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Sportskanonen: 1230 Kilometer ohne Pause

Sportskanonen

1230 Kilometer ohne Pause

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    Matthias Brenner, Günter Wolf, Günter Haas und Sabine Brenner sind fertig zum Start.
    Matthias Brenner, Günter Wolf, Günter Haas und Sabine Brenner sind fertig zum Start.

    Paris/Adelsried Das älteste Radrennen der Welt, das auch heute noch ausgetragen wird, ist Paris–Brest–Paris, kurz P-B-P. Ohne dieses Rennen wäre vielleicht auch die Tour de France (seit 1903) nie zustande gekommen, denn sie wurde von P-B-P inspiriert. Im Jahre 1891 fand es erstmals statt. Allerdings ist es weniger ein Rennen als eine Prüfung für das eigene Durchhaltevermögen. Profis, die nur Bestzeiten erzielen wollen, sind gar nicht so gerne gesehen. Denn es gilt, die Strecke von 1230 Kilometern in 90 Stunden ohne Unterbrechung, bis auf kurze Pausen, durchzufahren. P-B-P hat somit Tradition, und es machen Teilnehmer aus der ganzen Welt mit. Einer davon ist der 51-jährige Günter Haas aus Adelsried, der im Jahr 2006 auch schon den Ironman Hawaii machte. Er meisterte in der vergangenen Woche die Strecke beim 17. Rennen in Paris innerhalb 65 Stunden mit 10000 Höhenmetern. Früher fand das Rennen alle zehn Jahre statt und wurde dann auf einen vierjährigen Rhythmus umgestellt.

    6000 Starter aus 40 Ländern

    Dieses Jahr ist der Adelsrieder, der Mitglied beim TSV Gersthofen ist, gemeinsam mit fast 6000 Leuten aus über 40 Ländern gestartet. Seine Startzeit war um 16.40 Uhr. Drei tage später traf er um 10.12 Uhr wieder am gleichen Ort, am Rande von Paris, ein. Dazwischen lag eine aufregende Zeit für Haas. Randonneure werden diese Langstreckenfahrer genannt, was übersetzt Radwanderer bedeutet. Der erste Tag sei sehr heiß gewesen, berichtete Haas, aber am zweiten und dritten Tag war das Wetter sehr angenehm. Die Tour ging durch die Bretagne und die Normandie. „Wenn wir durch die Dörfer fuhren, warteten die Leute auf uns, boten Kaffee, Crêpes und Baguettes an und riefen ,Allez! Allez!‘. Selbst nachts standen Einwohner an der Straße“, erzählt Haas. Insgesamt musste er 14 Kontrollstationen passieren und sich ins Kontrollbuch Stempel, Unterschrift und die Zeit eintragen lassen. Die Zeit wurde per Transponder am Fußgelenk automatisch gemessen.

    Überall zeigten Schilder entlang der Strecke die Distanzen in beide Richtungen an. Als Haas nach 618 Kilometer am Atlantik ankam, war das für ihn ein unbeschreibliches Erlebnis. Aber er verschwendete keinen Gedanken daran, nach der Halbzeit aufzuhören. Im Gegenteil. „Es ist immer gut, wenn man die ganze Strecke im Auge behält, und wenn man die Hälfte hinter sich hat, ist es motivierend, dass es wieder nach Hause geht“, erklärte der Optimist. Besonders gut gefielen ihm die Nachtfahrten: „Kein Auto, keine Menschen, und das stundenlang. Ich dachte teilweise, dass ich verkehrt gefahren bin. Aber im Scheinwerferlicht in einem tollen Land zu fahren, den Sternenhimmel über sich und die wunderbare Luft – all das begeisterte mich und wird mir in Erinnerung bleiben.“

    Günter Haas war überrascht, dass alles besser ging als erwartet: „Ich dachte, ich brauche viel mehr Kaffee.“ An den Verpflegungsstationen sah er überall Leute, die ihren Kopf auf den Tisch legten und schliefen. Auch auf dem blanken Boden legten sich die Teilnehmer einfach hin, deckten sich mit Kartons zu und hielten ein Nickerchen. Haas selbst gönnte sich in der zweiten Nacht satte zwei Stunden Schlaf. Ansonsten kam er mit Powernapping, Sekundenschlaf, während der kurzen Rast aus. Das habe hervorragend funktioniert.

    Sehr wichtig war das regelmäßige Essen. Deshalb hatte er in seinem kleinen Gepäck außer Regenkleidung und Werkzeug auch Verpflegung dabei. Keine gewöhnliche Nahrung, sondern Powerriegel und Kohlenhydratgel. „Schmecken muss es nicht, nur Power geben“, lacht der Radwanderer. Allerdings könne man auf Dauer das süße Zeug nicht mehr sehen. Es sei aber immer ein gutes Zeichen, wenn man Hunger hat, denn dann ist der Körper nicht überanstrengt.

    Unterschiedlichste Drahtesel

    Die Randonneure fuhren mit den unterschiedlichsten Fahrrädern. Liegeräder, Räder aus Stahl und Carbon oder auch nostalgische Räder fuhren beim historischen Rennen mit. Beim allerersten Rennen fuhr damals sogar ein Hochrad mit. Dass er beim nächsten Mal, im Jahr 2015, wieder mit dabei sein wird, schließt Haas nicht aus. Sein besonderer Dank gilt Sabine und Matthias Brenner aus Heretsried: „Die beiden boten mir den Service, ein Begleitfahrzeug zu haben. Sie warteten immer an den Kontrollstationen, hatten Kleidung und Nahrung dabei. Das war eine Motivation für mich.“

    Mit seinem Teamkollegen Günter Wolf, den er bei den Vorbereitungen auf die Tour P-B-P kennengelernt hatte, radelte Haas heuer insgesamt 2730 Kilometer. Denn es gehört zum Rennen dazu, dass man zuvor verschiedene Brevets (Prüfungen) ablegt. Da waren Strecken von 200, 300, 400 und 600 Kilometer zu absolvieren, bevor das große Event starten konnte.

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