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Zusmarshausen: Das Schloss in Zusmarshausen erzählt auch von dunklen Kapiteln

Zusmarshausen

Das Schloss in Zusmarshausen erzählt auch von dunklen Kapiteln

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    Noch sind nicht alle Rätsel rund um das Schloss in Zusmarshausen gelöst.
    Noch sind nicht alle Rätsel rund um das Schloss in Zusmarshausen gelöst. Foto: Thomas Hack

    Schlösser, Burgen, Adelshäuser – kaum etwas beflügelt die Fantasie mehr als die stolzen Herrschaftsmonumente aus der mittelalterlichen Zeitepoche. Ab dem 11. August wird auch das Schloss Zusmarshausen wieder zum Anziehungspunkt zahlloser Besucher werden, die bei Livebands, Kleinkunst und kulinarischen Schmankerln ein paar ausgelassene Festivaltage miterleben möchten. Die Vorbereitungen für das Schlossfest sind in vollem Gange – bis am Ende der komplette Bau in all seiner historischen Pracht im Licht der Scheinwerfer angestrahlt wird. Doch der äußere Schein spiegelt manchmal nicht die gesamte spannende Wahrheit wider.

    Um in die Geheimnisse vom Schloss in Zusmarshausen einzutauchen, sollte man zunächst eine Zeitreise in die Vergangenheit unternehmen: In Auftrag gegeben wurde der Bau 1505 als Besitztum des Hochstifts Augsburg von einem Fürstbischof namens Heinrich von Lichtenau. "Hochstift" bedeutete damals schlichtweg Verwaltung, ein "Fürstbischof" war ein bürokratischer Verwalter, der aber zudem als Kirchenoberhaupt sowie als "Vollstrecker der Halsgerichtsbarkeit" fungierte – eine etwas elegantere Bezeichnung für einen Menschen, der über Leben und Tod seiner Untertanen zu entscheiden hatte. 

    Im Zusmarshauser Schloss residierten die Fürstbischöfe

    In diesem Sinne konnten die Fürstbischöfe im Zusmarshausener Schloss 300 Jahre lang schalten und "verwalten", was sie für notwendig erachteten – bis zum Jahre 1803, als Kirche und Staat voneinander getrennt wurden. Die nachfolgenden Bezieher des Schlosses waren zunächst das königliche Landgericht, dann das Forstamt und seit der Forstreform 2005 schließlich der Forstbetrieb Zusmarshausen. Eine harmlose Historie, sollte man meinen. Doch die Mauern im Inneren des Schlosses erzählen eine ganz andere Geschichte, die manch einem buchstäblich das Blut in den Adern gefrieren lässt.

    Schlossherr und Forstbetriebsleiter Hubert Droste im früheren "Befragungskerker" für Hexen und Zauberer.
    Schlossherr und Forstbetriebsleiter Hubert Droste im früheren "Befragungskerker" für Hexen und Zauberer. Foto: Thomas Hack

    Die "offiziellen" Stockwerke des baulichen Monuments beherbergen wunderschön eingerichtete Büroräume der zehn Verwaltungsmitarbeiter des Forstbetriebs – lichtdurchflutet, mit Holzmobiliar ausgestattet und in eine angenehme Wohlfühlatmosphäre getaucht. Einen ersten Hinweis, dass es in früheren Jahrhunderten hier keineswegs nur um das Wohlergehen der Einwohner ging, geben die dort aufbewahrten Kopien von historischen Ortskarten, in denen nicht etwa schicke Restaurants, sondern Köpfstellen und Henkersbalken eingetragen sind. 

    Wo vermeintliche Hexen und Zauberer verhört wurden

    Im finsteren Gewölbekeller belegen schließlich die Räumlichkeiten selbst, was dort zu Zeiten der Inquisition tatsächlich vonstattenging: Eine beklemmende Zelle offenbart sich als ehemaliger Befragungsraum, in dem mit unaussprechlichen Methoden Schuldgeständnisse von vermeintlichen Hexen und Zauberkundigen erzwungen worden waren. 

    Das angrenzende Zimmer stellt sich als nicht weniger gruselig heraus: Es handelte sich um eine winzige Gefängniszelle ohne Türen und Fenster – die Gefangenen wurden durch ein Loch in der Decke in die absolute Dunkelheit hinabgeseilt. Forstbetriebsleiters Hubert Droste sagt über diese Form der Untersuchungshaft: "Das war eine finstere, feuchte und kalte Angelegenheit". 

    Im Dachstuhl des Schlosses leben heute noch Fledermäuse

    Während damals in den Kellerräumen Hexen und Zauberern der Prozess gemacht wurde, stellt der Dachboden des Schlosses auch heutzutage noch das Reich von Fledermäusen dar – die allerdings willkommen sind, wie der Schlossherr erklärt: Durch die kürzlich erfolgte Generalsanierung des Dachstuhls wurde vorübergehend eine alteingesessene Fledermauskolonie vertrieben, die mit Nachdruck das Bedürfnis angekündigt hat, in ihr altbekanntes Refugium zurückkehren zu wollen. Bei den Renovierungsarbeiten wurden daher bewusst Lücken und Öffnungen im Dachstuhlbereich eingebaut, um den kleinen Säugetieren ihr gewohntes Zuhause zurückzugeben – was sie dankbar angenommen haben. 

    Ist also nun endgültig Schluss mit den geheimnisvollen Rätseln rund um das Schloss Zusmarshausen? Keineswegs. Denn zwei große Fragen stehen immer noch in den Räumen: Weshalb sind die Holzbalken des Dachstuhles exakt 100 Jahre jünger als das komplette Gebäude an sich? Und welche Funktion hatte einstmals eine extrem massive Holztür mit wuchtigen Metallbeschlägen, die jedoch in ein absolutes Nirgendwo von drei Quadratmetern Größe führt? Droste nimmt es mit Humor: "Wir haben hier noch ein paar große Rätsel. Aber das ist ja gerade auch das Schöne: Das schafft Raum für Spekulationen." Am Sonntag, 13. August, dürfen auch die Festivalgäste mit spekulieren – denn da werden im Rahmen des Schlossfestes die Türen des Schlosses auch für die Öffentlichkeit geöffnet. 

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