetreppen der FKKler am Seeufer entfernt. Damit wird der Zugang vom Ufer ins Wasser schwierig.
Die Angler und Nudisten haben schon seit vielen Jahren immer wieder Ärger miteinander. Beide Seiten werfen sich vor, den seit langem schwelenden Streit nun weiter zu befeuern. Neuestes Ärgernis ist eine Bekanntmachung, die der Lechfischereiverein am See aufhängte. Darin kündigte er an, ungenehmigte Anlagen wie Treppen, Bänke, Hecken und alle sonstigen gelagerten Gegenstände zu entsorgen. Der Ankündigung sind inzwischen Taten gefolgt. Silvia Fischer vom Vereinsvorstand bestätigte auf Anfrage unserer Redaktion, alle Einbauten am Seeufer seien abgebaut worden, darunter auch knapp 30 Badetreppen. Die Aktion habe den Verein mehr als 1000 Euro gekostet. Sie sagt, "wir sehen uns zu diesem Schritt gezwungen, weil es nicht anders geht."
Fischereiverein spricht von einem Verhalten, "das nicht mehr hinnehmbar" sei
Wer ist schuld an all dem Ärger? Joachim Herrmann spricht von einem Verhalten des Fischereivereins gegenüber den Badegästen, das nicht mehr hinnehmbar sei und "einer Eskalation gleichkommt". Die Badetreppen seien unverzichtbar für den Zugang zum Kaisersee, gerade auch für ältere Menschen. Der Wasserstand sei in den vergangenen Jahren immer weiter abgesunken. Die Uferränder seien stellenweise steil. Deshalb hätten sich Besucher an einzelnen Stellen damit beholfen, Steinstufen oder Holztreppen anzubringen.
Vorstandsmitglied Silvia Fischer sieht die Sache ganz anders. Sie verweist auf Haftungsprobleme für den Verein, sollte es an den Badetreppen zu einem Unfall kommen. Aus ihrer Sicht provoziert auch die Badeszene am See den Lechfischereiverein. Anstatt das Privateigentum des Vereins zu respektieren, würden die Besucher ohne Erlaubnis Hecken und Blumenbeete am Ufer pflanzen und Bänke und Treppen im See installieren. Absprachen, keine weiteren Einbauten mehr anzubringen, werden nach ihren Angaben nicht eingehalten. "Das einzige, was die Leute dürfen, ist baden, das können wir nicht verbieten", sagt Fischer.
Um miteinander in Frieden zu leben, müsse aber fremdes Eigentum geachtet werden. Für den Verein stehe an seinem See das Angeln im Vordergrund. Und da sei die Lage im vergangenen Jahr nicht einfach gewesen, sagt Fischer. "Wir hatten fischereitechnisch einen verheerenden Sommer." Weil der Wasserspiegel in der langen Trockenperiode stark sank, habe die gute Wasserqualität gelitten. Durch die vielen mit Sonnenschutz eingecremten Schwimmer sei dieses Problem noch verstärkt worden.
Es ist nicht der erste Streit am Augsburger Kaisersee
Der aktuelle Streit um die Badetreppen ist nicht der erste am Kaisersee. Das Gewässer ist seit Jahrzehnten ein beliebter inoffizieller Badeplatz von FKKlern. Der Lechfischereiverein hatte den See über Jahrzehnte hinweg gepachtet und dann vor einigen Jahren erworben.
Joachim Herrmann findet: "Wenn man unter diesen Voraussetzungen einen See kauft, kann man nicht im Nachhinein Maßnahmen ergreifen, um die Badegäste fernzuhalten." Er glaubt, dem Verein gehe es vor allem darum, gewinnbringend Lizenzen zum Fischen zu verkaufen. Deshalb würden Badegäste mit überzogenen Aktionen vom Kaisersee vergrault – und das obwohl es in Bayern einen gesetzlichen Anspruch auf einen freien Zugang zu Gewässern gebe.
Der Augsburger hat sich nun an die Stadtspitze gewandt, um im Streit mit den Fischern Beistand zu suchen. In einem Schreiben an Oberbürgermeister Kurt Gribl und Bürgermeisterin Eva Weber bittet er auch im Namen weiterer Badegäste darum, den Abbau der Badetreppen im Kaisersee zu verbieten. Andernfalls sei es wünschenswert, wenn die Stadt selbst einen Zugang zum Wasser und auch mehr Parkplätze schaffe. Es könne nicht Ziel sein, das Gewässer zum reinen Angelsee umzufunktionieren, argumentiert er. Denn in Augsburg gebe es generell zu wenige Badeseen und noch weniger für FKK.
Sollte der Streit am Kaisersee nicht geschlichtet werden, könnte es aus Sicht von Herrmann zu ungeahnten Folgen kommen: Er könne sich nicht vorstellen, dass es im Interesse der Stadt sei, wenn die FKKler an andere Seen ausweichen müssen, sagt er. "Das dürfte bei bekleideten Badegästen zu Irritationen führen."
Bei der Stadt fühlt man sich für die Probleme aber nicht zuständig. Dort teilt eine Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion mit: "Der Kaisersee ist reines Privatgelände des Lechfischereivereins. Aus diesem Grund kann hier die Stadt Augsburg keine eigenen Zugangsmöglichkeiten schaffen, dem Verein das Entfernen von Treppen verbieten oder neue Parkmöglichkeiten ausweisen."
Lesen Sie dazu den Kommentar: Zoff am Kaisersee: Ein neuer FKK-Platz als Lösung?
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