„Dreimal drei“. So lautet die Devise von Paula Ludwig bei ihrem täglichen Besuch der Kneipp-Anlage in Westendorf. Die 90-Jährige aus Langenreichen dreht mit Pausen dreimal eine Runde durch das kühle Nass. Im Storchengang geht sie dreimal um das Geländer herum. Die Seniorin gehört zu den Fans der Kneipp-Anlage. Während Anfänger schnell wegen des Ziehens in den Beinen aufgeben, macht Paula Ludwig das kalte Wasser nichts mehr aus. Die Wassertretanlage am Ortsrand erfreut sich großer Beliebtheit. Im Hochsommer kommen schon einmal an einem Tag rund 100 Leute hierher.
Kneippen und ratschen an der Kneipp-Anlage in Westendorf
Für Paula Ludwig gehört das Kneippen im Sommer zum festen Programm. „Dann habe ich nachts keine Schmerzen in den Beinen“, sagt die fitte 90-Jährige. Das Erfrischen im kalten Fließgewässer sei allemal besser, als Schmerzmittel nehmen zu müssen, erzählt Paula Ludwig und lacht fröhlich. Die Seniorin fährt mit dem Auto von Langenreichen nach Westendorf und freut sich auf den einen oder anderen Ratsch in den Kneipp-Pausen auf der Bank. Viele kennen sich seit längerer Zeit, es ist eine nette Gemeinschaft entstanden. „Oft sind die Bänke voll besetzt“, freut sich Paula Ludwig über die Abwechslung im Alltag. „Man trifft immer jemanden.“ Nach dem Storchengang im kalten Wasser gehen die Besucher erst einmal durchs weiche Gras oder massieren ihre Fußsohlen auf den ausgelegten Steinen.
Die Anlage in Westendorf besticht durch ihre Gepflegtheit und lockt damit Besucher aus dem ganzen Umkreis an. Auch aus Gersthofen kommen Anhänger der Kneipp’schen Lehre. Es erfordert einige Arbeit, damit alles immer so sauber bleibt. Amalie und Josef Specht kümmern sich täglich um die Anlage. Sie sorgen nicht nur für eine schöne Bepflanzung mit Rosen und Sonnenblumen, sondern reinigen auch regelmäßig Rohre oder entfernen die Algen vom Beckenrand. Der Sohn der Spechts mäht den Rasen.
Der Ursprung der Anlage geht zurück auf Georg Ziesenböck, der vor einigen Jahren seinen Traum von einer Wassertretanlage bei dem Feldkreuz verwirklicht hat. Der ehemalige, inzwischen verstorbene Zimmerermeister hat mit seinen beiden Mitarbeitern Walter Schmid und Josef Specht viele Stunden in den Bau investiert. Auch ein Armbecken ist vorhanden – so wie es zu einer Kneipp-Anlage gehört.
Eine Schachtel Pralinen als Dank
Die Familie Specht erfährt von den Nutzern Anerkennung für ihr ehrenamtliches Engagement. „Wir bekommen viel Lob, und kürzlich lag sogar eine Pralinenschachtel als Dankeschön für uns dort“, erzählt Amalie Specht. Damit das Wasser so schön sauber bleibt, habe ihr Mann neben der eigentlichen Kneipp-Anlage ein eigenes Becken für Hunde zur Abkühlung geschaffen.
Amalie Specht ist froh, dass der Betrieb der Anlage auch in Corona-Zeiten gut laufe. „Die Leute sind sehr anständig und halten beim Wassertreten Abstand.“ Die Westendorferin kümmert sich regelmäßig um die Sauberkeit an dem Erfrischungsplatz. In anderen Orten, wie zum Beispiel in Täfertingen, verzichtet man in diesem Jahr auf die beliebte Form der Abkühlung. Wegen der Hygienevorschriften zur Desinfektion des Geländers werde die Anlage in diesem Jahr nicht mehr geöffnet, so die Sprecherin der Stadt Neusäß, Michaela Axtner. So wie bei den Freibädern kann jeder Betreiber einer Kneipp-Anlage selbst über den Betrieb und Ablauf in diesem Sommer entscheiden.
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