Jüngst war es ein Hakenkreuz auf dem Dach eines Hauses in Inningen, das die Polizei auf den Plan rief. Eher in die Abteilung „Skurriles“ einzuordnen war ein Hitler-Porträt, das ein Kunstmaler aus Verärgerung über seine Nachbarn in sein Schlafzimmerfenster in Hochzoll stellte. Oder ein Gastronom, der Flaschen mit sogenanntem „Hitler-Wein“ präsentierte.
Fast alle Propagandadelikte beziehen sich auf
Wer in Deutschland Symbole, Kennzeichen, Fahnen oder Abzeichen vom Verfassungsgericht verbotener Organisationen öffentlich zeigt, macht sich nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuches strafbar aus. Rund 100 solcher Ermittlungsverfahren führte die Staatsanwaltschaft jedes Jahr in der Region Augsburg. Es sind fast ausschließlich Fälle, in denen es um rechtsextreme Propagandadelikte geht.
Häufig müssen sich die Gerichte mit einem „Klassiker“ beschäftigen: das Zeigen des Hitlergrußes beim Auftauchen einer Polizeistreife, nachdem der Alkohol reichlich geflossen ist. Nahezu in allen Fällen bestreiten die Angeklagten, etwas „mit den Rechten am Hut“ zu haben. So auch jetzt wieder ein 27-Jähriger aus dem Günzburger Raum, der im September 2017 mit einigen Arbeitskollegen in der Maxstraße ausgiebig gefeiert hatte.
Angeklagter wollte angeblich nur ein Taxi anhalten
Es war kurz vor vier Uhr morgens, als eine Polizeistreife an der Gruppe vorbeifuhr. Der 27-Jährige, so gaben die Beamten später zu Protokoll, habe beim Herannahen des Streifenwagens die Hacken zusammengeschlagen, die rechte Hand zum Hitlergruß erhoben und mit der linken symbolisch über seinem Mund ein Bärtchen angedeutet. Ein Begleiter des Partygängers folgte mit der gleichen Geste. Gegen einen Strafbefehl über 3600 Euro Geldstrafe (90 Tagessätze zu je 40 Euro) hatte der 27-Jährige Einspruch eingelegt, sodass es jetzt zur Verhandlung vor Amtsrichterin Susanne Scheiwiller kam.
Der Angeklagte, der bereits drei Eintragungen im Bundeszentralregister wegen Trunkenheit und Betrugs hat, sah sich von der Polizei in jener Nacht falsch verstanden. „Wir wollten ein Taxi auf uns aufmerksam machen und haben deshalb die Hand erhoben, um es anzuhalten. Wenn das missverständlich war, tut es mir leid“. Er habe auf jeden Fall mit den „Rechten“ nichts zu tun, versicherte er. Der Arbeitskollege, der damals ebenfalls den Hitlergruß gezeigt hatte, hat inzwischen einen Strafbefehl über 1200 Euro akzeptiert.
Hitlergruß kommt den Partygänger teuer zu stehen
Nachdem die Richterin den 27-Jährigen darauf aufmerksam machte, dass er bei einem Urteil durchaus eine höhere Strafe zu erwarten habe, beschränkte der Angeklagte seinen Einspruch auf die Strafhöhe.
Das Gericht reduzierte die Höhe des Tagessatzes aufgrund seines geringeren Verdienstes auf 30 Euro, sodass die Geldstrafe am Ende mit 2700 Euro zu Buche schlug. Der Ausflug in die Partyszene Maxstraße erwies sich im Nachhinein als ein ziemlich teures Vergnügen.
Der Paragraph 86a (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe) umfasst nicht nur Kennzeichen rechtsextremer Organisationen. Aus dem linken Spektrum verboten sind beispielsweise Symbole der KPD, der 1956 verbotenen Kommunistischen Partei Deutschlands. Auch ausländische Vereine stehen auf der Verbotsliste, so die PKK, die Kurdische Arbeiterpartei, oder die islamistische Vereinigung „Kalifatstaat“.