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Meitingen: Ein bunter Ort fürs Glück: In Meitingen gibt es noch Wolle zum Anfassen

Meitingen

Ein bunter Ort fürs Glück: In Meitingen gibt es noch Wolle zum Anfassen

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    Wollknäuel, wohin das Auge reicht: In der Wollstube in Meitingen bietet Ute Schmidt eine große Auswahl. Die nach Farben sortierte Regalwand sorgt für gute Laune bei Kundschaft und Inhaberin.
    Wollknäuel, wohin das Auge reicht: In der Wollstube in Meitingen bietet Ute Schmidt eine große Auswahl. Die nach Farben sortierte Regalwand sorgt für gute Laune bei Kundschaft und Inhaberin. Foto: Marcus Merk

    Rot, blau, grün, gelb - ein Potpourri aus Farben füllt in der Wollstube in Meitingen eine Wand. Nicht nur Strickbegeisterte suchen aus den Knäueln gerne etwas aus, manchmal kommen Passanten in den Laden, setzen sich eine Weile hin und wollen das bunte Allerlei nur anschauen. Mit den Worten, jetzt gehe es ihnen wieder besser, verabschieden sie sich von Inhaberin Ute Schmidt. Die Regel ist das nicht: Meistens suchen sich Frauen und vereinzelt Männer ein Garn aus oder wollen einen Rat, wenn es bei einer Handarbeit klemmt. Der Laden in

    Für Ute Schmidt ist es nicht nur ein Geschäft, sondern Herzenssache. Sie berät bei der Qualität der Wolle und der Farbauswahl. Nach ihrem Geschmack greifen vor allem junge Leute zu oft zu gedeckten Tönen, ein wenig mehr Farbe im Spiel gefällt der Strickexpertin besser. "Manchmal kann ich überzeugen, erst jüngst habe ich eine Frau von Schwarz zu Blau gebracht", erzählt sie schmunzelnd. Die Regalwand mit den nach Farbe geordneten Wollknäueln hebt ihre Stimmung, "wenn das Wetter draußen wieder mal gruselig ist". 

    Farbenfroh geht es in der Wollstube in Meitingen zu.
    Farbenfroh geht es in der Wollstube in Meitingen zu. Foto: Marcus Merk

    Ute Schmidt hat das Geschäft (vormals Lebender) im Dezember 2003 übernommen, damals war es noch in der Ludwig-Ganghofer-Straße. Kurz nach dem Start in die Selbstständigkeit wurde die gelernte Druckformenherstellerin schwanger mit ihrem vierten Kind. Kein Problem für die umtriebige Mutter. "Mein Sohn wuchs in der Wollstube auf", erzählt sie. Ein paar Jahre später ist sie mit dem Laden an den Standort in der Schlossstraße umgezogen. Von dem zentraleren Ort erhoffte sie sich mehr Laufkundschaft. 

    Viele der Kunden kommen gezielt in das Geschäft, weil sie etwas stricken wollen. Die Mundpropaganda ist für Schmidt die beste Werbung, mehr als Instagram oder Facebook. Der Service von Schmidt geht über die Beratung und den Verkauf weit hinaus. Kommen Kunden mit einzelnen gestrickten Teilen etwa für einen Pulli, näht sie das Ganze zu einem Stück zusammen. Manchmal sind es nicht die großen Hilfen, sondern Tipps, wie man die Spitze einer Socke schön hinbekommt.

    Das Einzugsgebiet der Wollstube Meitingen ist groß

    Das Einzugsgebiet des Wollgeschäfts ist inzwischen groß, da Wollgeschäfte in Gersthofen und Donauwörth geschlossen haben. Auch in Steppach hat der kleine Laden Woll-ke 10 in der Höhenstraße zugemacht. Die Kundschaft in Meitingen kommt bis aus Bobingen, Augsburg oder Günzburg. Bereits vor Corona habe das Stricken einen Boom erfahren, sagt Ute Schmidt. Als die Boshi-Mützen sehr beliebt waren, gab es am Freitagnachmittag in der Wollstube eine Männer-Häkelgruppe. Ute Schmidt weiß, woher der Trend zum Handarbeiten kommt. "Das macht die Menschen zufrieden und glücklich, wenn man selbst etwas produziert und danach vielleicht noch Lob bekommt." Stricken sei für viele Menschen, die etwa seelische Nöte haben, sehr heilsam, weil es hilft, den Kopf frei zu bekommen. Nach einer Strickrunde am Abend könne man gut einschlafen.

    Stricken macht glücklich, davon sind auch die Teilnehmerinnen des Stricktreffs in der Wollstube überzeugt.
    Stricken macht glücklich, davon sind auch die Teilnehmerinnen des Stricktreffs in der Wollstube überzeugt. Foto: Marcus Merk

    Wie glücklich stricken macht, kann man jeden Dienstagnachmittag live in der Wollstube erleben. An einem Tisch versammeln sich acht bis zehn Frauen und klappern fleißig mit den Nadeln. Anita Mohner und Manuela Hertel sind noch relativ neu dabei und froh über jeden Tipp, den sie von den erfahrenen Strickerinnen bekommen.

    Die Modefarben bei Wolle ändern sich immer wieder. Es gibt zeitlose Klassiker wie "Cool Wool" aus reiner Merinowolle.
    Die Modefarben bei Wolle ändern sich immer wieder. Es gibt zeitlose Klassiker wie "Cool Wool" aus reiner Merinowolle. Foto: Marcus Merk

    Zu den Frauen, die seit vielen Jahren bei dem Dienstagtreff dabei sind, gehört Karin Schellenberger. Sie freue sich immer auf die Geselligkeit, erzählt sie. Stolz trägt sie einen selbst gestrickten Pulli mit Lochmuster. Sie hatte im Schaufenster der Wollstube ein ähnliches Modell gesehen und nach gestrickt. Auch wenn sie zu den Profis gehört, braucht sie manchmal einen Rat. Als sie bei einem Problem mit dem Kragen nicht wegbekam, halft ihr Ute Schmidt gerne weiter. Für die Nachmittage in der Wollstube nimmt sich Schellenberger gerne etwas Unkompliziertes mit zum Stricken. Maschen zählen und konzentrieren ist schwer, weil so viel geratscht und gelacht wird. Für beste Stimmung sorgt Barbara Mossbarger. Doch die Frau aus Herbertshofen hat weit mehr als flotte Sprüche auf der Pfanne: Sie strickt im Jahr etwa 400 Paar Socken, die sie beim Weihnachtsmarkt in Thierhaupten verkauft.

    Ein Video auf Youtube ersetzt den Rat der Expertin nicht

    Die Frauen in der geselligen Runde haben Ausdauer. Im Sommer sitzen sie auch mal draußen auf Bänken bis in den Abend hinein. Die Gemeinschaft wird durch Aktionen gefördert, wie das Stricken von Mützen oder Decken für "Save the children". Für die Kinder-Stationen in Augsburg haben die Frauen Kraken- oder Bären-Figuren angefertigt. Die Frauen in der Runde sind Fans der Wollstube. Ein Video auf Youtube ersetze diese Expertise nicht, betont Anita Mohner. 

    Das Geschäft laufe gut trotz Internet-Konkurrenz, freut sich Ute Schmidt. Ihre Kundinnen würden die Farbe der Wolle gerne sehen und die Qualität anfassen. "Das sei verführerisch", scherzt eine Kundin. Als zweites Standbein verkauft Schmidt Auslaufmodelle auf Ebay. Auch die Mode bei Wolle ist schnelllebig, jedes halbe Jahr gibt es neue Ware. Die Meitingerin nimmt auch Auftragsarbeiten zum Stricken an. Oftmals gewünscht würden Babyschuhe. Angela Drexler hilft bei der Anfertigung, im Laden unterstützt Monika Hammerl. Dass Wolle und Stricken glücklich macht, davon ist Ute Schmidt nach über 20 Jahren überzeugt. Sie selbst steht nach wie vor gerne in ihrem Laden: "Ich kann jeden Abend sagen, dass ich wieder einen schönen Tag hatte."

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