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Soziales: Immer mehr Senioren in der Schuldenfalle

Soziales

Immer mehr Senioren in der Schuldenfalle

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    Ob es nun um das Durchschnittseinkommen geht, die Arbeitslosenquote oder die Zahl der Schuldner: Stets sind die Werte im Augsburger Land besser als im bundesdeutschen oder bayerischen Vergleich, geht es den Menschen finanziell besser. Doch es gibt eine Ausnahme: Im Landkreis Augsburg ist der Anteil von überschuldeten Senioren besonders hoch. Rund 13 Prozent der überschuldeten Menschen im Kreis sind jenseits der 60, im bundesdeutschen Durchschnitt sind es nur acht Prozent. Diese Zahlen nannten die Schuldnerberaterinnen des Diakonischen Werkes, Susanne Grußler und Gisela Klaiber, am Mittwoch bei einer Veranstaltung im Landratsamt. Besonders augenfällig sei die rasche Steigerung.

    Vor gut zehn Jahren lag der Anteil der älteren Menschen, die mehr Schulden als Vermögen haben, im Kreis bei erst zwei Prozent. Für Grußler und Klaiber ist dies ein Indiz für eine steigende Altersarmut, von der insbesondere Frauen betroffen seien. Waren es früher meist Männer, denen ihre Verbindlichkeiten über den Kopf wuchsen, so „ist der Schuldner der Zukunft alt und weiblich“, sagte Klaiber vor Bürgermeistern aus dem Landkreis und verwies auf das niedrigere Rentenniveau.

    Nach einem Bericht unserer Zeitung vom Frühjahr sind bei den Tafeln im Landkreis schon ein Drittel bis 40 Prozent der Klienten Senioren, deren Rente nicht reicht. Von den knapp 50000 Rentnern im Landkreis erhalten die gut 21000 Männer eine Durchschnittsrente von 1200 Euro. Für die mehr als 27000 Rentnerinnen im Kreis gibt es nach den Zahlen der Deutschen Rentenversicherung in etwa nur halb so viel: 650 Euro.

    Die steigende Zahl von Menschen im Rentenalter, prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Teilzeitjobs könnten die Lage in den kommenden Jahren verschärfen.

    Nach der neuesten Bevölkerungsberechnung wird in zehn Jahren fast jeder Vierte von knapp 275000 Landkreisbewohnern im Rentenalter sein – und nicht jeder wird dafür ausreichend finanziell vorgesorgt haben können.

    Nach einer Berechnung der Gewerkschaft NGG steuern aktuell 36000 Beschäftigte im Landkreis Augsburg auf eine Rente unterhalb der staatlichen Grundsicherung zu. Sofern sie nicht anderweitiges Vermögen oder Einkommen haben, dürften sie damit armutsgefährdet sein und mitunter Kandidaten für eine Überschuldung.

    Sechs Schuldnerberater hat das Diakonische Werk im Landkreis Augsburg mittlerweile im Einsatz und die haben es laut Grußler und Klaiber zunehmend auch mit ehemals Selbstständigen zu tun, die nicht genügend fürs Alter zurückgelegt haben. Hoch verschuldet zu sein, sei für die meisten Menschen eine schwere Belastung – seelisch wie auch körperlich. Grußler: „Schulden machen krank.“ Noch dazu täten sich viele Menschen schwer, Hilfe zu suchen. Pro Jahr kommen bei der Schuldnerberatung im Landkreis an die 400 neue Fälle dazu.

    Bürgern beratend zur Seite zu stehen, die sich finanziell in einer Notlage befinden, wollten auch die Ehrenamtlichen im Freiwilligenzentrum Neusäß (FuN), das seit zehn Jahren besteht. „Wir haben drei sehr engagierte und gut ausgebildete Sozialpaten“, sagt Leiterin Ursula Meyer.

    Aber dieses Projekt sei das einzige, das nie so recht in Gang gekommen ist. Etliche Betroffene hätten zwar einen Beratungstermin vereinbart, seien dann aber doch nicht gekommen. Meyer vermutet, dass finanzielle Probleme die Menschen seelisch stark belastet und sie sich aus Scham auch scheuen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. (mit dav)

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