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Wie Kommunen im Landkreis Augsburg den Ganztagsbetreuungs-Rechtsanspruch ab 2026 meistern wollen

Landkreis Augsburg

Rechtsanspruch auf Schulkinder-Ganztagsbetreuung: Kommunen rüsten sich

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    Der Ausbau der Ganztagsbetreuung ist eine Aufgabe der Kommunen für die kommenden Jahre.
    Der Ausbau der Ganztagsbetreuung ist eine Aufgabe der Kommunen für die kommenden Jahre. Foto: Sebastian Gollnow, dpa (Symbolbild)

    Für eine Betreuung am Nachmittag nach der Schule gibt es bereits viele Angebote: Mittagsbetreuungen, Horte und die offene und die gebundenen Ganztagsklassen. Ab dem Schuljahr 2026/27 wird es einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung geben, zuerst für die Erstklässler, in den folgenden Jahren folgen die anderen Jahrgangsstufen. Ab 2029/2030 gilt das dann für alle Grundschulkinder. Daher sind die Kommunen dazu verpflichtet, ihr Angebot an Betreuungsplätzen weiter auszubauen. Dieser Prozess ist in vollem Gange. Es werden auch Zweifel laut, ob die Gemeinden in Zeiten von Personalmangel bis zum Inkrafttreten des Rechtsanspruchs genügend Plätze schaffen können.

    „Der Landkreis Augsburg ist eigentlich schon sehr weit“, sagt Günter Katheder-Göllner, Jugendhilfeplaner im Landratsamt. Der Landkreis Augsburg befasst sich seit zwei Jahren eine Planungsgruppe mit dem Ganztag. Beim jüngsten Treffen ging es vor allem um das Thema Qualität in der Betreuung und die Frage, wie man genügend qualifiziertes Personal und gute Rahmenbedingungen für die Betreuung der Schulkinder gewährleisten kann. „Denn es geht ja um Bildung und Förderung“, so Katheder-Göllner, „und das können Ehrenamtliche oder Quereinsteiger nicht leisten ohne Weiterbildungsmaßnahmen“. Dies müsse man nun organisieren, damit mehr ausgebildetes Personal zur Verfügung steht.

    An der Eichenwaldschule gibt es eine Warteliste für die OGTS

    Dass besonders im pädagogischen Bereich Fachkräfte fehlen, ist seit Jahren ein Problem und wirkte sich zuerst auf die Kitas aus. Nun wird dieser Personalmangel aber auch bei der Ganztagsbetreuung sichtbar. So erhalten viele Familien im Landkreis keinen Platz für ihr Schulkind am Nachmittag. In Neusäß, wo die Stadt an der Eichenwaldschule erst im vergangenen Jahr eine neue OGTS, eine Offene Ganztagsschule, unter der Trägerschaft von St. Simpert mit vier Gruppen gebaut hat, reichen bereits jetzt die Plätze nicht aus. Das ärgert Martina Hauck. Sie hat für ihre Tochter, die im September in die Schule kommt, erst Anfang Juni eine Absage erhalten. Da sie und ihr Mann beide in Vollzeit berufstätig sind, trifft dies die Familie hart.

    Erst ab 2025 ist eine weitere Gruppe in Neusäß geplant

    Für die Neusässer Familie kommt die Absage zudem denkbar kurzfristig. „Wie kann es sein, dass in einem gerade fertig gestellten Gebäude, in welchem 125 Kinder betreut werden können, momentan nur 80 Plätze belegt werden können?“. Die Stadt Neusäß erklärt, dass eine weitere Gruppe für das Schuljahr 2025/2026 geplant sei, falls entsprechendes Personal gefunden werden kann. Aktuell habe sich aber eine Möglichkeit ergeben, die bestehenden beiden Gruppen womöglich mit weiteren zehn Kindern aufzufüllen, da die Richtlinien dies zuließen, sagte Bürgermeister Richard Greiner in der Sitzung des Finanzausschusses am Donnerstagabend. Laut Stadt befänden sich derzeit etwa 14 Kinder auf der Warteliste.

    An der Eichenwaldschule Neusäß wurde eine neue Offene Ganztagsschule (OGTS) gebaut.
    An der Eichenwaldschule Neusäß wurde eine neue Offene Ganztagsschule (OGTS) gebaut. Foto: Andreas Lode (Archivbild)

    Besonders erbost ist Martina Hauck darüber, dass die Plätze „verlost“ worden seien - offenbar in vielen Trägern inzwischen ein übliches Vorgehen. Dies bestätigt auch Günter Groll, Vorsitzender des Vorstands des Kita-Zentrums St. Simpert. Grundlage seien die Vorgaben laut SGB VIII. Anhand dieser Kriterien werde nach Dringlichkeit priorisiert. Dann gäbe es eben auch gleichwertige Fälle „und dann mag das Auslosen notwendig werden“, so Groll. Somit sei das System nachvollziehbar und absolut gerecht.

    Das Beispiel zeigt, dass der Kampf um einen Betreuungsplatz für Schulkinder nun in manchen Orten genauso entbrannt ist wie um einen Kitaplatz. Die Bestandsaufnahme im Landkreis Augsburg zeigt, dass im Schuljahr 2022/2023 etwa 30 Prozent der Kinder ganztags und knapp 20 Prozent bis 14 Uhr betreut wurden. Die Betreuungsquote schwankt auf der kommunalen Ebene zwischen 23 Prozent und 77 Prozent. Die Bayerische Staatsregierung hat eine Zielmarke von 80 Prozent in den Raum gestellt. „Für unseren ländlichen Raum werden wir diese Nachfrage vermutlich nicht haben“, schätzt Jugendhilfeplaner Katheder-Göllner.

    In den vergangenen Monaten hatte es große Kontroversen zur Umsetzung des Ganztagsangebots gegeben. Vor allem die Kommunen wehrten sich gegen die enorme finanzielle Mehrbelastung. Dr. Uwe Brandl, Präsident des Bayerischen Gemeindetags, sagte vor wenigen Wochen: „Vielerorts fehlt es an Personal, Grundstücken und Geld. Hinzu kommt der enorme bürokratische Aufwand bei der Ausschreibung der notwendigen Leistungen.“ Inzwischen hat die Bayerische Staatsregierung nachgebessert und zusätzliche Unterstützung beschlossen: Für jeden Betreuungsplatz gibt es nun 6000 Euro für die Investitionskosten und 1500 Euro für die Ausstattung.

    Elternverband: Kinder nicht nur unterbringen, sondern bilden und fördern

    Florian Eschstruth vom Bayerischen Elternverband (BEV) vermutet, dass Eltern zumindest bei der Qualität Abstriche werden machen müssen. Der „Ausnahmezustand wird zum Normalzustand werden“, so seine Befürchtung. Auch Henrike Paede aus Stadtbergen, BEV-Beauftragte für den Landkreis Augsburg, sagt: „Für den Freistaat besteht akuter Handlungsbedarf, damit die Schulkinder nicht nur irgendwie untergebracht sind, sondern auch qualitativ hochwertig betreut.“ Nur so ließen sich auch Bildungsbiographien positiv verändern, vor allem von Kindern aus Familien, wo man auf zwei Gehälter beider Elternteile angewiesen ist oder mit Migrationshintergrund. „Außerdem geht es darum, dass Mütter nicht zwangsläufig immer in die Teilzeit gedrängt werden“, so Henrike Paede.

    Ferienbetreuung ist noch nicht gelöst

    Günter Katheder-Göllner vom Landratsamt ist zuversichtlich, dass der Ausbau der Ganztagsbetreuung klappt: „Die Kommunen rüsten sich jetzt und überlegen, welchen Zuzug sie mit ihren Baugebieten zu erwarten haben.“ Das Thema werde nun bei Bürgermeisterdienstbesprechungen regelmäßig auf der Tagesordnung stehen. Ein Knackpunkt sei laut Katheder-Göllner noch die Organisation der Betreuung in den Ferien, die ebenfalls Teil des Ganztagsfördergesetzes ist. „Kleinere Gemeinden werden wohl Verbünde bilden müssen und es muss geklärt werden, wie der Transport organisiert wird.“ Ziel sei es, die vorhandenen Strukturen und Einrichtungen in den Gemeinden auszubauen, weiterzuentwickeln und Personal zu qualifizieren.

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