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So ging es der Familie Yükselen aus Emersacker nach der Abschiebung

Emersacker

So erging es der Familie Yükselen nach der Abschiebung

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    Über fünf Jahre lang lebte Mutter Meryem Yükselen mit ihren Söhnen Deniz und Serkan in Deutschland. Im Februar wurden sie abgeschoben.
    Über fünf Jahre lang lebte Mutter Meryem Yükselen mit ihren Söhnen Deniz und Serkan in Deutschland. Im Februar wurden sie abgeschoben. Foto: Paula Binz (Archivbild)

    Das Schicksal der Familie Yükselen bewegte die Menschen im Landkreis Augsburg. Mutter Meryem und ihre beiden Söhne und Deniz und Serkan lebten fünf Jahre in Emersacker, waren gut integriert und in dem Ort beliebt. Dennoch mussten sie Deutschland verlassen. Knapp sechs Monate ist es nun her, dass die Familie abgeschoben wurde. Wie ist es den drei seither ergangen?

    Familie Yükselen wurde im Februar 2024 in die Türkei abgeschoben

    Am Morgen des 19. Februars erreichte unsere Redaktion ein panischer Anruf von Meryem Yükselen. Mitten in der Nacht wurde sie mit ihrem Sohn Deniz von der Polizei aus der Flüchtlingsunterkunft in Emersacker abgeholt und zum Flughafen München gebracht. Von dort hob wenig später ein Flugzeug in Richtung Türkei ab.

    Bereits in den Monaten zuvor hatte das Schicksal der Familie für großes Aufsehen gesorgt. Im Sommer 2018 waren die Yükselens nach Deutschland geflohen. Da Sohn Deniz eine geistige Behinderung hat, musste sich die Mutter Meryem in der Türkei um ihn kümmern und konnte dort keinen Beruf erlernen. Nach der Scheidung von ihrem Mann entschied sie sich dann für eine Flucht nach Deutschland. 

    Welle der Solidarität: Unterstützer sammeln Unterschriften für Familie Yükselen

    In der Zeit nach ihrer Ankunft bemühte sich die Mutter um einen Job in der Alterspflege. Ein entsprechender Ausbildungsplatz wurde ihr angeboten, allerdings scheiterte es an der notwendigen Arbeitserlaubnis. „Ich möchte unbedingt arbeiten“, sagte Yükselen damals verzweifelt. Um nicht nur herumzusitzen, engagierte sie sich ehrenamtlich und half täglich half in der Mittagsbetreuung der Grundschule Emersacker mit.

    Dennoch wurden zwei Asylanträge der Familie abgelehnt, Ende 2023 wurde auch die Duldung der Yükselens aufgehoben. Durch den Holzwinkel rollte daraufhin eine Welle der Solidarität. Durch Unterschriftensammlungen und ein Schreiben an die Härtefallkommission sollte die Abschiebung doch noch verhindert werden.

    Schicksal der Familie Yükselen wurde im bayerischen Landtag diskutiert

    Sogar im Landtag war die Familie Yükselen Thema. Unterstützerinnen und Unterstützer starteten eine Petition, die im bayerischen Petitionsausschuss diskutiert wurde. Als Berichterstatterin setzte sich die Landtagsabgeordnete Gülseren Demirel (Grüne) dafür ein, dass Meryem, Deniz und Serkan Yükselen ein Bleiberecht erhalten.

    Für Demirel bestand kein Zweifel darin, dass sie sich dem Schicksal der Yükselens annehmen will. „Man merkt, dass sich die Familie unbedingt integrieren will“, sagte die Politikerin und verwies darauf, dass neben der Mutter auch Sohn Serkan ein Ausbildungsplatz angeboten wurde. „Außerdem gehören sie als Kurden in der Türkei zu einer Minderheit.“

    Nach Abschiebung: Familie Yükselen ohne Chance auf Rückkehr nach Deutschland

    All diese Bemühungen blieben vergebens. Durch die Abschiebung hat die Familie vorerst keine Chance auf einer Rückkehr, erklärte der Rechtsanwalt Alexander Wilhelm im Februar. Er ist unter anderem auf Migrationsrecht spezialisiert. „Mit der Abschiebung geht in der Regel ein Wiedereinreiseverbot von meist 36 Monaten einher. Sollte die Familie dagegen verstoßen, wäre das eine schwere Straftat“, sagte Wilhelm.

    Anders verhält es sich bei Serkan, dem älteren Sohn der Familie. Er kam der Abschiebung zuvor, indem er freiwillig ausreiste. Dadurch gibt es für ihn die Möglichkeit, nach Deutschland zurückzukehren, ohne sich strafbar zu machen.

    Heimatstadt der Yükselens in der Türkei wurde durch Erdbeben 2023 zerstört

    Meryem und Deniz Yükselen müssen sich seit Februar allerdings mit ihrem neuen Leben in der Türkei anfreunden. Die Flüchtlingsberaterin Ira Bodenmüller betreute die Familie in Deutschland und hielt auch nach der Abschiebung Kontakt zu Meryem Yükselen. Nachdem sie in der Nacht von der Polizei abgeholt wurden, begann für Mutter und Sohn laut Bodenmüller eine lange Reise. Vom Flughafen in Istanbul sei es mit dem Bus in Richtung Pazarcik, die Heimatstadt der Yükselens in der Zentraltürkei, gegangen. „Die Fahrt hat 20 Stunden gedauert“, sagt Bodenmüller.

    Nach ihrer Ankunft seien die beiden zunächst bei einer ehemaligen Nachbarin untergekommen. Ihre Heimat wurde durch das schwere Erdbeben im Februar 2023 zerstört, eine andere Unterkunft habe es nicht gegeben. Allerdings seien die Verhältnisse bei der ehemaligen Nachbarin sehr beengt gewesen, sodass es sich dabei nur um eine Übergangslösung handeln konnte, erzählt Bodenmüller.

    Umgewöhnung fiel Sohn Deniz Yükselen sehr schwer

    Vor allem für den neunjährigen Sohn Deniz sei es schwierig gewesen, sich in der neuen Heimat einzugewöhnen. „Er hat immer wieder gefragt, warum sie dort sind und er nicht mehr in seine Schule geht“, sagt Bodenmüller. Durch seine geistige Einschränkung sei es ihm sehr schwergefallen, sich in dem Land einzugewöhnen, das er als Dreijähriger verlassen hat.

    Inzwischen sei der Kontakt zu den Yükselens abgebrochen. „Ich habe noch einige Male versucht, Frau Yükselen anzurufen. Leider konnte ich sie nicht mehr erreichen“, erklärt Bodenmüller. Eine Kollegin der Diakonie Bayern habe es allerdings geschafft, die Familie an eine Hilfsorganisation in der Türkei zu vermitteln. „Ich hoffe sehr, ihnen kann dort geholfen werden“, sagt Bodenmüller.

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    1 Kommentar
    Marita Büder-Weissig

    Frau Yükselen bemühte sich um einen Ausbildungsplatz, dennoch wurden 2 Asylanträge abgelehnt.....das liegt vielleicht daran, dass ein Ausbildungsplatz nichts mit Asyl zu tun hat. Um Asyl oder einen Schutzstatus zu erhalten gelten ganz andere Bedingungen, da reicht es auch nicht, Kurdin zu sein. Frau Yükselen kam nach Deutschland, weil sie nach der Scheidung von ihrem Mann den Unterhalt der Familie nicht sichern konnte, das nennt man auch Wirtschafts-oder Armutsflüchtlinge. Kein Wunder also, dass sie kein Asyl erhielt, ein Härtefall lag auch nicht vor und für eine gute Integration reicht es halt nicht, eine Mittagsbetreuung in der Schule ehrenamtlich zu erbringen. Eine Abschiebung war somit vollkommen korrekt und notwendig. Diejenigen, die alles in Bewegung gesetzt haben, um ein Bleiben zu ermöglichen, unterstützen die Familie doch jetzt hoffentlich monetär? Oder war das auch nur wieder: wir wollen ein Bleiben und ihr (der Steuerzahler) müsst dafür bezahlen?

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