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Leitershofen: Roller aus aller Welt finden in Leitershofen eine neue Heimat

Leitershofen

Roller aus aller Welt finden in Leitershofen eine neue Heimat

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    Klaus Lacher (links) und Rudolf Nebelung haben die schönsten und seltensten Roller aus aller Welt in ihrem Museum zusammengetragen. Im Tresorraum steht neben einer Lambretta von 1948 auch eine knallrote Chushman aus den USA.
    Klaus Lacher (links) und Rudolf Nebelung haben die schönsten und seltensten Roller aus aller Welt in ihrem Museum zusammengetragen. Im Tresorraum steht neben einer Lambretta von 1948 auch eine knallrote Chushman aus den USA. Foto: Marcus Merk

    Das Wirtschaftswunder war in vollem Gang, Frauen trugen Petticoats, und Nierentische schmückten die Wohnzimmer. Draußen auf den Straßen rumpelten die Menschen je nach Geldbeutel in ihren Isettas, Käfern oder einem Opel Kapitän über das Kopfsteinpflaster. In Italien aber knatterten bereits seit einigen Jahren knuffige Zweiräder durch die Straßen, die ihren Schöpfer Enrico Piaggio an eine Wespe erinnerten. Die Vespa erreichte auch in Deutschland schnell Kultstatus. In Leitershofen haben nun Klaus Lacher und Rudolf Nebelung dieses Lebensgefühl in einem Museum zusammengetragen, das in dieser Form einzigartig sein dürfte. Denn: Roller der unterschiedlichsten Marken aus zwölf Nationen stehen in der ehemaligen Sparkasse in Reih und Glied und laden die Besucher auf eine spannende Zeitreise ein.

    Klaus Lacher und Rudolf Nebelung kennen sich seit vielen Jahren. Beide kommen aus Leitershofen, beide haben Architektur studiert. Seit knapp 30 Jahren arbeiten sie sogar zusammen in einer Bürogemeinschaft in Augsburg. Doch was die beiden vor allem miteinander verbindet, ist die Leidenschaft für Roller aus Blech. Schon als 15-Jährige waren sie mit ihren Ciao-Mofas auf den Straßen unterwegs, Lacher hatte zu dem Zeitpunkt bereits seine ersten Roller gesammelt. "Sehr zum Leidwesen meiner Eltern", sagt er und schmunzelt. Die seien nämlich von der Leidenschaft des Sohns nicht so begeistert gewesen. Ähnlich erging es Rudolf Nebelung.

    Seltene Exemplare stehen im Tresorraum der früheren Kreissparkasse

    "So langsam wurden unsere Garagen daheim zum Ärger unserer Frauen immer voller", erzählt er. Vor einem Jahr entschlossen sich die beiden daher, ihre Sammlung auszulagern und auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In der ehemaligen Kreissparkasse in der Hauptstraße 17 fanden sie schließlich das optimale Domizil. Dort wo sich einst alles um das liebe Geld drehte, stehen nun die bis ins kleinste Detail liebevoll restaurierten Zweiräder aus aller Herren Länder. Und einige seltene Exemplare sind vor den Schließfächern im ehemaligen Tresorraum der Bank aufgebockt.

    "Dies ist eine Lambretta aus dem Jahr 1948", sagt Lacher stolz. Ein Roller, der im Fußraum nicht nur einen kleinen Kindersitz aus Holz hat, auch Platz für die Ehefrau ist vorhanden. "Damit sie mit ihren Röcken bequem aufsteigen konnte, hatte Lambretta den Soziusplatz als Damensitz entwickelt", erklärt Lacher. Mitfahrende konnten sich somit seitlich auf den Roller hocken und mussten nicht extra ein Bein über den Sattel schwingen. Über den Lenker konnte dann die Einkaufstasche gehängt werden. "Es war in der damaligen Zeit für Familien quasi der VW-Golf auf zwei Rädern", so Lacher. Direkt daneben sticht ein knallroter Roller von 1947 ins Auge. "Das ist ein Cushman aus den USA", klärt Nebelung auf. Konzipiert wurde dieses Modell allerdings für einen ganz anderen Zweck.

    Zu sehen in Leitershofen: Zusammenschiebbarer Roller für den Militäreinsatz

    "Dieser Roller kommt aus Los Angeles", erzählt Lacher. Eigentlich sei das Modell für den Einsatz im Krieg vorgesehen gewesen. Zusammenschiebbar wie ein Knirps-Regenschirm lasse sich der Roller leicht transportieren und sollte so vom Flugzeug aus über den Einsatzgebieten abgeworfen werden. Soldaten aber hielten von diesen Möglichkeiten offenbar nur wenig, denn durchgesetzt hat sich diese Technik nicht. Doch das Herz eines jeden Sammlers schlägt heute höher, wenn er einen Cushman entdeckt, der zum Verkauf steht. Zwei Monate lang war der Roller auf einem Frachter unter panamaischer Flagge unterwegs, bis er im Tresorraum gelandet ist. Viel Hartnäckigkeit, Erfindungsreichtum und intensive Recherche waren erforderlich, um an die seltenen Exponate zu kommen.

    Zu finden sind neben den bekannteren Marken wie Zündapp, DKW oder Puch auch unbekannte Fabrikate, unter anderem aus Russland oder Japan. Schließlich steckten der globalisierte Handel und Techniktransfer in den 1950er- und -60er-Jahren noch in den Kinderschuhen. "Jedes Land hatte damals sein eigenes Süppchen in Sachen Roller gekocht", weiß Lacher. So steht nun zwischen den in pastellig lackierten Oldtimern auch eine rostfarbene Vjatka aus

    Die Garagen werden wieder voller bei den Roller-Sammlern

    "Unser Museum kann auch für verschiedene Events gemietet werden", sagt Nebelung. Firmen könnten zwischen antiken Rollern und sogar dem passenden Mobiliar aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts Workshops organisieren, Vorträge halten oder einfach nur ein ganz besonderes Jubiläum feiern. "Wir bieten auch Führungen für Schulen oder Gruppen an, damit wird den Kindern einen Einblick in die damalige Zeit und Technik geben können", so Lacher. Noch gibt es keine festen Öffnungszeiten, doch Interessenten können sich jederzeit telefonisch oder per E-Mail melden. Eine der beiden nimmt sich dann gerne nach Absprache die Zeit, um den Besuchern zu zeigen, wie die Mobilität auf zwei Räder vor mehr als 60, 70 Jahren ausgesehen hat. Doch ein kleines Problem haben die beiden Sammler erneut. "Unsere noch vor Kurzem so schön leer geräumten Garagen sind langsam wieder ziemlich gefüllt", sagen sie. Die Zeiten des Wirtschaftswunders sind in Leitershofen also offenbar noch lange nicht vorbei.

    • Kontakt: info@blechrollermuseum.de. Der Eintritt in das Museum in der Hauptstraße 17 in Leitershofen ist frei, Termine nach Vereinbarung.
    • Aktion: Haben auch Sie Erinnerungen an die gute alte Zeit mit dem Roller? Mailen Sie uns einfach Ihre Bilder mit ein paar Sätzen an: redaktion.landbote@augsburger-allgemeine.de, Stichwort: Motorroller.
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