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Langweid: Diese zwei Mädchen retten eine Ertrinkende aus dem Badesee in Langweid

Langweid

Diese zwei Mädchen retten eine Ertrinkende aus dem Badesee in Langweid

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    Mit diesem Rettungsring schwamm Miley (links) zu der Frau, die verzweifelt um Hilfe rief. Ihre Freundin Vivienne und eine Passantin zogen die Bewusstlose anschließend ans Ufer.
    Mit diesem Rettungsring schwamm Miley (links) zu der Frau, die verzweifelt um Hilfe rief. Ihre Freundin Vivienne und eine Passantin zogen die Bewusstlose anschließend ans Ufer. Foto: Andreas Lode

    Auf diesen Nachmittag haben sich die Mädchen schon lange gefreut. Kiara wollte an diesem Donnerstag ihren 13. Geburtstag am Badesee in Langweid mit ihren Freundinnen feiern. Mit dabei: die zwölfjährige Miley und die ein Jahr ältere Vivienne. Doch was als unbeschwerte Party begann, endete tragisch. "Plötzlich hörte ich laute Hilferufe und sah, wie mitten im See eine Frau verzweifelt mit den Armen um sich schlug", erinnert sich Miley. Ohne zu zögern, reagierten die Mädchen sofort.

    Auch Tage später fällt es den beiden Mädchen nicht leicht, über das Erlebte zu sprechen. Mit dem Fahrrad waren die beiden zu dem Badesee gefahren, um am Ufer des Sees einen fröhlichen Nachmittag zu verbringen. "Wir hatten noch mitbekommen, dass eine ältere Frau mit dem

    Der Kopf der Frau war bereits mehrfach unter Wasser geraten

    Sofort sprangen Miley und Vivienne auf. Mit einem Blick erfassten sie die gefährliche Situation. Die Zwölfjährige schnappte sich den Rettungsring und schwamm in voller Montur mit einer weiteren Frau auf die Ertrinkende zu. Badekleidung hatten die Freundinnen nicht dabei, zudem war Schnelligkeit geboten. Lediglich ihre Schuhe hatten die Mädchen bereits kurz nach dem Eintreffen am See ausgezogen. "Ich hielt den Reifen in der rechten Hand und paddelte mit der anderen zu der Frau", erinnert sich Miley. Vivienne kontrollierte derweil vom Ufer aus zusammen mit einer weiteren Passantin die Rettungsleine. Jede Sekunde zählte. Der Kopf der Frau war bereits mehrfach unter Wasser geraten, ihre Armschläge wurden immer schwächer.

    "Als wir bei der Frau angekommen waren, hielt ich mit der einen Hand ihren Kopf über Wasser und mit der anderen ihrem Arm, damit sie nicht untergeht", erzählt Miley. Zusammen mit der anderen Retterin gelang es, die Frau mit dem Rettungsring zu sichern. "Sie war jedoch bereits bewusstlos und auch schon ganz blau im Gesicht", erzählt Miley mit leiser Stimme. Mit vereinten Kräften zogen Vivienne und die andere Passantin, so schnell es ging, die 61-Jährige ans Ufer. Einige junge Leute hatten die Rettungsaktion ebenfalls bemerkt und halfen dabei, die Bewusstlose an Land zu ziehen.

    Weitere Retter haben sofort mit der Herzdruckmassage begonnen

    "Ein etwa 18 Jahre alter Mann hat dann mit einer anderen älteren Frau versucht, sie zu reanimieren", erinnert sich Vivienne. Der Jugendliche hätte regelmäßig den Puls gemessen und ihren Kopf gehalten, die Frau mit einer Herzdruckmassage begonnen. Zwischenzeitlich war auch die Polizei am Unfallort eingetroffen. "Ich erinnere mich noch, dass ein Beamter sagte, das werde wohl nichts mehr", sagt Vivienne. Ein riesengroßer Schock sei diese Aussage für sie gewesen. Doch der Polizist sollte nicht recht behalten.

    Kurz nach dem Eintreffen der Polizei waren auch Feuerwehr und BRK vor Ort. "Als ich sah, dass nach einiger Zeit die Frau eine Infusion bekam und dann in den Krankenwagen gelegt wurde, wussten wir, dass sie noch am Leben ist", sagt Miley. Die Zwölfjährige weiß ganz genau, wie solche Rettungsaktionen funktionieren und was die einzelnen Maßnahmen bedeuten. Denn: "Mein Vater war zwölf Jahre lang bei der Polizei und hat mir viel beigebracht", sagt sie. So habe er ihr nicht nur Selbstverteidigung gelernt, sondern auch erklärt, wie wichtig, es ist, dass Menschen Zivilcourage zeigen. Kein Verständnis haben die beiden Schülerinnen daher für das Verhalten einiger anderen Augenzeugen.

    Miley Henle ist eine der bekanntesten Youtuberinnen Deutschlands

    "Aus der Kleingartenanlage am gegenüberliegenden Ufer kamen zwar einige Personen rausgelaufen, die haben dann aber lediglich mit dem Fernglas die Rettungsaktion beobachtet", sagt Vivienne und schüttelt den Kopf. Auch Miley wäre niemals auf die Idee gekommen, einfach nur zuzuschauen, oder die dramatischen Momente gar mit dem Handy zu filmen oder zu fotografieren. Dabei ist sie als eine der bekanntesten Youtuberinnen Deutschlands mit ihrem Kanal "Mileyswelt" äußerst erfolgreich und kann mit einer Kamera bestens umgehen. "Unsere Eltern haben uns aber schon von klein auf beigebracht, dass man bei Unfällen nicht gaffen soll", betont Miley. Stattdessen solle man einfach weitergehen oder, besser noch, seine Hilfe anbieten. Dies haben Miley und Vivienne verinnerlicht.

    Im Schwimmunterricht ihrer Schule hat Miley zudem gelernt, was bei der Rettung von hilflosen Personen aus dem Wasser zu beachten ist. Miley hat keine Angst vor dem nassen Element. Im Gegenteil "Sie war schon als Kind eine absolute Wasserratte", sagt ihre Mutter Aynur Henle. Doch dass jemand ohne zu zögern in einen See springt, um einen hilflosen Menschen zu retten, ist alles andere als selbstverständlich. "Vor diesem Mut muss man den Hut ziehen", sagt der Dienstgruppenleiter der Polizeiinspektion Gersthofen, der einer der Ersten am Unfallort war und sofort mit der Herzdruckmassage begonnen hatte. Auch das besonnene Verhalten ihrer Freundin Vivienne könne nicht hoch genug gelobt werden. Beide Mädchen sollen nun laut Polizei für die Verleihung der Bayerische Rettungsmedaille vorgeschlagen werden. Für sie war ihre Rettungsaktion jedoch eine Selbstverständlichkeit.

    Beide Mädchen gehen gemeinsam aufs Gymnasium

    "Vivienne hatte schon als kleines Kind ein ausgeprägtes Helfersyndrom", sagt ihre Mutter Madeleine Wehner. Und auch Miley sei von ihrem Vater Robert durch seine frühere Arbeit als Polizist stark geprägt worden, bestätigt Aynur Henle. In seine Fußstapfen aber will die Zwölfjährige nicht treten. "Ich würde lieber Flugbegleiterin werden", sagt Miley. Ihre Freundin Vivienne hingegen kann sich durchaus vorstellen, später einmal Uniform zu tragen. "Ich möchte Polizistin werden und nach der Ausbildung zur Kripo gehen", verrät sie. Bis es so weit ist, haben die beiden Mädchen aber noch ein paar Jahre Zeit. Beide besuchen noch das Gymnasium, und bis zum Abitur dauert es noch etwas.

    Umso mehr genießen sie daher den Urlaub mit ihren Eltern und Geschwistern. Bei einem Freizeitvergnügen aber sind Miley und Vivienne nach den dramatischen Erfahrungen nun äußerst vorsichtig. "Wenn ich jetzt jemanden beim Baden sehe, habe ich sofort Angst, dass die Person untergehen könnte", gesteht Vivienne. Und auch Wasserratte Miley will zumindest im Langweider Badesee momentan nicht schwimmen gehen. Es sei denn, es sei Not am Mann. Dann würden die Mädchen sofort wieder ins Wasser springen. Ohne zu zögern.

    Hinweis der Redaktion (15. Juni 2022): Mittlerweile hat der Bruder der Verunglückten unserer Redaktion mitgeteilt, dass die 61-Jährige den Badeunfall nicht überlebt hat.

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