Als Zahntechniker begleiten die Horns ihre Patienten häufig durch ihr halbes Leben. „Es beginnt mit dem ersten Zahn, der ersetzt wird. Dann kommt der zweite und der dritte und so geht es weiter“, so beschreibt es Manfred Horn. Im Untergeschoss des Wohnhauses in Thierhaupten führt er seit 1995 sein eigenes Labor. Gefräst, gebohrt und geschliffen wird dort im Familienbetrieb. Der soll irgendwann einmal von Sohn Thomas Horn übernommen werden. Erst im Dezember hat der 30-Jährige seinen Meisterbrief erhalten – abgeschlossen hat er als jahresbester Zahntechniker der Handwerkskammer München und Oberbayern.
„Das war für mich wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk“, freut sich Thomas Horn. Ins Arbeitsleben gestartet ist er direkt nach seinem Abitur 2010: Damals begann er seine dreieinhalbjährige Ausbildung zum Dentaltechniker in München. Für den Thierhauptener war schon lange klar, wo es beruflich hingehen soll. „Ich hatte schon immer Spaß am Modellbau und am Rumbasteln mit Kleinteilen“, erzählt er. Außerdem sei er im väterlichen Zahntechniker-Labor aufgewachsen. Dorthin zurück zog es ihn dann auch nach seiner Ausbildung.
Eine Meisterfeier hat es nicht gegeben
2018 begann er mit der Meisterschule in Ingolstadt in Teilzeit; für Fachpraxis und -Theorie in Vollzeit wechselte er 2019 nach München. Zum erfolgreichen Abschluss erhielt Thomas Horn Urkunde, Goldmedaille und Geschenke per Post; eine Meisterfeier hat es nicht gegeben. „Es war auch bis zuletzt unklar, ob die Prüfungen aufgrund der Corona-Pandemie überhaupt stattfinden können“, erinnert sich der frischgebackene Meister an die Ungewissheiten im Juli. Doch am Ende habe alles geklappt.
Nun ist der Thierhauptener zurück am heimischen Arbeitsplatz und kann auch dort die Auswirkungen von Covid-19 beobachten. „Noch vor der Pandemie sind die Leute auch zum Zahnarzt gegangen, wenn sie einen Schnupfen hatten“, sagt der 30-Jährige. „Jetzt sind sie vorsichtiger geworden. Aber das ist ja nicht falsch.“ Der Alltag im Labor selbst hat sich für die Zahntechniker nicht verändert. Für Thomas Horn beginnt die Arbeit um 7 Uhr, wenn er die Geräte einschaltet und alles hochfährt. Das fünfköpfige Team inklusive Bürokraft führt in den professionell ausgestatteten Kellerräumen sämtliche Formen der Dentaltechnik durch: Zum Repertoire gehören unter anderem Zahnspangen, deren Drähte per Hand und mithilfe diverser Zangen gebogen werden. Hinzu kommen festsitzender Zahnersatz wie Brücken und Kronen sowie herausnehmbare Ersatzteile, zum Beispiel Teleskopimplantate.
Im Mund ist das Tastgefühl besonders intensiv
Ist gar kein Zahn mehr vorhanden, ist die Totalprothese eine Option. Dabei kommt es laut Thomas Horn darauf an, einen Spagat zu schaffen: „Auf der einen Seite muss die Prothese eine gewisse Dicke haben, damit sie stabil ist. Auf der anderen Seite soll sie aber auch dünn sein, damit es für den Patienten angenehm ist.“ Denn gerade im Mund sei das Tastgefühl besonders intensiv und viel stärker als beispielsweise an den Fingerkuppen.
Mit verschiedensten Gerätschaften und Materialien versuche man stets, möglichst nah an die Natur heranzukommen – so schildert Laborchef Manfred Horn. Das sei schon eine tägliche Herausforderung. Neben Passform und Funktion spiele auch die Ästhetik eine große Rolle. „Zähne sind nicht einfach bloß weiß“, erklärt Thomas Horn. Eine ganze Palette an Farbnuancen werde von verschiedensten Herstellern angeboten. Um noch näher an das Original heranzukommen, werden die Farben im Labor der Horns oft selbst gemischt. Und selbst der einzelne Zahn ist am Ende nicht einheitlich im Ton: Am Zahnhals ist er womöglich leicht gelblich, an der oberen Kante gräulich bis bläulich – Feinheiten, die auf den ersten Blick nicht auffallen mögen. „Neben handwerklichem Geschick braucht man in unserem Beruf eben auch gute Augen“, lacht Thomas Horn.
An Weihnachten ging des Pfarrers Prothese zu Bruch
Zu den Voraussetzungen für den Beruf zähle außerdem die Bereitschaft, bei Notfällen parat zu stehen – davon weiß Vater Manfred Horn zu berichten. Er erinnert sich noch gut an einen Fall vor einigen Jahren, der sich am ersten Weihnachtsfeiertag zugetragen hat. „Damals hat ein Pfarrer angerufen, weil seine Prothese kaputtgegangen ist. Der Fall konnte nicht warten, weil der Pfarrer meinte: ‚Ich brauche meine Zähne doch, um in der Kirche zu singen!‘“
Für die Horns ist klar, welche wichtige Rolle das Gebiss für die Menschen einnimmt. „Die Zähne sind wie ein Mahlwerk. Sie dienen zur Vorverdauung und entlasten damit unsere Organe“, erklärt Thomas Horn. Bedroht werde das so essentielle Werkzeug im Mund heutzutage nicht nur durch Karies, sondern auch immer häufiger durch Stress – und zwar dann, wenn der Betroffene viel mit den Zähnen knirscht. In diesem Fall kann die Dentaltechnik mit Schienen aushelfen. „Unser Beruf wird nicht so schnell aussterben“, meint der jahresbeste Jungmeister Thomas Horn dazu.
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