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Meitingen: Das bedeutet der Produktionsstopp der Lech-Stahlwerke für die Region

Meitingen

Das bedeutet der Produktionsstopp der Lech-Stahlwerke für die Region

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    Die Lech-Stahlwerke stoppen die Produktion tageweise wegen der hohen Energiekosten.
    Die Lech-Stahlwerke stoppen die Produktion tageweise wegen der hohen Energiekosten. Foto: Marcus Merk

    Die Produktion in den Lech-Stahlwerken in Meitingen-Herbertshofen steht still. Bayerns einziger Stahlproduzent reagiert damit auf die enorm gestiegenen Stromkosten. Ein Sprecher des Unternehmens erklärt, dass Produzieren im Moment teurer sei als nicht Produzieren. "Sobald es wirtschaftlich wieder Sinn macht, werden wir die Produktion wieder hochfahren", sagt Bastian Mangliers. Geschäftsführung und Betriebsrat erklärten, dass nach vier Tagen des Stillstands am Freitag und über das Wochenende wieder gearbeitet werden könne. Langfristige Vorhersagen, wie es in den Werkshallen weitergehen soll, wagt am Donnerstag aber niemand.

    "Wir fahren auf Sicht", sagt Thomas Friedrich von der Geschäftsführung. Das bedeutet: Wenn die Strompreise sinken, wie jetzt am Wochenende, wird die Produktion hochgefahren. Steigen die Strompreise, wird sie wieder heruntergefahren. "Für unsere Mitarbeiter ist das natürlich eine Katastrophe", sagt Thomas Friedrich. Rund 75 Prozent der etwa 800 Mitarbeiter sind in der Produktion beschäftigt. Die Verwaltung arbeitet noch weiter. Der Betriebsrat befürchtet, dass bald die komplette Belegschaft zu Hause bleiben könnte, wenn sich die Lage weiter verschärft.

    Wie es für die Mitarbeiter der Lech-Stahlwerke in Herbertshofen weitergeht

    Zum einen werden Überstunden abgebaut, zum anderen steht wieder Kurzarbeit im Raum. Besonders bitter für die Mitarbeiter der Lech-Stahlwerke: Nach zwei Jahren harter Einschnitte durch die Corona-Pandemie konnte im Februar erst die letzte Abteilung aus der Kurzarbeit in den Normalbetrieb zurückkehren. Und jetzt? Freilich hätten die Lech-Stahlwerke auch Notfallpläne in der Schublade, erklärt Thomas Friedrich. "Aber nicht für einen Kriegsfall."

    Eine Prognose für die nächsten Tage, Wochen oder Monate fällt ihm schwer. Dem Betriebsratsvorsitzenden geht es ähnlich. Alles hänge jetzt davon ab, wie es in der Ukraine weitergeht, sagt Stefan Janik und fordert: "Die Politik muss dringend handeln". Sie müsse eine Lösung finden und tun, was ihr möglich ist, um die Energiekosten in den Griff zu bekommen. Das fordert auch der Unternehmenssprecher der Lech-Stahlwerke am Donnerstagabend: "Wir appellieren an die Politik dafür zu sorgen, dass die Versorgungssicherheit der energieintensiven Stahlindustrie zu vernünftigen Kosten sichergestellt wird." Der Landtagsabgeordnete der Freien Wähler, Fabian Mehring, sagt ebenfalls, dass der Staat im Bereich Energie kurzfristig aushelfen müsse. Die verheerende energiepolitische Abhängigkeit von Russland dürfe nicht beim Stahl in die nächste Importabhängigkeit führen.

    Das kostet ein Tag Stillstand in der Produktion der Lech-Stahlwerke

    Schon im Herbst des vergangenen Jahres hatte die Produktion in Herbertshofen immer wieder stillgestanden. Der Strompreis war innerhalb eines Jahres von 50 Euro pro Megawattstunde auf bis zu 400 Euro gestiegen. Das Unternehmen hatte damals erklärt, dass das wiederholte Abkühlen von Aggregaten und die häufigeren Anfahrvorgänge einen höheren Verschleiß und damit steigende Kosten verursachen würden. Nach Angaben der Geschäftsführung verlieren die Lech-Stahlwerke an jedem Tag, an dem die Produktion stillsteht, einen mittleren sechsstelligen Betrag.

    Viele rechneten damit, dass die Energiepreise am Ende der Corona-Krise wieder sinken würden. Doch dann kam der Krieg in der Ukraine und die Preise für Strom und Erdgas zogen an. Zwar sind die Auftragsbücher gut gefüllt, weil aber auch andere Unternehmen mit der schwierigen Lage kämpfen, drohen Aufträge nicht abgerufen zu werden. Mehrere Komponenten der Stahlproduktion wurden teurer und auch die Preise im Schrotthandel stiegen. Schrott wird für das Elektrostahlverfahren gebraucht, mit dem in Herbertshofen Stahl erzeugt wird. Klassische Hochöfen gibt es hier nicht. Bei der Produktion werden dadurch bis zu 80 Prozent weniger CO2 ausgestoßen als bei der herkömmlichen Stahlherstellung.

    Schrott wird in Herbertshofen zur Stahlherstellung gebraucht.
    Schrott wird in Herbertshofen zur Stahlherstellung gebraucht. Foto: Marcus Merk

    Der Meitinger Bürgermeister Michael Higl setzt darauf, dass die Lech-Stahlwerke gerade deshalb besser als herkömmliche Stahlproduzenten durch die Krise kommen könnten. Es handele sich um einen Recyclingbetrieb. "Ich habe die Hoffnung, dass der Stahlproduzent sich behaupten kann", sagt der Bürgermeister. Die Max-Aicher-Unternehmensgruppe, zu der die Lech-Stahlwerke gehören, sei bislang gut durch Krisen hindurchgekommen. Trotzdem macht Michael Higl sich Sorgen.

    Meitingen könnte durch den Produktionsstopp Steuereinnahmen verlieren

    Der Bürgermeister schätzt, dass etwa 1000 Menschen in der Region direkt von den Entwicklungen bei den Lech-Stahlwerken abhängen. Dazu gehören neben den Mitarbeitern auch Betriebe wie Wäschereien oder Handwerker. Weitere 1500 Mitarbeiter von Zulieferbetrieben könnten die Lage ebenfalls zu spüren bekommen. Langfristige Kurzarbeit oder gar der Verlust von Arbeitsplätzen hätten Folgen für die Einkommenssteuereinnahmen der Gemeinde, erklärt Michael Higl.

    Gut eine Million Tonnen Stahl produzieren die Lech-Stahlwerke in Meitingen in einem Jahr. Dafür sind nach Unternehmensangaben täglich etwa 2500 Megawattstunden Strom nötig. Das entspricht gut einem Prozent des gesamten bayerischen Stromverbrauchs. Der jährliche Erdgasverbrauch dürfte mit dem Wärmebedarf von mehr als 18.000 Einfamilienhäusern vergleichbar sein.

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