Der Rahmen war feierlich. Im noblen Roma-Forum in Burgau wurden am Mittwochabend die Endrundenspiele für die schwäbische Futsalmeisterschaft ausgelost und dabei auf die Titelkämpfe am kommenden Samstag (ab 12.30 Uhr) in der Günzburger Rebayhalle eingestimmt.
Wobei nicht nur der Fußball im Blickfeld stand. Die Turnerin Janine Berger, Olympia-Vierte von London, gab Einblick in ihren Tagesablauf als Leistungssportlerin. Der ehemalige Junioren-Nationalspieler Dennis Chessa, Sohn des Bubesheimer Trainers Marco, der sich beim Zweitligisten VfR Aalen einen Stammplatz erobern möchte, drückt für die schwäbischen Titelkämpfe dem SC Bubesheim die Daumen, zumal dort auch noch sein Bruder Julian am Ball ist. Als Favoriten hat der Profi jedoch die beiden Regionalligisten FV Illertissen und FC Memmingen ausgemacht, deren Weg sich erst im Finale kreuzen würde.
Womit Chessa letztlich den gleichen Tipp parat hatte wie Günter Bayer, die Trainerlegende des SV Mering, der sich am Sonntag in Friedberg im Finale dem VfR Foret geschlagen geben musste. Nun darf der Kreisligist erstmals in seiner Vereinsgeschichte zur Endrunde fahren und trifft dort im Eröffnungsspiel auf den Regionalligisten FV Illertissen.
„Im ersten Moment habe ich gedacht, schlimmer kann es nicht kommen“, sagt Trainer Jimmy Arslan, ein bekennender Futsal-Freak. Doch dann habe er sich gedacht: „Warum eigentlich? Jetzt haben wir ja wirklich gar nichts zu verlieren. Wenn wir weiterkommen, sorgen wir auf jeden Fall für Schlagzeilen. Wenn wir gegen einen Regionalligisten verlieren, ist das ganz normal. So ist jeglicher Druck von uns genommen. Wie hätten wir uns in den Hintern gebissen, wenn wir vielleicht gegen einen Bezirksligisten ausgeschieden wären?“
Doch der 42-jährige Ex-Bayernligaspieler, der erst im Oktober das Traineramt von Michael Betz übernommen hat, denkt schon wieder weiter: „Jetzt fahren wir mal hin und schauen, was auf uns zukommt.“ Gänzlich chanchenlos sieht er seine Mannschaft jedenfalls nicht. „Illertissen hatte in Gundelfingen auch Mühe. Und außerdem haben die nicht die große Futsal-Erfahrung.“ Dies könnte für den VfR Foret sprechen, dessen Kicker schon in den Kindertagen des Futsals den Umgang mit der sprungreduzierten Kugel, ohne Bande auf kleine Handballtore, pflegten. 2012 konnten sich die Filigrantechniker aus dem Langweider Ortsteil sogar den bayerischen Meistertitel sichern. Bei den süddeutschen Titelkämpfen wurden ihnen dann allerdings von den reinen Futsal-Teams aus Baden-Württemberg die Grenzen aufgezeigt.
Günter Bayer trauert dem alten Hallenfußball mit Rundumbande nach – und stellt fest: „Sucht mal im Internet nach Videos von Brasilien. Die spielen Futsal, das hat nichts mit dem zu tun, was in unseren Hallen geboten wird; das ist ein komplett anderes Spiel.“ Andererseits gibt sich Bayer auch realistisch: „Die Kinder lernen das Spiel mit Bande gar nicht mehr kennen, und in zehn Jahren kräht wahrscheinlich kein Hahn mehr danach. Wer Fußball spielen kann, kann auch Futsal spielen.“
Diese Worte transportierten das ganze Dilemma, das die von der Spitze des Bayerischen Fußballverbands (BFV) für offizielle Turniere auferlegte, neue Sportart mit sich bringt: Dass in bayerischen Hallen nun im zweiten Winter nach Regeln des Weltverbands Fifa gekickt wird, ist eine Tatsache – und dass viele Fußballer, Funktionäre und Fans diese international längst voll etablierte Variante zurückweisen, ebenfalls. Belegen lässt sich das anhand der Zuschauerzahlen aus den acht Vorrundenturnieren. Bezirksspielleiter Hans Wagner führte vor etwa 80 geladenen Gästen aus, es seien 2325 zahlende Besucher gekommen – im Durchschnitt annähernd 300. „Das ist leider ein deutliches Minus im Vergleich zum vergangenen Jahr“, sagte der Spitzenfunktionär. Für das große Finale bleibt er dennoch zuversichtlich. „Wir hoffen, dass wir das in Günzburg ein bisschen polieren können“, bemerkte Wagner.
Dazu beitragen soll eine Neuerung: Als Belohnung für den von der besten, buntesten, lautesten und gleichzeitig friedlichsten Fangruppe unterstützten Verein haben die Organisatoren einen Bundesliga-Spielball ausgelobt. Für diesen Preis haben sich die Fans des VfR Foret in Friedberg am vergangenen Sonntag nicht beworben. Im Gegenteil: Das Finale gegen den SV Mering musste für zehn Minuten unterbrochen werden und stand kurz vor dem Abbruch, nachdem Foreter Anhänger aufs Spielfeld gelaufen waren und es zu Handgreiflichkeiten kam. „Außer ein paar kleinen Schubsern ist nichts gewesen“, berichtet Jimmy Arslan von gegenseitigen Provokationen. „Das gehört im Fußball doch dazu. Aber wir sind nicht immer die einzigen Schuldigen.“ Dass bei einem spannenden Spiel die Emotionen hochkochen, sei ebenfalls normal.
Auch Markus Mendel, Sportrichter und Abteilungsleiter des TSV Friedberg, sah den Zwischenfall ebenfalls nicht so tragisch: „Das konnten wir schnell beruhigen. Da muss es wohl etwas gegeben haben zwischen der Meringer Bank und den direkt dahinter postierten Foret-Fans.“ Spielleiter Reinhold Mießl kennt die Fans des Langweider Klubs und weiß, dass sie gerne in Fahrt geraten. „Aber wenn das im Rahmen bleibt, nicht ausartet, ist das ja in Ordnung. Und es hat meines Erachtens auch nicht den Spielausgang beeinflusst.“ Der Fußballfunktionär sieht sogar eher den Vorzug, dass die Foret-Fans wenigstens etwas Stimmung in die Halle brachten. Denn ansonsten blieb das Publikum nahezu stumm. Wie bei vielen anderen Futsal-Turnieren auch. „Da ist es doch gut, wenn sich mal was rührt.“
Trotzdem will sich Jimmy Arslan nochmals mit den Zuschauern unterhalten, die den VfR in einem gecharterten Omnibus zur Finalrunde nach Günzburg begleiten werden. Dort kann sich die Foret-Fangemeinde nun beweisen. (mit asj, ica)