"Impfturbo" stockt: Warum gibt es in Augsburg nur noch wenige Erstimpfungen?
Augsburg könnte bis zu 3000 Menschen am Tag impfen, doch der Impfstoff reicht nur für rund 1000 Impfungen. Und es gibt aktuell fast keine Erstimpfungen.
Die Stimmung rund ums Impfen ist mitunter ziemlich angespannt - weil die Impfstoffe weiter ein knappes Gut sind. Und weil die Erstimpfungen auch in Augsburg derzeit wieder stocken. Das zeigt auch der Fall eines Zahnarztes, der im Augsburger Impfzentrum mit dem Impfstoff von AstraZeneca geimpft worden ist.
Der Impfstoff von AstraZeneca wird, wegen seltenen schweren Nebenwirkungen bei jüngeren Personen, inzwischen von vielen abgelehnt. Der Arzt sollte auch bei der Zweitimpfung AstraZeneca bekommen, weil er bereits älter als 60 ist. Er wollte einen mRNA-Impfstoff, bekam ihn aber nicht. Darüber ist er empört: In einem Brief ans Impfzentrum und das bayerische Gesundheitsministerium fordert er ein Wahlrecht für den Impfstoff. Er spricht von "Diskriminierung", die er im Zweifel auch juristisch aufarbeiten lassen will.
Nachdem es im April relativ viele Erstimpfungen gab, hat der viel beschworene "Impfturbo" jetzt wieder etwas nachgelassen. In der vorigen Woche haben immerhin noch einmal rund 10.000 Augsburger die erste Spritze erhalten. Diese Woche dürften es aber weniger sein. Wie aus dem städtischen Impfzentrum mitgeteilt wird, finden dort aktuell kaum Erstimpfungen statt. Der Grund dafür ist, dass Mitte April der Abstand zwischen der Erst- und Zweitimpfung verlängert wurde. Dies hatte zur Folge, dass in diesem Zeitraum sehr viele Erstimpfungen verabreicht wurden und jetzt viele Zweitimpfungen anstehen.
Erstimpfung mit AstraZeneca - so läuft es in Augsburg bei der Zweitimpfung
In einer Mitteilung der Stadt heißt es dazu: "Aufgrund der geringen Menge, die derzeit an die Impfzentren geliefert wird, können derzeit fast nur Zweitimpfungen erfolgen." Lediglich mit dem Vakzin von Moderna könnten im Impfzentrum wenige Erstimpfungen vorgenommen werden. Da dieser Impfstoff aber nicht gut zu transportieren sei, stünde in dieser Woche auch für die mobilen Teams kein Impfstoff zur Verfügung. Wer bei der Erstimpfung AstraZeneca bekommen hat und jünger als 60 Jahre ist, erhält im Augsburger Impfzentrum aktuell als zweite Dosis den Impfstoff von Moderna. Wer dagegen älter als 60 ist, wie im Fall des Zahnarztes, erhält weiterhin AstraZeneca. Ausnahmen gebe es da nicht, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Wer einen anderen Impfstoff wolle, müsse sich an seinen Hausarzt wenden.
Insgesamt bekommt das Impfzentrum in dieser Woche gut 7000 Impfdosen. Pro Tag werden also rund 1000 Dosen verabreicht. Das Impfzentrum ist so aufgestellt, dass eigentlich rund 3000 Impfungen pro Tag möglich wären. Die Stadt teilt mit, man hoffe, "dass die Liefermengen in Kürze wieder erhöht werden". Aufgrund der Impfstoffmenge finden nach Angaben der Stadt auch bei den Hausärzten derzeit überwiegend Zweitimpfungen statt. Manche Ärzte nehmen deshalb aktuell niemanden mehr auf ihre Impfwarteliste auf. Auf der Internetseite eines Hausarztes in der Augsburger Innenstadt etwa heißt es, man erhalte bis Anfang Juli keinen zusätzlichen Impfstoff für eine Erstimpfung mehr. Deshalb könne man aktuell auch keine Termine für eine Erstimpfung vergeben.
Auch die Arztpraxen, in denen seit April ebenfalls geimpft wird, stoßen an Grenzen. Dr. Markus Beck, der seine Praxis in der Donauwörther Straße betreibt, berichtet davon, dass noch immer viele Anfragen von Patienten eingehen. Die Belastung des Praxispersonals sei entsprechend groß. Angesichts von Erleichterungen für Geimpfte - etwa beim Reisen - gebe es inzwischen immer wieder Patienten, die "hartnäckig nachfragten" oder versuchten, neue Argumente dafür zu liefern, warum sie in der Impfreihenfolge nach vorne rutschen müssten.
Auch Betriebsärzte und Privatpraxen könnten in Augsburg bald impfen
Beck ist auch Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Augsburg. Von seinen Kollegen hört er, dass die Arbeitsbelastung durch die Corona-Impfungen in vielen Praxen hoch ist. Selbst wenn im Juni wie angekündigt noch mehr Impfstoff bereit stehe, könnten die Ärzte nicht unbegrenzt mehr impfen. "Die Kapazitäten sind eben begrenzt." Allerdings würden im Juni, wenn die Impfpriorisierung aufgehoben werde, dann auch Betriebsärzte und Privatpraxen zusätzlich einsteigen können.
In seiner Praxis in Haunstetten hat der Allgemeinmediziner Dr. Stefan Doesel bisher schon an die 900 Impfdosen verabreicht. Aktuell stünden bei ihm noch rund 200 Patienten auf der Warteliste, es kämen aber ständig neue Impfwillige dazu. Kürzlich hat er ein Sonderkontingent von 100 Dosen AstraZeneca-Impfstoff erhalten. Obwohl das Image des Impfstoffs aufgrund von Diskussionen über Nebenwirkungen gelitten hat, gebe es durchaus Menschen, die bereit seien, sich damit impfen zu lassen, sagt Doesel.
Corona-Impfung bei Augsburger Hausarzt: Die Warteliste füllt sich immer wieder
Nach entsprechender Aufklärung und Abwägung könnten bei ihm auch Männer unter 60 den Impfstoff erhalten. Frauen unter 60 impfe er mit AstraZeneca allerdings nicht. Studien zufolge ist bei jüngeren Frauen das Risiko einer Hirnvenenthrombose als Nebenwirkung erhöht. Generell gebe es viel Gesprächsbedarf. "Während Nebenwirkungen bei anderen Impfungen, etwa der Grippeimpfung, sonst kein großes Thema sind, haben die Patienten jetzt viele Fragen", berichtet Stefan Doesel.
Der Augsburger Mediziner ist aber auch zuversichtlich, dass die Corona-Pandemie demnächst ihren Schrecken verliert. In seiner Praxis habe er die Prioritätsgruppen 1 und 2 schon weitgehend abgearbeitet, aktuell sei die Gruppe 3 an der Reihe. Stefan Doesel hält Prognosen, wonach die meisten Impfwilligen im Lauf des Junis eine erste Impfung erhalten könnten, für durchaus realistisch.
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