In den Gerichtssaal wird Marek P. mit Handschellen gebracht. Die sind an einer Art Gürtel befestigt, wodurch der Beschuldigte seine Arme kaum bewegen kann. Eine Sicherheitsmaßnahme, die zeigt, wovon auch das Gericht überzeugt ist: Marek P. (Name geändert) ist gefährlich. Deshalb wird der Mann, der im vergangenen Mai beinahe einen Menschen getötet hat, nun auf unbestimmte Zeit in einer Psychiatrie untergebracht. Während den vergangenen Verhandlungstagen vor dem Augsburger Landgericht zeichneten Zeugen ein genaues Bild der brutalen Hammer-Attacke am Meitinger Bahnhof.
So kam es zur brutalen Attacke mit dem Hammer am Meitinger Bahnhof
Der 34-Jährige war im vergangenen Mai gerade erst ein paar Tage zuvor aus der Haft entlassen worden. Zuletzt saß der vielfach vorbestrafte Mann wegen Körperverletzung im Knast. Schon als Jugendlicher begann er seine kriminelle Karriere. Der Pole ist mehrfach wegen Schlägereien, Diebstahl und Drogen verurteilt worden. Seinen Lebensunterhalt verdiente er eine Zeit lang als Binnenschiffer in Deutschland und den Niederlanden. Als er wegen einer Krankheit nicht mehr auf dem Schiff arbeiten konnte, driftete Marek P. offenbar völlig ab – und lebte ein Leben voller Drogen und Gewalt.
Nach seiner Entlassung in Deutschland verfiel Marek P. offenbar schnell in alte Muster. Einen der ersten Abende in erneuter Freiheit verbrachte er in München. Dort geriet der Drogensüchtige am Abend vor der Tat in eine Polizeikontrolle. Die Beamten fanden eine geringe Menge chemischer Drogen in seinem Rucksack. Ein Hammer war zu diesem Zeitpunkt offenbar nicht in seiner Tasche. Was Marek P. die Nacht über in München getan hat, bleibt unklar. Fest steht, dass er am frühen Morgen am Münchener Hauptbahnhof in den Regionalexpress nach Würzburg stieg. Der Zug war voll, einige Passagiere mussten stehen. Marek P. fand einen Sitzplatz gegenüber seines späteren Opfers. Die beiden kannten sich nicht, wechselten auch während der Zugfahrt kein Wort. Doch Marek P. hörte Stimmen. Ein Gutachter bescheinigte dem Mann eine paranoide Schizophrenie und Merkmale für eine dissoziale Persönlichkeitsstörung.
Beschuldigter litt offenbar unter Wahnvorstellungen
Die Stimmen in seinem Kopf wurden nach Aussage des Beschuldigten immer lauter. Im Gespräch mit einem Psychiater gab er an, er habe sich verfolgt gefühlt. In seiner wirren Wahrnehmung hätten es rumänische Kriminelle auf ihn abgesehen. Als der Zug gegen 6.40 Uhr am Meitinger Bahnhof einfuhr, hätten die Stimmen ihm befohlen, das Opfer anzugreifen. Marek P. folgte seinem Opfer aus dem Zug auf das Bahngleis. Als der Mann vor ihm sich beugte, um seinen Elektroroller aufzubauen, zog Marek P. einen 710 Gramm schweren Zimmermannshammer aus seiner Tasche. Mit voller Wucht schlug er damit auf den Hinterkopf des 34 Jahre alten Opfers. Der Mann sackte zu Boden und begann stark zu bluten. Sofort eilten Passagiere herbei, versorgten das Opfer und wählten den Notruf. All das wurde von Videokameras aufgezeichnet. Daran erinnern kann sich das Opfer heute kaum noch. Der 34-Jährige hatte Glück und überlebte die brutale Attacke. Marek P. ließ sich kurz nach der Tat widerstandslos festnehmen.
"Es war eine vollkommen sinnlose Tat aus dem Nichts", sagte der Vorsitzende Richter Michael Eberle. Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass der Täter sich ein zufälliges Opfer gesucht habe, das er umbringen wollte. "Grund dafür waren die Wahnvorstellungen des Beschuldigten", erklärte Erberle. Der Angreifer leide unter „vollkommenem Realitätsverlust“ und sei aufgrund der psychischen Ergänzung schuldunfähig. Weiterhin gehe von Marek P. große Gefahr aus, weshalb eine dauerhafte Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung die logische Konsequenz des Verfahrens sei, erklärte der Richter.
Stimmen in seinem Kopf sollen ihn zur Tat in Meitingen gedrängt haben
Das forderte zuvor auch Staatsanwalt Thomas Junggeburth in seinem Plädoyer. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten versuchten Mord vorgeworfen. Im Laufe der Verhandlung rückte Junggeburth davon ab. Weil Marek P. in seiner Wahnvorstellung Stimmen gehört habe, die ihn nach seiner krankhaften Wahrnehmung zur Tat gedrängt haben sollen, war juristisch von Totschlag auszugehen. Marek P. soll sogar die bizarre Vorstellung gehabt haben, das Opfer habe ihm befohlen, ihn zu schlagen. Auch Verteidiger Werner Ruisinger ging in seinem Plädoyer auf die Wahnvorstellungen seines Mandanten ein. Die Krankheit des Polen habe in ihm die wirre Vorstellung ausgelöst, er müsse die Tat begehen. Letztlich sei klar: "Mein Mandant ist dringend auf medizinische Hilfe angewiesen."
Die soll Marek P. nun in der geschlossenen psychiatrischen Einrichtung, in der er bereits seit einigen Monaten untergebracht ist, erhalten. Wann er diese wieder verlassen kann, ist unklar. Eine solche Unterbringung ist neben dem Ausspruch einer lebenslangen Freiheitsstrafe und der Sicherungsverwahrung die schärfste Waffe des Strafrechts. Sie ist zeitlich nicht befristet.