Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Dürre und Hagel: Wertvollste Naturschutzgebiete erleben schwarzes Jahr

Augsburg

Dürre und Hagel: Wertvollste Naturschutzgebiete erleben schwarzes Jahr

    • |
    Verheerende Folgen hat der jüngste Hagelsturm auf der Königsbrunner Heide im Stadtwald Augsburg.
    Verheerende Folgen hat der jüngste Hagelsturm auf der Königsbrunner Heide im Stadtwald Augsburg. Foto: Philipp Flesch

    Normalerweise würden an diesen sonnigen warmen Tagen auf den Heiden im Augsburger Stadtwald massenhaft Heuschrecken zirpen und Schmetterlinge flattern. Doch im größten und wertvollsten Naturschutzgebiet der Stadt sind die Verhältnisse jetzt alles andere als normal. Für Nicolas Liebig vom Landschaftspflegeverband (LPV) ist die Situation deprimierend. Er spricht von einem "schwarzen Jahr für die Heiden" – mit unabsehbaren Folgen für seltene heimische Tiere und Pflanzen.

    Der erste schwere Schlag war die lange Dürre im Frühjahr, verbunden mit der ungewöhnlichen Trockenheit im vergangenen Winter. "Die Blüte der Lila Sumpfgladiole ist zu 95 Prozent ausgefallen", sagt LPV-Geschäftsführer Liebig. Selbst altgediente Naturschützer könnten sich seit über 40 Jahren nicht an einen derart dramatische Lage für diese seltene und geschützte Pflanzenart erinnern. In Augsburg gibt es noch eines der größten Vorkommen in Mitteleuropa, die Lila Sumpfgladiole war bislang ein Aushängeschild erfolgreicher städtischer Naturschutzarbeit. Das könnte sich mittelfristig ändern. Liebig befürchtet, dass in den kommenden fünf bis zehn Jahren von den rund 500.000 Exemplaren nur noch ein Zehntel überleben werde, sollte der Trend zu immer längeren Trockenperioden im Zuge des Klimawandels anhalten. Weil die durchlässigen Kiesböden auf den Heiden Niederschläge nicht speichern können, gehen dort nach seinen Beobachtungen selbst häufige wechselfeuchte Arten wie der Wiesenknopf immer mehr zurück.

    Stadtwald Augsburg: Weiderinder mussten geborgen werden

    Für einen zweiten vernichtenden Schlag sorgte nun das große Hagelunwetter. "Die Heiden im Stadtwald sind zu Spinat geschlagen", zieht Liebig Bilanz. Rund 50 Hektar Fläche verschwand kurzzeitig unter einer Zentimeter hohen Schicht aus Eiskörnern. Über die immensen Schäden für betroffene Menschen wurde viel berichtet. Doch gerade auch für Kleinstlebewesen in der freien Natur seien die Folgen dramatisch, sagt er: "Die Heuschrecken hat es ziemlich schlimm erwischt, wie schlimm, wissen wir noch nicht genau." Winzige Insekten sind sehr filigran. Mit bloßem Auge kann man kaum erkennen, wie viele umgekommen sind. Eines ist jedoch auffällig: Normalerweise hätten Grillen jetzt Paarungszeit, ihr Gesang wäre überall zu hören. Aktuell ist es erschreckend still. Auch viele Schmetterlingsarten, die im Spätsommer noch fliegen, haben wohl durch die tennisballgroßen Hagelkörner schwer gelitten, ebenso Eidechsen und Schlangen.

    Icon Galerie
    48 Bilder
    In der Nacht auf Freitag gab es auch in Augsburg ein starkes Gewitter mit Regen und Windböen. Eine erste Bilanz in Bildern.

    Glück im Unglück hatten die fünf Wildpferde des Beweidungsprojektes der Landschaftspflege im Stadtwald. Liebig zufolge konnten sie sich unter schützenden Bäumen in Sicherheit bringen, während nicht weit weg in Altkissing Pferde auf Koppeln im Hagelsturm umkamen. Auch die vier Mutterkühe mit ihren Kälbern, die im Stadtwald neben den Wildpferden grasen, erlitten Liebig zufolge keine Verletzungen. Doch nach dem Unwetter war das Futter für die Rinder so knapp, dass der zuständige Landwirt sie umsiedeln musste. Durch den Hagelschlag liegt eine Decke von Fichten- und Kiefernnadeln auf dem Boden, sodass die Kühe nicht mehr ans Gras kommen.

    Artenzählung soll Klarheit über Hagelschaden in Augsburg schaffen

    Auf den Heiden beginnen jetzt die Aufräumarbeiten. Umgefallene Bäume müssen beseitigt werden, der Nadelfilz muss an den Stellen weg, wo er seltene Pflanzen erstickt. Wie schwer die Heuschreckenbestände geschädigt wurden, soll eine Zählung im kommenden Jahr klären. Weil es bereits vor einigen Jahren ein Monitoring gab, ist ein Vorher-nachher-Vergleich gut möglich. Biologe Peter Hartmann hat insgesamt 23 verschiedene Heuschreckenarten nachgewiesen (obwohl es wohl noch mehr gibt). Darunter sind 13 rote-Liste-Arten, deren Bestand als bedroht gilt. Auch ein weiteres Monitoring für Schmetterlinge im kommenden Jahr soll mit den Naturschutzbehörden besprochen werden.

    Was bringen gegen derartige Auswirkungen Hagelflieger? Wie Flugzeuge in den Wolken kämpfen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden