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Zusmarshausen: Geschichte: Historikerin erforscht das Leben im Zusmarshauser Spital

Zusmarshausen

Geschichte: Historikerin erforscht das Leben im Zusmarshauser Spital

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    Das historische Gisberthaus in Zusmarshausen beherbergte einst sogenannte Pfründner. Historikerin Anke Sczesny erforscht ihre Geschichte.
    Das historische Gisberthaus in Zusmarshausen beherbergte einst sogenannte Pfründner. Historikerin Anke Sczesny erforscht ihre Geschichte. Foto: Marcus Merk

    Im selben Zusmarshauser Gebäude, wo heute die Volkshochschule und das Heimatmuseum sind, war einst ein Spital. Dort kamen Arme, Alte ohne Familie, Kranke und Pilger unter. Die Bewohner, im damaligen Sprachgebrauch Pfründner, verwalteten die Anlage weitgehend eigenständig. Sie erhielten hier einen Wohnraum, Essen und eine Beschäftigung. Das Spital war aber auch ein Arbeitgeber mit umfassendem Grundbesitz und vielen Angestellten. Die Plätze waren heiß begehrt. In ihrem Aufsatz "Das hochstiftische Heilig-Geist-Spital in Zusmarshausen" hat Historikerin Anke Sczesny das Leben in der Anlage extrem detailreich rekonstruiert.

    "Die Quellenlage im Marktarchiv Zusmarshausen ist ungewöhnlich gut", sagt sie. Gerade im ländlichen Bereich und für die unteren Stände ist das ungewöhnlich. Sogar den Speiseplan der Bewohner konnte sie finden, der war allerdings nicht besonders abwechslungsreich.

    Das Leben im Spital Zusmarshausen

    Zum Essen gab es neben einem Laib Brot pro Woche vor allem eins: "Gesalzene Prüe darein ein Leffel voll Schmalz". Diese Schmalzbrühe gab es jeden Tag zum Frühstück. Mittags gab es die gleiche Brühe ergänzt um eine Sättigungsbeilage. Meistens handelte es sich um "Kraut und Rüeben", also Kohl und Steckrüben. Sonntags gab es "Supenflaisch". Auch zum Abendbrot gab es fast immer Schmalzbrühe. An Feiertagen gab es zusätzlich noch "ain halbe maß weins" und "ain pfennig broth". Also ein Stück Brot im Wert eines Pfennigs. "Eine solche Ernährung entsprach in etwa der eines normalen Bauern", erklärt Sczesny.

    Das Zusammenleben im Spital wurde durch ein umfassendes Regelwerk organisiert, das Sczesny in der Version von 1613 zitiert. Dort war zum Beispiel geregelt, dass die Pfründner alle zwei Wochen ein Bad nehmen sollten und ihre Kammern nur mit einer Laterne beleuchten durften um Brände zu verhindern. Auch beim Putzen mussten die Bewohner helfen.

    Wer gesund war musste zudem bei der Landwirtschaft, die ebenfalls zu der Anlage gehörte mithelfen. Zum Beispiel bei der Heuernte oder "besonderer handt arbaith". Was diese besondere Handarbeit sein könnte, wird in den Quellen nicht erklärt. Sczesny hat aber eine Vermutung: "In den Zimmern wurde eine Menge Flachsgarn gefunden. Vielleicht haben Pfründner Textilien hergestellt". Wer mithalf bekam ein zusätzliches Stück Brot pro Woche. Wer besonders fleißig war wurde mit einem extra Paar Schuhe oder einem Kleidungsstück belohnt.

    Wie das Spital in Zusmarshausen gegründet wurde

    Als das Spital gegründet wurde, war Zusmarshausen bereits ein lokales Zentrum. Sczesny, die zum Spital geforscht hat, erzählt Folgendes: "Zusmarshausen war schon im 13. Jahrhundert, 300 Jahre vor dem Spital, eine bedeutende Siedlung in Mittelschwaben." Es gab einen eigenen Forsthof, einen Vogt, ein Gericht und seit 1345 einen kaiserlich geförderten Jahrmarkt. Kontrolliert wurde es von den Augsburger Bischöfen, die aus Zusmarshausen Getreide und Textilien nach Augsburg brachten. "Im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit wurde Zusmarshausen immer eigenständiger", sagt Sczesny.

    Historikerin Anke Sczesny im Hinterhof des Gisbert-Hauses, in dem früher das Spital Zusmarshausen untergebracht war.
    Historikerin Anke Sczesny im Hinterhof des Gisbert-Hauses, in dem früher das Spital Zusmarshausen untergebracht war. Foto: Sören Becker

    Gestiftet wurde das Spital in Zusmarshausen vom Augsburger Bischof Christoph von Stadion. Wie es in seinem Stiftungsbrief vom 25. Mai 1534 heißt, war ihm "zu Ohren gekommen, daß es den meisten Armen nicht nur an der benöthigten Nahrung, sondern auch an Dach und Sach gebrechen, um sich vor Regen und Kälte zu schützen". Er stattete das Spital mit einem gigantischen Vermögen von 10 bis 15.000 Gulden und Landbesitz in Zusmarshausen aus, von dem das Spital über Investitionen und Zinserträge finanziert wurde. Bei Zuwiderhandlung drohte von Stadion mit "der schlimmsten Strafe, die Christus der Herr angesprochen hat, in dem er solche, die verluchten nennt und sie von sich in das ewige Feuer geschehen".

    Kranke und Schwache hatten also generell Zutritt zum Spital, egal wo sie herkamen. Unterkommen sollten dort laut Stiftungsbrief aber Bedürftige aus der engeren Umgebung und besonders vornehme Pfründner aus dem weiteren Umfeld, etwa aus Augsburg oder Schwabmünchen. Rechnungen vom Ende des 17. Jahrhunderts belegen, dass damals etwa 14 Pfründner im Spital untergebracht waren. Die meisten stammten aus der engeren Umgebung von Zusmarshausen. Außerhalb des Spitals lebten noch einmal elf bis 18 Pfründner, die eine monatliche Rente aus den Mitteln des Spitals bekamen.

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