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Thierhaupten: Friedberger Ach: Wo sind die Fische hin?

Thierhaupten

Friedberger Ach: Wo sind die Fische hin?

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    Helmut Ludl kennt die Friedberger Ach bei Thierhaupten von Kindesbeinen an. Er hat einen starken Rückgang des Fischbestandes festgestellt.
    Helmut Ludl kennt die Friedberger Ach bei Thierhaupten von Kindesbeinen an. Er hat einen starken Rückgang des Fischbestandes festgestellt. Foto: Laura Gastl

    Helmut Ludl angelt, seit er gerade einmal laufen kann. Seit 50 Jahren gehört er zu den Koppelfischern, die ein Fischereirecht auf dem Thierhauptener Abschnitt der Friedberger Ach haben. Diesen Abschnitt kennt er in- und auswendig, hat gute und schlechte Zeiten für die Fische in dem Bach erlebt. Beim Elektrofischen im September 1993 dann bemerkte er einen der markantesten Einschnitte: „Irgendetwas ist innerhalb eines Jahres passiert, und seitdem geht der Fischbestand gegen null.“

    Für den erfahrenen Fischer ist das unbegreiflich. Wo früher 100 Bachforellen schwammen, fände sich heute nur noch eine. Nur noch in einzelnen Stückzahlen vertreten sei außerdem die Hasel, während Schmerle, Nase, Äsche, Flussmuschel und Edelkrebs ganz verschwunden seien. „Wir müssen unseren Abschnitt regelmäßig mit neuen Fischen besetzen, damit es überhaupt etwas zu holen gibt“, erzählt Helmut Ludl, der von 1994 bis 2018 Obmann der Thierhauptener Koppelfischer war. Doch worin genau liegen die Probleme für Fische und andere Lebewesen in der Ach?

    Belastung mit per- und polyfluorierten Chemikalien

    Erst kürzlich diskutiert wurde die Belastung mit per- und polyfluorierten Chemikalien, die über Jahrzehnte hinweg von dem mittlerweile stillgelegten Militärflugplatz Penzing (Landkreis Landsberg) aus in den Bach gelangt sind (wir berichteten). Daraufhin gab das Landratsamt Augsburg eine Verzehrwarnung für die Fische in der Friedberger Ach heraus. Für Ludl, der selbst gerne Fisch isst, kam die Information über das PFC-Problem überraschend: „Wir hätten nicht gedacht, dass uns das hier auch betrifft.“

    Der frühere Thierhauptener Bürgermeister und Kreisrat Franz Neher spricht in Zusammenhang über die Belastung der Ach von „Behördenversagen.“ Und weiter: „Die Ämter machen die Augen zu. Das ist ein Skandal hoch drei. Ein Privater, wenn so etwas machen würde, der hätte einen Riesenärger. Aber hier passiert nichts.“

    Durch Bagger und Biber hat sich das Bachbett stark verändert

    Der 65-jährige Ludl hat in Bezug auf die Ach aber vor allem andere Schwierigkeiten im Blick. Im Thierhauptener Ortsgebiet waren einst die Besitzer der vier Mühlen für die Ufererhaltung zuständig; außerhalb des Ortes kümmerte sich darum die Achregulierungsgenossenschaft. Zur Befestigung der Steilufer des einst von Mönchen künstlich angelegten Bachlaufes nutze man Weidenruten. Später wurde die Unterhaltspflicht auf die Gemeinde übertragen und heute obliegt diese Zuständigkeit dem Wasserwirtschaftsamt Donauwörth.

    Durch Baggerarbeiten und Bibertätigkeiten habe sich das Bachbett mittlerweile stark verändert: Der Bach sei zum Teil breiter geworden; die früheren Steilufer seien verschwunden und seichteren Ufern gewichen. Das erleichtere unter anderem den Reihern die Jagd auf Fisch und beeinflusse den Wasserstand. „Die Tiefe fehlt und die Fische finden keine Ruhezonen mehr“, so Helmut Ludl.

    Bach leidet unter den hohen Temperaturen

    Außerdem leide der Bach unter höheren Außentemperaturen und fehlender Beschattung am Ufer. Gefährlich werde es gerade für die Bachforellen, wenn es an einem heißen Tag zu einem Gewitterregen kommt, wie der Koppelfischer erklärt: „Das heiße Oberflächenwasser von Dächern und Straßen gelangt über die Kanalisation in die Ach und erwärmt sie. Für die Forellen beginnt der Überlebenskampf bei über 20 Grad Wassertemperatur. Ideal wären zwischen zwölf und 16 Grad.“

    Helmut Ludl kritisiert außerdem die fehlende Sensibilität in der Bevölkerung: „Ich habe den Eindruck, dass der Naturschutz unterhalb der Wasseroberfläche aufhört.“ Der Mensch mache sich keine Gedanken über die Folgen seiner Taten, und so lande unter anderem „Plastik ohne Ende“ in der Friedberger Ach. Im Sommer käme noch der samstägliche Rasenschnitt und im Herbst das Fallobst hinzu. „Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn Ratten und Bisamratten mehr werden“, so der 65-Jährige. Außerdem wünsche er sich, dass die Menschen rechtzeitig melden, wenn sie Kritisches am Bach beobachten – wie zum Beispiel Schaumbildung, tote Fische oder einen niedrigen Wasserstand. Wenden könne man sich in einem solchen Fall an die Koppelfischer oder auch an den Fischereiverein Thierhaupten.

    „Was wir als Fischer betreiben, ist keine Räuberei, wie uns so oft vorgehalten wird“, so Helmut Ludl. „Was wir tun, hat Sinn und wir haben die Fischbestände genau im Blick.“ Aufgrund seiner Beobachtungen fordert Ludl einen wesentlich größeren Einsatz vonseiten der Behörden, eine aktive Ursachenforschung und Maßnahmen, die gegen den schrumpfenden Fischbestand ergriffen werden müssten.

    Was sind die Thierhauptener Koppelgischer?

    • Die Thierhauptener Koppelfischer sind eine Rarität.
    • Bei der Koppelfischerei fällt das Fischereirecht für eine gewisse Gewässerstrecke auf eine festgelegte Personengruppe.
    • An der Friedberger Ach zwischen dem Weiler Königsbrunn und der Wehranlage 2 auf Höhe des Örtchens Bach sind die Thierhauptener Koppelfischer zuständig – eine Vereinigung, die 1863 gegründet wurde.
    • Der Kaufpreis für den Gewässerabschnitt entsprach zu dieser Zeit in etwa dem Gegenwert von 22 Kühen – eine immense Summe für damalige Verhältnisse.
    • So kam es, dass das Fischereirecht unter elf Personen aufgeteilt wurde. Durch Vererbung und Verpachtung des damals erworbenen Fischereirechts gibt es die Thierhauptener Koppelfischer noch immer; heute heißt ihr Obmann Claus Ludl. Mittlerweile sind sie zu einer Rarität geworden, denn seit 1923 kann von Rechts wegen keine neue Koppelfischerei begründet werden.

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