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Radsport: Alle Höhen und Tiefen gemeistert

Radsport

Alle Höhen und Tiefen gemeistert

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    Alle Höhen und Tiefen gemeistert
    Alle Höhen und Tiefen gemeistert

    Zusmarshausen Seit zehn Jahren sitzt Jürgen Winkler im Rollstuhl. Nach einem Badeunfall am Gardasee ist er querschnittsgelähmt. Doch das hindert den inzwischen 30-Jährigen aus Zusmarshausen nicht, Jahr für Jahr auf spektakuläre Touren zu gehen. Mit seinem Handbike, das nur mit der Muskelkraft der Arme angetrieben wird, meistert er Strecken, die selbst normale Radfahrer vor Probleme stellen würde. Zuletzt war er mit seinem Mannschaftskameraden des dem TSV Zusmarshausen angeschlossenen TetraTeams rund um das Sella-Massiv in den Südtiroler Dolomiten unterwegs. Auf 60 Kilometern wurden vier Pässe mit rund 2000 Höhenmetern bewältigt.

    „Ich war früher viel in den Bergen unterwegs. Sei es zu Fuß, mit dem Auto oder mit dem Motorrad. Nach zehn Jahren im Rollstuhl wollte ich beweisen, dass ich noch immer aus eigener Kraft in die Berge fahren kann“, erläutert Jürgen Winkler die Beweggründe dieser Tour, die er über sieben Monate hinweg vorbereitet hat. Grundsätzlich wollen die Mitglieder des TetraTeams zeigen, was mit einer hohen Querschnittslähmung möglich ist. Tetraplegiker sind im Halswirbelbereich gelähmt. „Sie haben es meist viel schwerer, da sie keine oder nur eingeschränkte Fingerfunktion haben“, erklärt Winkler, der als Medizinproduktberater arbeitet. „Ein großes Handicap ist auch, dass ein Tetraplegiker nicht mehr schwitzen kann und sein Puls meist nicht höher als 115 Schläge pro Minute geht.“

    Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang wollte das Quintett das Sella-Massiv umrunden. Gestartet wurde in Corvara um Fuße des Grödner Jochs. Über zahlreiche Serpentinen und Steigungen von bis 16 Prozent ging es über den Passo di Campolongo, den Passo di Pardoi, das Sellajoch und das Grödnerjoch. Dabei waren 2000 Höhenmeter zu überwinden. „Es war phantastisch. Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge in den Bergen sind etwas wunderschönes“, blickt Winkler zurück.

    Und es war für ihn wie ein Familientreffen. Nicht nur seine TetraTeam-Kameraden Christian Humpenöder (Gunzenhausen), Herward Müller (Schwedt), Jens Sauerbier (Magdeburg) und Christoph Künstle (Zell) haben ihn begleitet, sondern neben seinem Vater auch seine Schwester Daniela und deren Lebensgefährte Anton Legensteiner, die in Graz leben. Winkler: „Sie waren mit dem Motorrad stets zwischen uns Fahrern unterwegs, haben uns mit Essen und Trinken versorgt.“ Weitere Freunde waren mit dem Auto, dem Fahrrad und zu Fuß mit dabei.

    Besonders spektakulär waren die Abfahrten. „Vom Sella-Joch herunter habe ich es richtig laufen lassen“, grinst Jürgen Winkler. „Wie früher mit dem Motorrad habe ich erst vor der Kurve gebremst.“ Diese Fahrweise hatte jedoch zur Folge, dass nach gut der Hälfte des Passes die Bremsen weich wurden. „Das hat ganz schön gestunken. Ich musste eine Pause einlegen“, sagt Winkler.

    Dabei ist Pausen einlegen nicht wirklich sein Ding. Nach 9 Stunden und 2 Minuten war Jürgen Winkler wieder in Corvara angekommen. Das Training hatte sich also gelohnt. „Ich habe schon im Vorfeld 5500 Kilometer abgespult, was rund 300 Stunden reiner Trainingszeit entspricht“, verrät der ehrgeizige Zusmarshauser, der sich sogar einen eigenen Trainer leistet. In Zusammenarbeit mit Dr. Ralf Lindschulten werden Trainingspläne erarbeitet und Leistungstests absolviert. Denn Winkler wäre nicht Winkler, hätte er nicht schon wieder neue Ziele. Sein Traum ist eine Teilnahme an den Paralympics 2016 in Rio de Janeiro. „Eine kleine Klassenänderung spielt mir in die Karten“, freut er sich, dass seine Schadensklasse, die sich H1.1 nennt, nun olympisch werden könnte.

    „Doch erst muss ich mich qualifizieren.“ Am morgigen Sonntag geht Jürgen Winkler zusammen mit der kompletten Handbike-Weltelite und zehn Kollegen vom TetraTeam beim Heidelberg-Marathon an den Start. Hier hat er vor zwei Jahren den Weltrekord in der Klasse H1.1 aufgestellt. „Ich werde versuchen, meinen Titel zu verteidigen.“ Die Antriebskraft scheint ihm nicht auszugehen.

    Weitere Infos unter

    www.juergen-winkler.net

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