Panikartig wedelt die Frau im Wasser mit den Armen. Dann geht alles ganz schnell. Christina Speer hat mit ihrem Fernglas die Lage im Blick und gibt Anweisungen. Max Sparhuber springt auf das Rettungsbrett und paddelt gekonnt in Richtung der Frau. Kurz bevor er angekommen ist, geht er vom Brett und dreht es um. Mit routinierten Handgriffen hilft er der Frau und zeigt ihr, wo sie sich festhalten muss. Dann benötigt Sparhuber seine ganze Kraft: Mit Händen und Füßen stemmt er sich gegen das Brett und dreht es wieder auf die richtige Seite herum - mitsamt der Frau - die dadurch auf einmal auf dem Brett liegt und gerettet ist. Am Ufer wartet der Erste-Hilfe-Rucksack.
Meitinger Wasserwacht übt, um im Ernstfall fit zu sein
Zumindest bei der Probe funktioniert ein Einsatz der Wasserwacht so. In diesem Fall war aber niemand in Gefahr. Bei der vermeintlich ertrinkenden Frau handelt es sich um Angelika Uhl, genau wie Speer und Sparhuber erfahrenes Mitglied der Meitinger verstorbenen Frau am Langweider Badesee, ebenso wie der 2019 in Thierhaupten ertrunkene zehnjährige Junge verdeutlichen: Der unbeschwerte Tag am See kann alles andere als ungefährlich sein. In Thierhaupten zeigt die Meitinger Wasserwacht bei einem Besuch, wie solche Unfälle vermieden werden können.
"Die Rettungseinsätze bei uns nehmen zu", erklärt Speer, Vorsitzende der Meitinger Wasserwacht, während sie auf der Terrasse des Häuschens am Badeweiher sitzt, von dem aus an jedem Wochenende drei ehrenamtliche Helferinnen oder Helfer nach dem Rechten sehen. "In den vergangenen Jahren mussten wir deutlich öfter ausrücken als früher." Die Badetoten im Augsburger Land haben alle Verantwortlichen achtsamer gemacht, sagt Speer. "Seit 2019 gibt es deutlich mehr Sicherheitskonzepte - mehr Hinweise, Schilder und Regeln", erklärt die Wasserwachts-Chefin. "Ich selbst bin seit dem Unfall noch wachsamer, wenn Kinder draußen im Wasser sind", fügt Uhl an. Diese würden nicht aus dem Blick gelassen.
Wegen Personalmangel kann die Wasserwacht nur am Wochenende aufpassen
Wegen zu wenig Personal können die Helferinnen und Helfer jedoch nicht ständig aufpassen. Das wurde an den tragischen Unfällen der Vergangenheit klar. Den Thierhaupter Badeweiher können die Meitinger nur am Samstag und Sonntag überwachen, der Zehnjährige ertrank an einem anderen Tag. In der Meitinger Wasserwacht sind derzeit etwa 50 aktive Mitglieder. Viel zu wenige, wie die drei Bademeisterinnen und Bademeister am Weiher erklären.
So lassen sich Badeunfälle vermeiden
Längere Strecken nie allein schwimmen. Oder: zumindest jemanden haben, der einen im Auge behält
Vor dem Baden abkühlen und nicht überhitzt ins Wasser springen
Nicht mit vollem oder ganz leerem Magen schwimmen
Die eigenen Kräfte nicht überschätzen
Nur ins Wasser springen, wenn es tief genug und frei ist
Nicht unter Drogen- und/oder Alkoholeinfluss ins Wasser gehen
Als Nichtschwimmer nur bis zum Bauch ins Wasser gehen
Bei Gewitter Wasser sofort verlassen - Lebensgefahr!
"Die Personalsituation ist extrem angespannt", sagt Sparhuber. "Das Wasserwacht-Ehrenamt ist für viele nicht sehr attraktiv, weil wir keine Erfolgserlebnisse haben - denn nur wenn nichts passiert, ist alles gut gelaufen." Wenn dagegen alles falsch läuft und ein Badegast ertrinkt, müssen Speer sowie ihre Kolleginnen und Kollegen die Leiche bergen. Das sei für viele nicht leicht, erklärt Speer. "Im Einsatz sind wir alle im Funktionsmodus, danach wird es dann aber oft zu einer großen Belastung." Für diese Aufgaben brauche man eine gewisse psychische Festigung. Über das Erlebte reden helfe aber immer.
Um auch ohne die Wasserwacht das Unfallrisiko zu minimieren, gibt Speer Tipps. "Am häufigsten ist ein Herzinfarkt im Wasser, ein sogenannter stiller Badetod, den bekommt keiner mit." Für das Herz und den Körper sei es besonders anstrengend, nach viel Sonne überhitzt und schnell ins Wasser zu gehen. Deutlich besser ist es, sich nach und nach an die Wassertemperatur zu gewöhnen. Auch das Klischee der Ruhepause nach dem Essen habe - um den Körper nicht doppelt zu belasten - seine Berechtigung, versichert Speer.
Darüber hinaus solle man seine eigene Kraft nicht überschätzen, denn Krämpfe sind im Wasser sehr gefährlich. Menschen, die beim Schwimmen unsicher sind, warnt die Expertin vor Luftmatratze und Co. "Obwohl sie keine Schwimmhilfe sind, werden sie als solche benutzt." Besonders bei Kindern könne das gefährlich werden. Auch vermeintlich banale Hinweise hätten im Wasser eine große Bedeutung.