Der Sommer, Corona und die geschlossenen Clubs treiben die Menschen nach draußen. Mit ihrem Außenverkauf, der zentralen Lage und dank ihrer Kneipendichte wird die Maxstraße zum Schmelztiegel: Samstags ab 22 Uhr sind hier Szenen, Milieus und Typen anzutreffen, die sonst über die ganze Stadt verteilt in ihren jeweiligen Biotopen getrennt feiern. Das geht nicht immer gut.
Als CSU-Stadtrat Peter Schwab Ende Juli von einem nächtlichen Maxstraßen-Ausflug auf seinem Facebook-Konto berichtete, war Ärger programmiert. Er stellte Männer mit Migrationshintergrund ins Zentrum seiner Schilderungen. Er kenne „die Maxstraße nicht wieder und auch das Klientel nicht, das hier zur Zeit unterwegs ist“, so Schwab. Aus einer Gruppe „Halbstarker“, so schrieb er, hätte einer zwei Frauen mit Fäkalsprache belästigt. Schwab in seinem Post: „Ja, der feinfühlige und gut erzogene hatte unverkennbar äußerlich und stimmlich Migrationshintergrund.“
Weitere Männer mit Migrationshintergrund hätten ihn als „Hurensohn“ und im Einsatz befindliche Polizisten am Herkulesbrunnen aggressiv und vulgär beschimpft. Die zwei Männer, die ihm daraufhin beistanden, beschreibt er ebenfalls als „mit Migrationshintergrund“.
Jetzt reagierte der Augsburger Integrationsbeirat scharf auf diese Äußerungen. In einem offenen Brief an die CSU-Stadtratsfraktion schreibt Vorsitzende Didem Laçin Karabulut, die Hinweise auf die Herkunft der Männer trügen nichts zur Lösung von Konflikten in der Maxstraße bei. „Die Erwähnung hat hier überhaupt keinen Mehrwert. Abfällig über Augsburger mit Migrationshintergrund zu sprechen, lässt eher viel Interpretationsspielraum über Peter Schwabs Einstellung als Polizeibeamter und Stadtrat.“
Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt Laçin Karabulut, dass sie Zivilcourage schätze, kritisiert jedoch, dass Schwab, der von Beruf Polizist ist, Augsburger nach Einwanderungsgeschichte kategorisiere und so die Maxstraßen-Diskussion anheize. „Das ist diskriminierend und unprofessionell“, sagt sie. 60 Prozent der Augsburger dieser Altersgruppe hätten einen familiären Migrationshintergrund und entsprechend wahrscheinlich sei es, dass sie auch unter auffälligen jungen Männern vertreten seien.
Serdar Akin, Stadtrat und Integrationssprecher der Grünen, hält die Äußerungen Schwabs für stigmatisierend. „Dass selbst die beiden, die ihn schützten, als Einwanderer und nicht einfach als junge Männer vorgestellt werden, ist Schubladendenken. Es besteht die Gefahr, dass das bei manchen Ressentiments und Hass freisetzt. Ein Augsburger Wir-Gefühl bekommen wir so nicht hin“, kritisiert der 37-Jährige.
Es gab rassistische Kommentare auf Facebook
Tatsächlich reagierten Menschen auf den Facebook-Beitrag des Polizeibeamten zum Teil mit rassistischen Kommentaren. Migranten seien „Gesindel“ und sollten „zurückgehen, wo sie hergekommen“ seien, lässt sich in dem öffentlichen Post lesen.
Karabulut ist darüber besorgt: „Die gesellschaftliche Stimmung ist durch die Corona-Restriktionen ohnehin sehr angespannt. Gefragt wären Lösungen, an denen Clubbesitzer, Jugendhäuser und Jugendliche beteiligt sind, und keine Spirale der Feindseligkeiten.“ Der vom Beirat angesprochene Peter Schwab wollte zu den Vorwürfen auf Anfrage keine Stellung nehmen. Leo Dietz, Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion, an die der Brief des Integrationsbeirats gerichtet ist, erklärte, er werde einen offenen Brief nicht öffentlich kommentieren. Man werde aber „das Gespräch mit dem Beirat suchen“.
Stadt will Antidiskriminierungsstelle schaffen
Lange hatte der Integrationsbeirat eine zentrale Antidiskriminierungsstelle gefordert, wie sie bereits in mehreren großen bayerischen Städten nach dem Vorbild der Bundes-Antidiskriminierungsstelle eingerichtet wurde. Sie ist nicht nur für Verwaltungsmitarbeiter, sondern Anlaufstelle für alle Bürger, die sich wegen ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, einer Behinderung, der sexuellen Orientierung oder ihrer Religion benachteiligt sehen. Im vergangenen Jahr gab auch der Organisationsausschuss des Augsburger Stadtrates grünes Licht für das Vorhaben, seit Mai ist das „Direktorium für Antidiskriminierung“ im Referat Oberbürgermeisterin in Betrieb.
Wie Ordnungsreferent Frank Pintsch auf Anfrage erklärt, wurde die Leitung intern mit der Juristin Melanie Heisch besetzt, die aus dem Bildungsreferat zum neuen Direktorium wechselte. Eine weitere Planstelle werde demnächst öffentlich ausgeschrieben. Migrationshintergrund, Behinderung, ein bestimmtes Geschlecht oder eine Weltanschauung seien als Bewerbungsvoraussetzung nicht vorgesehen, da eine solche Ausschreibung ihrerseits arbeitsrechtlich diskriminierend wäre und auch sonst nicht „sachgerecht“ sei, so Pintsch.
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