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Nordendorf: Ein Hund ist kein Sportgerät, das man in die Ecke stellen kann

Nordendorf

Ein Hund ist kein Sportgerät, das man in die Ecke stellen kann

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    Niclas Speer wurde jüngst Europameister im Schlittenhunderennen mit vier Hunden, seine Schwester Linda Vize-Europameisterin im Bike-Jöring.
    Niclas Speer wurde jüngst Europameister im Schlittenhunderennen mit vier Hunden, seine Schwester Linda Vize-Europameisterin im Bike-Jöring. Foto: Marcus Merk

    Jim, Nilan, Cena, Ane, Angy, Alfa und Amy können es kaum erwarten, bis sie endlich vor den Schlitten gespannt werden. Weithin ist das Bellen und Jaulen der sibirischen Huskys zu hören. Da kann es noch so kalt sein und der Wind den Schnee noch so ungemütlich über die Blankenburger Hügel peitschen. Für die Hunde der Familie Speer ist es das Größte, bei diesen widrigen Witterungsbedingungen ihrer Leidenschaft freien Lauf lassen zu können, einen Schlitten durch die verschneide Winterlandschaft zu ziehen.

    Ein Hund zum Radeln und Joggen

    Seit über 20 Jahren ist Wolfgang Speer dem Hundesport verfallen. "Ich suchte einen Hund zum Radeln und Joggen, also mit viel Drang zur Bewegung", berichtet der 55-Jährige über die Anfänge seines Hobbys. "Ein Freund hat dann gemeint, dass ich wohl den falschen Hund gefunden habe", lacht der Kfz-Meister, der sich 1998 den ersten sibirischen Husky angeschafft hat und seitdem von der Leidenschaft für Schlittenhunde ergriffen ist. Ein Jahr später hat er sein erstes Rennen mit dem Fahrrad und einem Hund bestritten. 2001 fuhr er das erste Schneerennen mit mittlerweile vier Hunden.

    Kein Sportgerät, das man in die Ecke stellt

    Inzwischen hat sich die Begeisterung für Huskys auf die ganze Familie ausgeweitet. Als Speer seine Frau Claudia kennenlernte, hatte er erst vier Hunde. "Schon bald sollte der fünfte dazukommen", lacht die 45-Jährige, die schnell bemerkt hat, wie vielseitig diese Sportart auch für sie war. Die Physiotherapeutin erkannte aber auch die Arbeit, die Aufgaben und Pflichten eines solchen intensiven Hobbys. "Hunde sind keine Sportgeräte, die man ins Eck stellen kann, wenn sie nicht mehr benötigt werden, sondern Lebewesen, die fürsorglich behandelt werden müssen."

    Im Hause Speer in Nordendorf gelten die mittlerweile sieben sibirischen Huskys als Familienmitglieder. Mit der Erfahrung und dem dem Wissen über das Verhalten der Hunde sowie gesundem Menschenverstand gelang es dem Ehepaar auch, ihre beiden Kinder und die Hunde unter einen Hut zubringen. "Die Kinder sind zusammen mit den Hunden aufgewachsen", erzählt der Papa, "sie waren schon als Kleinkinder mit im Schlitten gesessen. Schon als kleines Kind entwickelte sich Niclas zum heimlichen Rudelchef, und auch Linda hatte den Hundehaufen bereits als Krabbelkind schnell im Griff." So ist es kein Wunder, wenn die beiden Kinder der Familie Speer ebenfalls schon sportliche Erfolge mit den Hunden vorweisen können.

    Auf Langdistanzen spezialisiert

    "Ich bin lange genug gefahren", sagt Wolfgang Speer, der sich auf die langen Distanzen spezialisiert hat. Beim "Internationalen Rennsteiglongtrail" legte er 25 Kilometer zurück, beim "Internationalen Hochkogellongtrail" 26,6 Kilometer und 1500 Höhenmeter. Ein Langstreckenrennen in Tschechien war das bisher größte Erlebnis seiner Musher-Karriere.

    Musher - so werden die Lenker der Schlittenhunde-Gespanne genannt. Bis zu 14 Hunde können ein Team bilden. Alle Tiere müssen der gleichen Rasse angehören. Die Speers besitzen sibirische Huskys. Eine schlanke Art mit relativ kurzem Fell. "Das sind die schnellsten", erklärt Speer. Schneller als die Malamuden und die Samojeden, die beiden anderen bekannten Schlittenhunderassen. Maximal sechs Hunde können die Speers anspannen, die den Schlitten oder den Kart, einen Wagen auf Rädern, ziehen.

    Es geht aber auch mit nur einem einzigen Hund. Aus dem Rudel der Speers ist Jim dafür der Spezialist. Im vergangenen Jahr war der Rüde zusammen mit Niclas Speer unterwegs. Die beiden wurden in Ungarn Europameister im Bike-Jöring. Dabei muss der Hund den Musher, der in diesem Fall auf dem Fahrrad sitzt, ziehen. Ein sibirischer Husky kann dabei das neunfache seines eigen Körpergewichts bewegen. In diesem Jahr wurde die elfjährige Linda Speer mit Jim Vize-Europameisterin in dieser Kategorie.

    Europameistertitel geholt

    197 Teilnehmer aus 14 Nationen nahmen mit ihren Schlittenhunden an der Europameisterschaft teil. Mit darunter waren Teams aus Slowenien, Deutschland, Ungarn, Österreich, Italien und Frankreich. Niclas Speer ging mit einem Vierergespann an den Start und holte sich den Europameistertitel in der Juniorenwertung. Fünf Kilometer hatte der 14-Jährige dabei zu absolvieren. Neben dem Hundesport liebt der Schüler der Realschule Wertingen auch noch das Fischen, jagt bei der JFG Lech-Schmutter dem Fußball hinterher und bearbeitet beim örtlichen Musikverein das Schlagzeug.

    Bewegungsdrang ausleben

    Das Rennen auf dem Spargel- und Erlebnishof in Kleistow bei Beelitz (Brandenburg) war eines der wenigen in dieser Corona-Saison. "Normalerweise sind wir von Anfang Dezember bis Mitte März unterwegs", sagt Speer. Da die Hunde trotzdem ihren Bewegungsdrang ausleben wollen, dürfen sie viermal in der Woche auf die Piste. Meist geht es in die Wälder hinter Blankenburg. Wenn dann noch Schnee liegt und die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt liegen, gefällt es den sibirischen Huskys gleich noch mal so gut. Jim, Nilan, Cena, Ane, Angy, Alfa und Amy bestätigen das mit einem freudigen Jaulen.

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