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Rückblick 2022: Wirtschaft im Augsburger Land bangt vor einer echten Krise

Rückblick 2022

Wirtschaft im Augsburger Land bangt vor einer echten Krise

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    Der Autozulieferer Borscheid + Wenig aus Diedorf meldete im Sommer Insolvenz an. An anderen Stellen haben Beschäftigte Sorgen um ihren Arbeitsplatz oder demonstrieren für mehr Geld.
    Der Autozulieferer Borscheid + Wenig aus Diedorf meldete im Sommer Insolvenz an. An anderen Stellen haben Beschäftigte Sorgen um ihren Arbeitsplatz oder demonstrieren für mehr Geld. Foto: Marcus Merk (Archivbild)

    Banges Warten auf die Konjunktur-Flaute - so kann die Stimmung in der Wirtschaft im Landkreis Augsburg für das Jahr 2022 kurz zusammengefasst werden. Denn immer noch ist die Lage zwar nicht wirklich schlecht. Im Gegenteil, viele Unternehmen berichten von vollen Auftragsbüchern. Aber die Aussichten für die jeweils nächsten Monate, die werden von den Betrieben immer negativer bewertet. Das zumindest hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben mitgeteilt, die drei Mal im Jahr nach den aktuellen Werten fragt. So könnte demnach das Jahr 2023 verlaufen.

    Noch Anfang 2022 war die Stimmung in der Wirtschaft laut IHK demnach wieder auf dem Weg nach oben. Der schwerste Teil der Corona-Krise mit ihren Beschränkungen im Handel, in der Produktion und auch mit den gestörten Lieferketten schien damals überwindbar. Doch nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine fiel schon im Frühsommer der Konjunkturindex, der sich sowohl aus der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage als auch aus den Erwartungen zusammensetzt, auf 111 und damit weit unter das langjährige Mittel von 123. Im Herbst ging dieser Wert dann nochmals zurück und lag nur noch bei 74. Ein wichtiger Grund: Während im Frühjahr erst 27 Prozent der Unternehmen eine Verschlechterung der Geschäftslage erwarteten, waren es im Herbst schon 57.

    Die Kosten für Energie und Arbeit steigen enorm

    Von einem "Krisencocktail" aus Kostensteigerungen für Energie und Arbeit, stockenden Lieferketten und sinkender Inlandsnachfrage spricht IHK-Vizepräsident Michael Proeller in diesem Zusammenhang. Hinzu kommt der schon länger währende Fachkräftemangel, den aktuell vor allem Handwerksbetriebe zu spüren bekommen. Gerade die Baubranche geht zudem wegen des schwierigen Umfelds mit Sorgen ins Jahr 2023.

    Für einen großen Arbeitgeber aus dem Landkreis hatte diese Mischung im Sommer schwerwiegende Folgen: Der Automobilzulieferer Borscheid + Wenig aus Diedorf mit einer Niederlassung in Gersthofen musste im Juli vorläufige Insolvenz anmelden. Groß war da zunächst die Unsicherheit. Im Oktober konnte der beauftragte Insolvenzverwalter dann für das Familienunternehmen teilweise Entwarnung geben. Zwar läuft aktuell die Insolvenz. Gleichzeitig jedoch gebe es eine Reihe von interessierten Investoren, die Belegschaft sei weiterhin mit Engagement dabei und die rund 300 Arbeitsplätze sind vorerst gesichert. 

    Ebenfalls Angst um ihre Arbeitsplätze hatten die Beschäftigten der Lechstahlwerke in Herbertshofen. Das größte Stahlwerk Bayerns kann nur mithilfe großer Mengen an Energie produzieren - und wenn die teuer ist, lohnt sich der Betrieb nicht mehr. Im September hatten deshalb mehrere hundert Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für eine Strompreisbremse demonstriert. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Bundesregierung den heute geltenden Beschluss noch nicht gefasst. Die Stahlarbeiter machten deutlich, dass ihr Betrieb erst der erste sein könnte, der zumacht. "Wenn wir fallen, fällt die ganze Industrie", war auf der Demonstration zu hören.

    Streiks: Beschäftigte wollen mehr Geld für ihre Arbeit

    Die hohen Preise für Energie treffen freilich nicht allein die Unternehmen. Fast gleichzeitig protestierten Beschäftigte aus der Produktion von Weinimport Hauser in Fischach mehrmals. Viele von ihnen verdienen nur wenig mehr als der gesetzliche Mindestlohn von zwölf Euro in der Stunde. "Die Kollegen haben inzwischen Angst, ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen zu können", berichtet ein ehemaliger Betriebsratsangehöriger. Zum Vollzeitjob würden sie deshalb weitere Schichten oder einen zusätzlichen Job annehmen.

    Nicht genügend wertgeschätzt sahen sich auch 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von SGL Carbon in Meitingen und demonstrierten im Herbst für eine gute Tariferhöhung in der Metall- und Elektroindustrie. Eines ihrer Argumente: Schließlich sei es die Arbeitskraft der Beschäftigten, die einem Unternehmen den Gewinn sichere. Inzwischen steht der Abschluss: Insgesamt mehr als acht Prozent in zwei Stufen und zusätzlich 3000 Euro Inflationsausgleich sollen die Beschäftigten bis Anfang 2024 erhalten.

    Mitten in der Krise gibt es jedoch auch besonders gute Nachrichten für die Unternehmen in der Region: Der Gersthofer Hersteller von Lastwagen, Quantron, hat einen Großauftrag mit einem US-amerikanischen Unternehmen über die Lieferung von 500 Fahrzeugen abschließen können. Das besondere: Die Fahrzeuge werden mit Wasserstoff betrieben. Die Fertigung soll allerdings in Detroit in den USA erfolgen.

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