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Nordendorf: Das vergessene Denkmal von Nordendorf wird versetzt

Nordendorf

Das vergessene Denkmal von Nordendorf wird versetzt

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    Der bayerische König Ludwig I. wollte Mitte des 19. Jahrhunderts historisch bedeutende Orte in Bayern mit einem Denkmal markieren. Seit 1853 stand das Denkmal in der Dammstraße, jetzt wird es versetzt.
    Der bayerische König Ludwig I. wollte Mitte des 19. Jahrhunderts historisch bedeutende Orte in Bayern mit einem Denkmal markieren. Seit 1853 stand das Denkmal in der Dammstraße, jetzt wird es versetzt. Foto: Marcus Merk

    Seit 1853 stand das Denkmal hier, in der Dammstraße in Nordendorf. Jetzt liegt es auf der Sackkarre von Steinmetz Stefan Hampel. Dutzende Menschen haben sich im Gestrüpp zwischen der Gartenhecke und der Lärmschutzwand der Eisenbahnstrecke versammelt, darunter Bürgermeister Tobias Kunz und Kreisheimatpflegerin Gisela Mahnkopf. Sie wollen dabei sein, wenn der Obelisk seinen bisherigen Platz verlässt.

    Hampel schiebt die Karre über den Rasen, wo er den Obelisken mit einem kleinen Lastenkran auf die Ladefläche seines Pick-ups hebt. „Wir wollen den Leuten in Nordendorf wieder bewusst machen, was für eine tolle Ausgrabung hier stattgefunden hat“, sagt Wolfgang Thomer vom Kulturkreis Nordendorf, der das Projekt leitet.

    König Ludwig I. will mit dem Obelisken von Nordendorf einen alemannischen Friedhof markieren

    Der bayerische König Ludwig I. wollte Mitte des 19. Jahrhunderts historisch bedeutende Orte in Bayern mit einem Denkmal markieren. In Nordendorf würdigte er die „Fundstelle eines alemannischen Friedhofs mit 439 Gräbern aus dem 6. u. 7. Jahrhundert n. Christus ausgegraben in den Jahren 1843-1844, 1854-1855“, wie es auf der angebrachten Tafel aus dem basalt-ähnlichen Hartgestein Gabbro heißt.

    Die Inschrift berichtet über den alemannischen Friedhof.
    Die Inschrift berichtet über den alemannischen Friedhof. Foto: Marcus Merk

    „Schon damals hat man erkannt, wie wichtig diese Fundstelle ist“, sagt Gisela Mahnkopf, Kreisheimatpflegerin für Archäologie. Tausende Funde wurden dort gemacht – von Haushaltsgeräten über Waffen bis hin zu einer der wenigen erhaltenen alemannischen Inschriften auf einer Fibel. „Man kann die Runen entziffern, aber versteht die Sprache noch nicht“, erzählt Mahnkopf. Schon damals hat die Fundstelle europaweit Aufsehen erregt. Die Grabbeigaben sind heute in München und Augsburg ausgestellt. Auch die zum Gräberfeld passenden Siedlungsfunde hat man gemacht, obwohl Mahnkopf glaubt, dass man noch nicht alles entdeckt habe. „Vielleicht wurde das heutige Nordendorf darüber errichtet“, vermutet sie.

    Etwa 100 Meter von der Fundstelle entfernt, richtete König Ludwig I. einen 90 Quadratmeter großen Platz ein, auf dem der Obelisk aufgestellt wurde. Der König ließ ihn mit einer Hecke einrahmen und Lindenbäume an den Ecken pflanzen. 1929 wurde der ursprünglich aus Sandstein gefertigte Obelisk durch einen aus Muschelkalk ersetzt, weil er durch Schnee und Regen verwittert war.

    55 Jahre lang war der Obelisk von Nordendorf mit Gestrüpp zugewuchert

    Als 1965 westlich der Bahnstrecke ein Wohngebiet entstand, versäumte man es, einen öffentlichen Zugang zu dem Gelände zu lassen. 55 Jahre lang konnte man deshalb nur über private Grundstücke dorthin kommen, und selbst dann musste man sich durch Brennnesseln und Gestrüpp schlagen. Alteingesessene Nordendorfer erinnern sich aber noch an das Denkmal: „Wir haben hier früher immer gespielt“, erinnert sich etwa Eveline Dasch.

    Wolfgang Thomer hat zwei Jahre daran gearbeitet, dass die Muschelkalksäule einen neuen Platz findet. „Mittlerweile kenne ich die Inschrift schon auswendig“, sagt Thomer und lacht. Als die Bahn 2012 das Gestrüpp abholzte, um eine Lärmschutzwand zu errichten, kam auch das Denkmal wieder zum Vorschein.

    Danach ließ man das Areal wieder zuwuchern. Bis vor Kurzem war das Denkmal komplett zugewachsen. Thomer hat es vor wenigen Wochen persönlich freigeschnitten.

    Bis der Obelisk von Nordendorf an seine neue Stelle kommt, dauert es noch eine Weile

    Mit den Steinmetzarbeiten hat er Stefan Hampel aus Mertingen beauftragt: „Keine alltägliche Arbeit“, sagt Hampel, der normalerweise hauptsächlich Grabsteine herstellt. Bis der Stein wieder aufgestellt werden kann, dauert es aber noch ein bisschen. Voraussichtlich ein bis zwei Wochen vergehen noch, bis der Obelisk an seinem neuen Platz an der Auffahrt zum Kreisverkehr aufgestellt werden kann. Hampel muss ihn noch reinigen, warten bis das neu gegossene Fundament ausgehärtet ist und außerdem den Sockel ersetzen: „Der war komplett verfallen“, sagt er.

    Auch Bürgermeister Tobias Kunz freut sich, dass das Denkmal bald wieder zugänglich ist: „Die Gemeinde unterstützt es voll, auf diese bedeutenden Funde aufmerksam zu machen“, sagt Kunz. Das Denkmal soll noch mit Infotafeln ergänzt werden. Auf eine Einweihungsfeier verzichtet man noch, wegen Corona. Der Kulturkreis will sie aber nach der Pandemie nachholen.

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