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Kickboxen: In der Wiege des Thaiboxens

Kickboxen

In der Wiege des Thaiboxens

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    Die Thaibox-Trainerkoryphäe Tamonsak hält die Pratzen für das Training mit Tina Schüssler, die sich in Bangkok auf ihren Weltmeisterschaftskampf vorbereitet hat. Jetzt muss sie einen Temperaturunterschied von 35 Grad verkraften.
    Die Thaibox-Trainerkoryphäe Tamonsak hält die Pratzen für das Training mit Tina Schüssler, die sich in Bangkok auf ihren Weltmeisterschaftskampf vorbereitet hat. Jetzt muss sie einen Temperaturunterschied von 35 Grad verkraften. Foto: Clemens Brocker

    Nein, das ist kein Traum. Tina Schüssler schlottert angesichts der Kälte im heimischen Deutschland. Und dann ist auch noch die Heizung ausgefallen. Die in Diedorf und Stadtbergen lebende Profisportlerin ist andere Temperaturen gewöhnt. Erst am Sonntag ist sie aus Bangkok zurückgekehrt. Dort lagen die Temperaturen um die 37 Grad. Um sich auf die K1-Weltmeisterschaft im Mai vorzubereiten, war Tina Schüssler mit ihrem Partner Clemens Brocker in die heiße Hauptstadt Thailands geflogen. „Training in Bangkok. Das ist so krass. Das war ein absolutes Highlight in meinem Leben“, schwärmt die 41-Jährige.

    Buddhistische Tempel, Chinatown, gigantische Märkte, „in Bangkok geht es zu wie in einem Ameisenhaufen“, sagt Schüssler. „Dieses Gewusel kann man sich kaum vorstellen.“ Die Millonenmetropole ist aber auch zugleich die Welthauptstadt des Muay Thai, das in Deutschland Thaiboxen genannt wird. Der Kampfsport gehört zur touristischen Hauptattraktion. Schüssler: „Somit war es für mich ein Muss, dort in die Welt des Fightsports einzutauchen.“

    Verblüffend waren für Tina Schüssler und Clemens Brocker, wie sich dieser äußerst harte Nationalsport mit der buddhistischer Gelassenheit verbinden lässt. „Die Menschen sind in sich ruhend, nicht aufbrausend, stets freundlich, höflich und sehr gastfreundlich. Ein „Lautwerden“ ist in Thailand verpönt. Keiner ist gestresst und jeder lässt den anderen sein, so wie er ist“, erzählen die beiden.

    Eine Legende ist Bangkoks Lumpinee-Stadion, das 1956 eröffnete. Tina Schüsslers größter Wunsch war es seit ihrem 18 Lebensjahr, sich einmal live dort Thaiboxkämpfe anzusehen. „Und nun ging dieser Traum in Erfüllung“, bekommt sie fast feuchte Augen, wenn sie von der einzigartigen Atmosphäre rund um das Stadion erzählt: „Die Bekanntmachungen zu den Kämpfen dröhnen aus den Lautsprechern von fahrenden Autos, um alle kampfbegeisterten Fans, Touristen und Einheimische anzulocken. Vor dem Stadion steht eine Reihe mit Garküchen. Die Kämpfer werden schon für ihren Auftritt massiert“, gerät sie regelrecht ins Schwärmen. „Man spürt den Kampfgeist in der Luft liegen und riecht auch schon den Schweiß, überzogen mit Tigerbalm-Minzduft.“

    Der Kampfabend ging über fünf Stunden. Zu jedem Kampf läuft traditionelle Thaimusik, zu der die Fighter vor Beginn einen rituellen Tanz aufführen. Was Schüssler auffällt: „Die meisten Thaiboxer sind dünn, haben kein Gramm Fett zu viel, durchtrainiert, sind wahnsinnig schnell und drahtig.“ Die Thais schließen Wetten ab, die Zuschauer schreien, jubeln, klatschen und fiebern mit. „Die Kämpfe sind technisch hochwertig und sehr hart. Ein K.o. nach dem anderen“, genießt die Stadtbergerin die Stimmung der tropischen Nacht: „Es fließen Blut und Schweiß, aber keine Tränen. Die Kämpfer liegen sich nach ihrem Duell freudig in den Armen.“

    Um sich perfekt auf ihren Kampf um die K1-Weltmeisterschaft vorzubereiten, hat Tina Schüssler auch mit Einheimischen trainiert. Im traditionsreichen und bekannten Sor Vorapin Gym, seit 30 Jahren Heimstätte vieler erfolgreicher Thaiboxer, ging es hart zur Sache. „Bei 37 Grad schwitzt man schon, bevor das Seilspringen beginnt.“ Schüssler zeigte jedoch keine Schwäche und stieg mit Tamonsak, einem thailändischen Champion, in den Ring.

    Die Trainer-Koryphäe ist von der 59 Kilogramm leichten Schüssler regelrecht geflasht, als er ihre Schlaghärte auf seinen Pratzen spürt. Runde für Runde lässt Tina Schüssler im Ring ihren Schweiß. Ihre nackten Füße knallen Kick für Kick auf die Lederpolster. „Kondition ist das Wichtigste, um die Minuten des pausenloses Schlagens zu überstehen“, sagt sie. Die Stimmung im Gym sei nicht aggressiv, sondern familiär und respektvoll. „Die Trainer stellen sich auf das Leistungsniveau des jeweiligen Schülers ein. Man wird gefordert, aber nicht überfordert“, war es für Tina Schüssler etwas ganz Besonderes. „Kein Training in Deutschland hat diesen Spirit. Man fühlt und erlebt alles anders“, plant sie schon weitere Trainingscamps in Thailand.

    Neben dem Ring saßen während des Trainings sehr viele Zuschauer und Touristen und bestaunten die schwitzenden Kämpfer mit ihren durchtrainierten Körpern. Und auch Tina Schüssler staunte nicht schlecht. „Einer hat doch tatsächlich gerufen: Das ist doch die Weltmeisterin aus Stadtbergen“, konnte sie es kaum fassen, dass man sie im fernen Thailand erkannt hat. Es war wie ein Traum.

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