Ein Pfiff ertönt, die Arme überkreuzt er über Kopf, dann streckt er sie zu beiden Seiten aus und schickt die Spieler mit einer seitlichen Stoßbewegung in ihre Strafräume. Mit dieser Geste kann ein Unparteiischer seit dieser Saison eine Partie zweimal pro 90 Minuten unterbrechen, um die Gemüter der Spieler zu beruhigen. Beide Teams müssen dann in ihren Sechzehner, nur Trainer, Kapitäne und falls nötig auch Sicherheitskräfte dürfen dann zum Mittelkreis, wo der Schiedsrichter oder die Schiedsrichterin den Grund für die Pause erklärt. Haben sich die Spieler beruhigt, pfeift der Unparteiische die Partie wieder an. Diese Regel gilt vorerst für diese Spielzeit in allen Spielklassen im Männer-, Frauen- und Jugendfußball. Wie funktioniert sie bisher?
„In der A-Klasse Augsburg-West wurde das Stoppkonzept bereits angewandt“, berichtet Stefan Sommer, Kreisschiedsrichterobermann der Schiedsrichtervereinigung Augsburg. Er sprach vor der Saison, als die Regel vorgestellt wurde, davon dass die Änderung Ruhe in die ab und zu aufgeheizte Atmosphäre am Sportplatz bringen könnte, besonders im Jugendfußball, wo oftmals sich lautstark beschwerende Eltern am Rand stünden.
Einige Wochen nach Saisonbeginn ist die Regel noch nicht allzu oft zum Einsatz gekommen, doch Sommer sieht sich trotzdem bestätigt: „Im Kreis Augsburg wurde das Stoppkonzept in den oberen Ligen bisher noch nicht angewandt, in der A-Klasse beim Spiel TSG Hochzoll II gegen Ottmarshausen II hat Schiedsrichter Lucas Böhm eine Unterbrechung genutzt, um die Gemüter etwas zu beruhigen.“ Die Ottmarshauser Spieler seien sofort in ihren Strafraum gegangen, sagt Sommer, lediglich einige Augsburger Akteure seien etwas überrascht gewesen und hätten verdutzt geguckt. Das Spiel sei danach ohne Probleme weitergelaufen, erzählt der Schhiedsrichterobmann.
Sommer glaubt, dass die Regel vor allem in unteren Ligen angewendet wird, weil es dort häufig hitziger zugeht. „Gegen Ende der Saison, wenn es um Auf- und Abstiege und um Endplatzierungen geht sind die Spiele hektischer, da kann das Stoppkonzept viel Ruhe reinbringen.“ Im Jugendfußball sei es vor allem in jüngeren Altersklassen unterhalb der B-Jugend hilfreich.
Kapitänsregel kommt bisher sehr gut an
Eine Regel, die nun ebenfalls gilt und vorher schon im Profifußball bekannt war, ist die Kapitänsregel. Nur noch die Spielführer dürfen während einer Partie mit dem Schiedsrichter reden. Rudelbildungen und häufiges Beschweren bei fast jedem Pfiff sollen so verhindert werden.
Diese Regel werde bisher deutlich häufiger angewandt, sagt Sommer, der selbst auch Spiele pfeift. „Das funktioniert bisher sehr gut. Die Spieler verstehen meistens sofort, dass sie nicht mit dem Schiedsrichter reden sollen und in den allermeisten Fällen spricht ein Spieler nur einmal unerlaubterweise mit dem Schiedsrichter und lässt es danach bleiben.“ Im Jugendfußball helfe die Kapitänsregel vor allem in den höheren Altersklassen, ergänzt Sommer.
Dass diese Regel so gut angenommen wird, liegt laut Sommer auch daran, dass sie kurz zuvor erstmals im Profifußball angewandt wurde. „Die Europameisterschaft hatte eine vorbildliche Wirkung“, erklärt Sommer. Viele Spieler und Trainer haben sie dort das erste mal gesehen und sofort verstanden. Außerdem habe sie sofort viel Lob von Spielern, Trainern und Zuschauern erfahren.
Auch Michael Finkel nimmt wahr, dass die Spiele ruhiger geworden sind. „Es ist nicht so, dass man gar nicht mehr mit dem Schiedsrichter sprechen darf“, sagt der Trainer des TSV Dinkelscherben und ergänzt, dass Spieler und Trainer schon vorher etwas ruhiger geworden sind. „Wenn man weiß, dass man nicht mit dem Schiedsrichter reden soll, ist man schon vorher zurückhaltender.“ Auch er selbst merke, wenn er sich am Spielfeldrand aufrege, dass er durch die neue Regel etwas zurückhaltender sei.
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