Die Beweislage ist eindeutig: Gerhard B. erschoss drei seiner Nachbarn. Laut Anklage muss er wie ein rücksichtsloser Killer vorgegangen sein, der sich gut auf die Tat vorbereitet hatte. Binnen Sekunden tötete B. drei Menschen aus nächster Nähe mit seiner Pistole. Während der Tat in Langweid (Landkreis Augsburg) trug er einen professionellen Gehörschutz, wie ihn Schützen auf dem Schießstand verwenden. Doch an all das will sich der Angeklagte vor Gericht bislang nicht erinnern. Schon kurz nach der Festnahme soll Gerhard B. von einem „Blackout“ gesprochen haben. Einsatzkräfte schildern am dritten Verhandlungstag ihre ersten Eindrücke des mutmaßlichen Dreifachmörders.
So kam es zur Festnahme des mutmaßlichen Mörders Gerhard B.
Es ist ein verregneter Freitag im vergangenen Juli. Bei der Polizei geht um 19.18 Uhr der erste Notruf ein. Abgesetzt von Horst N., dem Ehemann einer Getöteten. Während N. um das Leben seiner Frau kämpft, machen sich etliche Streifenwagen der Polizei auf den Weg in den nördlichen Landkreis Augsburg. Etwa eine Viertelstunde nach dem ersten Notruf ist Langweid voll davon. Gerhard B. ist zu diesem Zeitpunkt noch auf freiem Fuß. „Wir gingen zunächst von einer Amoktat aus“, erinnert sich einer der Polizisten vor Gericht.
Als er in Langweid eintrifft, ist bereits bekannt, dass Gerhard B. vermutlich in einem silbernen Golf Variant unterwegs ist. Sein Nachbar hatte während des Notrufs das Kennzeichen durchgegeben. „Auf einmal kam uns der Golf entgegen“, erinnert sich der Beamte. Mehrere zivile Einsatzfahrzeuge und Streifenwagen setzen zu einer spektakulären Verfolgungsjagd an. Offenbar ziellos fährt Gerhard B. durch Langweid und Stettenhofen in Richtung Foret, während die Polizei Straßensperren einrichtet. Der Schütze registriert offenbar, dass er verfolgt wird. Um 19.45 Uhr, keine halbe Stunde nach dem ersten Notruf, gibt der mutmaßliche Mörder auf.
Polizist über mutmaßlichen Langweid-Mörder: „Er wusste, dass er etwas sehr Schlimmes getan hat“
Auf einem Firmenparkplatz am Ortsrand steigt Gerhard B. aus seinem silbernen Golf. Die Polizei hält in sicherem Abstand von etwa 50 Metern. „Wir sind vom Schlimmsten ausgegangen. Also dass er eine Waffe hat und gefährlich ist“, sagt einer der Polizisten: „Ich habe immer wieder geschrien: Hände hoch und auf den Boden.“ Gerhard B. macht, was die Polizei von ihm verlangt. Während vier Beamte die Arme und Beine des 64-Jährigen festhalten, leistet der Schütze keinen Widerstand. „Er war kooperativ und höflich“, erinnert sich einer der Polizisten. Mit klarer Stimme antwortet B. auf die ersten Fragen der Polizei. Geistesgegenwärtig erklärt der Schütze, wo seine Waffen sind, dass von ihm keine Gefahr mehr ausgehe und er der Gesuchte sei. An die Tat wollte er sich aber schon damals nicht mehr konkret erinnern. „Er sagte immer wieder, dass er einen Blackout hatte, eine Kurzschlussreaktion“, erinnert sich ein Polizist vor Gericht. „Aber er wusste, dass er etwas sehr Schlimmes getan hat.“
Nach der Festnahme wird B. in einem Streifenwagen in eine Arrestzelle nach Augsburg gebracht. Auch auf dem Weg dorthin verhält sich der Angeklagte laut Polizei unauffällig. „Man konnte ihm nicht anmerken, was gerade passiert war“, schildert einer der Beamten.
Auch vor Gericht zeigt Gerhard B. bislang wenig Emotion. Sein Verteidiger Walter Rubach erklärte zuletzt, B. könne sich sein Verhalten nur als „Folge einer vollständigen psychischen Entgleisung“ vorstellen. Das Verfahren gegen ihn wird am 6. Mai im großen Schwurgerichtssaal des Augsburger Landgerichts fortgesetzt. Ein Urteil wird im Juli erwartet.
Anmerkung der Redaktion: Der Angeklagte legt keinen Wert darauf, auf Foto- und Videomaterial unkenntlich gemacht zu werden. Daher zeigen wir Gerhard B. in unserer Berichterstattung unverpixelt.