Gesundheit und Hygiene stehen im Vordergrund
Im 19. Jahrhundert hatten die Stadtpolitiker vor allem Hygiene und Volksgesundheit im Blick. Sechs Flussbäder und zwei "Volksbrausebäder" standen um 1900 zur Verfügung. Was noch fehlte, war ein Hallen-Schwimmbad. Der Bedarf war längst erkannt und der Wunsch, sich als blühende Industriestadt in die Reihe der wenigen süddeutschen Metropolen mit einem solchen Luxus einreihen zu können, wurde nach der Erbauung des Müller'schen Volksbades in München zur Triebfeder.
Die Stadtväter standen zudem unter Stifter-Druck: Fünf Geschwister der Industriellenfamilie Forster schenkten am 18. April 1895 der Stadt die damals gewaltige Summe von 300 000 Goldmark zur Errichtung eines "Volksbades"! Diese zweckgebundene Stiftung stellte einen erheblichen Anschub dar, ein Ganzjahres-Schwimmbad zu bauen. Dazu bedurfte es jedoch langwieriger Vorbereitungen. Bereits die Standortfrage bereitete Kopfzerbrechen: In fußläufiger Innenstadtlage stand kein passendes stadteigenes Grundstück zur Verfügung. So war man gezwungen, einen Althauskomplex zwischen Stadtbach und Stadtgraben auf Abbruch zu erwerben.
Mit 154 000 Mark kam der Grunderwerb teuer zu stehen. Das zentrale Areal wies äußerst ungünstige Grundverhältnisse auf. Auf einem Pfahlrost musste das einst vom Findelbach durchflossene Grundstück für einen Großbau tragfähig gemacht werden. Zudem war nur ein Winkelbau möglich.
Stadtbaurat Fritz Steinhäußer übernahm die Planung. Bauexperten wurden auf Besichtigungsreisen geschickt, neueste technische Entwicklungen sollten erkundet werden. "Ein Volksbad solidester Konstruktion ohne unnötigen Luxus, aber unter Verwendung der besten und dauerhaftesten Materialien" sah die Planung vor. Am 1. Mai 1901 konnten die Bauarbeiten beginnen. Zwei Schwimmhallen waren wegen der gebotenen strengen Geschlechtertrennung nötig. Dass Männer und Frauen gemeinsam baden - das war um 1900 noch unvorstellbar. Jahrhunderte zuvor waren die Sitten längst nicht so puritanisch.
Beim Verlassen des Kassenraumes trennten sich bereits die Wege. Auf roten Mettlacher Bodenplatten erreichte man die Männerhalle und die Frauenhalle. In der hochwertigen Ausstattung gab es allerdings keine Unterschiede, die Damen mussten sich lediglich mit einem kleineren Schwimmbecken zufriedengeben. Fantasievolle Umkleidekabinen, Spiegel, Marmor, roter Boden, dekorative Gitter, viel Messing, bemalte Fenster und Helligkeit vermittelten den Hauch von Luxus. Auf 952 000 Mark beliefen sich die Gesamtkosten, wobei der Voranschlag nur um sechs Prozent überschritten wurde.
Schwimmen ab 20 Pfennig Eintrittsgeld
Noch um 1910 wurde das am 1. März 1903 eröffnete "Augsburger Stadt-Bad" (so die offizielle Bezeichnung) in Stadtführern als "Sehenswürdigkeit ersten Ranges" gepriesen. Die Bevölkerung genoss den Luxus, ab 20 Pfennig Eintrittsgebühr schwimmen, ab 30 Pfennig ein Wannenbad nehmen zu können. Heißluft-, Dampf- und medizinische Bäder wurden angeboten. 223 874 Besucher registrierte man 1904, bereits 1907 konnte der millionste Badegast begrüßt werden. Mit den Einnahmen ließen sich die Betriebskosten nahezu bestreiten. Die höchste Frequenz wurde in den 1930er Jahren erreicht: 1936 beispielsweise 422 782 Badegäste! Selbst für die Hygiene unter den Vierbeinern war mit einem Hundebad gesorgt.
Schäden während des Zweiten Weltkrieges
Technische Erneuerungen und Renovierungen waren bereits im ersten Betriebs-Jahrzehnt fällig, ab 1925 folgten Umbauten und Sanierungen in jeweils kurzen Zeitabständen. Den Bombenkrieg überstand das Bad mit reparablen Schäden, von 1945 bis 1954 beanspruchten es die Amerikaner ganz für sich. Wieder für die Augsburger freigegeben, wurden Erneuerungsarbeiten allzu sehr hintangesetzt. 1981 musste das Bad geschlossen werden.
Nachdem 1985 anlässlich Augsburgs 2000-Jahr-Feier der damalige Ministerpräsident Franz Josef Strauß zehn Millionen Mark Zuschuss versprochen hatte, lief 1986 eine grundlegende Sanierung des "Alten Stadtbades" an. Sie zog sich bis 1992 hin und kostete 24 Mill. DM. Ab 28. März 1992 war der nun allen Ansprüchen gerechte Jugendstil-"Badetempel" mit Sauna, Cafeteria, Fitnesszentrum und zwei Schwimmhallen wieder benutzbar. Den Stolz der Bevölkerung auf das einzigartige Baujuwel scheint die derzeit amtierende Stadtregierung nicht zu teilen: Sie zieht den Verkauf der städtischen "Zuschuss-Immobilie" in Erwägung.