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Tierleid-Prozess: In einem Stall im Kreis Augsburg starb jedes dritte Kälbchen

Tierleid-Prozess

In einem Stall im Kreis Augsburg starb jedes dritte Kälbchen

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    Zwei Landwirte aus dem nördlichen Landkreis Augsburg mussten sich vor Gericht verantworten.
    Zwei Landwirte aus dem nördlichen Landkreis Augsburg mussten sich vor Gericht verantworten. Foto: Ralf Lienert (Symbol)

    Vergangene Woche kamen schockierende Bilder von einem Milchviehbetrieb im Unterallgäu an die Öffentlichkeit: Zu sehen sind Kühe, die offenbar schwer misshandelt wurden – obwohl die Behörden den Großbetrieb regelmäßig unter die Lupe genommen hatten. Im Landkreis Augsburg zogen Kontrollen Konsequenzen nach sich: Am Donnerstag wurden zwei Landwirte am Amtsgericht Augsburg verurteilt.

    Es gab schon häufiger Probleme

    Auf dem größeren Hof im nördlichen Landkreis hatte es offenbar mehrfach Probleme gegeben. Tiere sollen nach den Ermittlungen der Polizei nicht ausreichend mit Nahrung versorgt und gepflegt worden sein. Ein Rind soll laut Anklage „erheblich gelitten“ haben – Tierärzte mussten es schließlich erlösen und einschläfern.

    Das Tier hatte Entzündungen und eine Wundliegefläche, war abgemagert und konnte mit einem Bein nicht mehr richtig auftreten. Die Landwirte hatten es von den anderen Tieren getrennt und in eine eigene Box gestellt. Vor Gericht sagten die beiden Männer, dass sie nicht erkannt hätten, dass es Schmerzen hat.

    Der Amtstierarzt schilderte den Zustand anders: Verschiedene Erkrankungen seien sichtbar gewesen. Das Rind hatte vermutlich ein bis zwei Wochen lang Schmerzen. Er stellte klar: „Dann muss man einen Tierarzt holen und entscheiden, ob durch eine Behandlung noch eine Heilung erreicht werden kann. Wenn nicht, dann muss man das Tier erlösen. Vor Gericht zeigte der Amtstierarzt Fotos und ein Video. Er erklärte auch, was die „Hungergrube“ ist – eine Einsenkung in der seitlichen Bauchwand und ein Zeichen dafür, dass die Tiere zu wenig fressen.

    Die Angeklagten hatten aber beteuert, dass die Kuh gut gefressen und getrunken hätte. Der Amtstierarzt berichtete vor Gericht auch über den Zustand auf dem Hof. Im Winter 2017/2018 habe es eine erhöhte Kälbersterblichkeit gegeben. Sie lag bei 30 bis 40 Prozent. Der bayerische Durchschnitt liege bei zehn Prozent. In dem Großbetrieb in Bad Grönenbach, der wegen des Vorwurfs der Tierquälerei in den Schlagzeilen ist, lag die Kälbchensterblichkeit über einen Zeitraum von fünf Jahren bei 20 Prozent.

    In dem Stall im nördlichen Landkreis Augsburg litten viele Tiere nach Angaben des Veterinärs an Klauenerkrankungen. Schuld daran könnte zu viel Mist im Stall gewesen sein. In der „ammoniakhaltigen Brühe“ gebe es ständig Reizungen, die dann zu Entzündungen führen. Um den Tieren zu helfen, müssten Salben und Verbände angebracht werden. Doch das sei auf dem Hof nur zögerlich geschehen. Einer der Landwirte verwendete dafür Tesafilm, was dann zu Einschneidungen geführt hätte. Fehler wurden offenbar auch bei der Fütterung gemacht. Der Tierarzt erklärte: Wenn Schimmel in der Silage auftrete und dann mit Kraftfutter gemischt werde, dann entstehe eine für Rinder gefährliche „Keimbombe“.

    Landwirte hatte nach Kontrolle Auflagen erhalten

    Die Landwirte erhielten nach den Kontrollen Auflagen. Mittlerweile laufe es auf dem Hof wieder gut, bestätigte der Tierarzt. Die Verteidiger – Josef Deuringer und Dominik Schletter – erklärten, dass ihre Mandaten bedauerten, was auf dem Hof passiert sei. Einem der beiden sei alles über den Kopf gewachsen, er betreibe keine Tierhaltung mehr. Rechtsanwalt Deuringer sagte, dass die Misshandlungen nicht mit den aktuellen Bilder aus dem Allgäu in Relation gebracht werden dürften. „Das hier ist etwas anderes.“

    Richter Michael Edelmann verurteilte die beiden, die gegen den erlassenen Strafbefehl Einspruch eingelegt hatten, zu einer Geldstrafe von 6400 Euro und zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit setzte er auf fünf Jahre fest. Ein im Raum stehendes Berufsverbot wurde nicht verhängt.

    Information: Das Veterinäramt ist Teil des so genannten Kompetenzzentrums im Landratsamt Augsburg, bestehend aus Veterinäramt und Lebensmittelüberwachung. Der Fachbereich hat insgesamt 37 Mitarbeiter, davon sind sieben Amtstierärzte und zehn amtliche Tierärzte. Die Lebensmittelüberwachung verfügt über acht Beamte.

    Gibt es einen Verdacht oder tauchen Unregelmäßigkeiten auf (zum Beispiel bei den Auflagen von Cross Compliance), dann kann es zu Kontrollen bei der Rinderhaltung kommen. Auch Stichproben werden durchgeführt. Eine tierschutzrechtliche Überprüfung läuft nach Auskunft des Landratsamts in der Regel so ab: Zunächst werden Informationen gesammelt, gegebenenfalls können andere Behörde hinzugezogen werden. Es folgt eine grundsätzlich unangekündigte Kontrolle vor Ort. Die Ergebnisse werden anschließend tierschutzrechtlich bewertet.

    Das kann eine Belehrung sein, Zwangsmittel, Strafverfahren oder ein Tierhalteverbot. Dem Besitzer können Tiere auch weggenommen werden. Schlimmstenfalls werden Tiere getötet. Gegebenenfalls plant die Behörde Nachkontrollen ein.

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