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Augsburg/Neusäß: 16-Jährige nach Plärrer vergewaltigt: Verdächtiger kommt aus U-Haft frei

Augsburg/Neusäß

16-Jährige nach Plärrer vergewaltigt: Verdächtiger kommt aus U-Haft frei

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    Fahndungsplakat am Bahnhof in Neusäß: Nach der Vergewaltigung einer 16-Jährigen im September 2018 suchte die Polizei auch mit einem Phantombild nach dem Täter.
    Fahndungsplakat am Bahnhof in Neusäß: Nach der Vergewaltigung einer 16-Jährigen im September 2018 suchte die Polizei auch mit einem Phantombild nach dem Täter. Foto: Marcus Merk

    Es ist ein rätselhafter Fall. Und einer, in dem es Monate lang keine heiße Spur gab. Im September 2018 war eine 16-jähriges Jugendliche in der Nähe des Neusässer Bahnhofs attackiert und vergewaltigt worden. Das Mädchen war nach einem Plärrerbesuch in Augsburg alleine mit dem Zug nach Neusäß gefahren und hatte von dort zu Fuß nach Hause gehen wollen. Lange schien es, als würde das Verbrechen nicht aufgeklärt werden, die Spurenlage war offenbar mau. Doch gut acht Monate nach der Tat vermeldete die Kripo doch noch einen Ermittlungserfolg: Ein 37-jähriger Verdächtiger kam in Untersuchungshaft. Ende vergangenen Jahres erhob die Augsburger Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Mann. Nun ist er allerdings aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Sein Anwalt sagt, der Mann habe einen "Schuldwahn".

    Wie das Landgericht auf Anfrage bestätigt, ist der 37-Jährige seit Mittwoch wieder auf freiem Fuß, der Haftbefehl sei aufgehoben worden. Hintergrund ist offenbar das Gutachten eines psychiatrischen Experten, der den Verdächtigen im Gefängnis untersucht hat. Anwalt Florian Engert hatte unserer Zeitung bereits vor Monaten gesagt, sein Mandant leide an einem sogenannten Schuldwahn. Immer, wenn in den Medien über ein aufsehenerregendes Ereignis berichtet werde, beschäftige sich der 37-Jährige mit der Frage, ob er womöglich beteiligt gewesen oder zumindest als Zeuge dabei gewesen sein könnte.

    So sei es auch im Fall der Vergewaltigung von Neusäß gewesen. Nach Informationen unserer Zeitung kam der Gutachter nun zumindest zu dem Schluss, dass der Angeschuldigte nicht aussagetüchtig sei – Erlebtes also beispielsweise nicht realitätsgetreu wiedergeben kann und Schilderungen möglicherweise mit Gedanken aus der eigenen Vorstellungswelt verknüpft.

    Vergewaltigung nach Plärrerbesuch: Platzt der Prozess?

    Droht der Prozess nun zu platzen? Danach sieht es zumindest derzeit eher aus, denn wenn das Gericht die Aussagen des Verdächtigen nicht verwerten kann, bricht der Staatsanwaltschaft das wichtigste Beweismittel weg. Dass die Jugendkammer des Landgerichts den Haftbefehl aufgehoben hat, ist ein starkes Indiz dafür, dass sie die Anklage möglicherweise nicht zulassen wird. Die weitere Entwicklung ist aber offen.

    So kann die Augsburger Staatsanwaltschaft beispielsweise auch Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Kammer einlegen, den Haftbefehl gegen den 37-jährigen Mann aufzuheben. Dann würde sich das Oberlandesgericht in München damit befassen. Sollte das Landgericht die Anklage doch noch zulassen, liefe es jedenfalls auf einen Indizienprozess hinaus. Denn ein Geständnis haben die Ermittler nicht, und offenbar auch keinen Beweis, der den Mann eindeutig überführte, etwa DNA-Spuren.

    Mit diesem Phantombild, erstellt nach einer Zeugenaussage, suchte die Polizei nach dem Täter von Neusäß.
    Mit diesem Phantombild, erstellt nach einer Zeugenaussage, suchte die Polizei nach dem Täter von Neusäß. Foto: Landeskriminalamt

    Auf den Verdächtigen kamen die Ermittler nach Informationen unserer Redaktion durch den Hinweise einer Frau, die im Umfeld des Vaters des 37-Jährigen wohnt. Die Frau soll mitbekommen haben, dass der 37-Jährige offenbar etwas über die Vergewaltigung in Neusäß wusste und davon erzählt hatte. Die Polizei hatte zuvor auch mit einem Fahndungsbild nach dem Täter gesucht. Eine Zeugin hatte zur mutmaßlichen Tatzeit einen Mann in der Nähe gesehen und ihn den Ermittlern beschrieben. Das von Experten des Landeskriminalamtes erstellte Bild führte aber nicht zu einem Durchbruch bei den Ermittlungen.

    Neusäß: Die Ermittler der Kripo sprechen von Täterwissen

    Was den 37-Jährigen nach Ansicht der Ermittler allerdings belastet: Er soll in seinen Aussagen nach Einschätzung der Ermittler sogenanntes Täterwissen preisgegeben haben – also Einzelheiten zum Ablauf der Tat, die in der Öffentlichkeit bis dato nicht bekannt gewesen sind. Die Aussagen des 37-Jährigen sind nach Informationen unserer Redaktion ziemlich wirr. So berichtete er unter anderem davon, eine ganze Gruppe von Männern habe die 16-Jährige vergewaltigt. Er sei zufällig dazugekommen. Ein anderes Mal soll er geschildert haben, dass er selbst von den anderen Männern auch vergewaltigt worden sei.

    Das Opfer, die 16-jährige Jugendliche, war offenbar ein Zufallsopfer. Gegenüber den Ermittlern hatte sie geschildert, dass sie auf dem Fußweg nach Hause bereits das Gefühl hatte, verfolgt zu werden. Dann sei sie plötzlich von hinten gepackt und zu Boden gestoßen worden. Der Täter habe sie nach unten gedrückt und sie vergewaltigt. Näher beschreiben konnte sie den Vergewaltiger nicht, auch weil sie sein Gesicht nicht gesehen habe.

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