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Landkreis Augsburg: „Wir bieten allen eine Wohnung, die auf dem freien Markt keine Chance haben“

Landkreis Augsburg

„Wir bieten allen eine Wohnung, die auf dem freien Markt keine Chance haben“

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    Die WBL unterhält in vielen Kommunen des Landkreises staatlich geförderte Wohnungen. Vor ein paar Jahren entstand dieses Mehrfamilienhaus in Diedorf.
    Die WBL unterhält in vielen Kommunen des Landkreises staatlich geförderte Wohnungen. Vor ein paar Jahren entstand dieses Mehrfamilienhaus in Diedorf. Foto: Andreas Lode

    Herr Hartmann, sie haben gerade 75 Jahre WBL gefeiert – das Konstrukt von damals stammt noch aus einer völlig anderen Zeit, noch nicht einmal den Landkreis Augsburg in seiner heutigen Form gab es damals. Warum wurde die WBL überhaupt 1949 gegründet?
    JOSEF HARTMANN: In der Nachkriegszeit gab es auch im Landkreis Augsburg einen großen Mangel an Wohnraum, nicht nur in der Stadt. Viele Familien mussten sich mit anderen eine Wohnung teilen. Deshalb beschlossen der damalige Landrat Albert Kaifer und einige Bürgermeister 1949 die Gründung der „Gemeinnützigen Kreiswohnungsbauhilfe GmbH“ mit Sitz in Göggingen. Die ersten Wohnungen entstanden auch dort, denn die damalige Marktgemeinde Göggingen lag im Landkreis Augsburg. Bis 1970 sind so in verschiedenen Kommunen im Landkreis 3600 Wohnungen entstanden. Seit 1971 heißt das kommunale Unternehmen übrigens Wohnungsbau GmbH für den Landkreis Augsburg - WBL.

    Deshalb liegen auch heute noch eine Reihe von Wohnungen der WBL in der Stadt Augsburg.
    HARTMANN: Genau. Die Kreiswohnungsbauhilfe und die WBL haben damals nur im Landkreis Augsburg gebaut, aber der hat sich eben mit der Gebietsreform 1972 verändert. Deshalb gibt es auch heute noch insgesamt knapp 2000 WBL-Wohnungen in den heutigen Augsburger Stadtteilen Göggingen, Haunstetten und Inningen. Neben dem Landkreis Augsburg mit knapp 57 Prozent Anteil ist die Stadt Augsburg zweitgrößter Gesellschafter der WBL mit gut 16 Prozent. Die Städte Gersthofen und Stadtbergen halten jeweils rund acht Prozent, weitere Städte und Gemeinden haben einen geringeren Anteil. Die WBL ist weiterhin in Augsburg aktiv, neben der Instandhaltung und Modernisierung auch im Neubau, meist als Ersatz für nicht mehr modernisierbare Bestandsgebäude.

    Sie hatten vorhin gesagt, dass bis in die Siebzigerjahre hinein besonders viele Wohnungen entstanden sind. Das bedeutet, dass diese heute ein gewisses Alter haben. Sind Sie bei der WBL inzwischen hauptsächlich mit Modernisierungen beschäftigt?
    HARTMANN: Wie zuvor erwähnt, in den Jahrzehnten nach dem Krieg war der Druck besonders hoch. Damals war das Bauen aber auch einfacher, was die Vorgaben betrifft - und man hat einfacher gebaut, wenn es um die Bauweise ging. In den Wohnungen von damals lag in der für die Zeit typischen Bauweise oft Zimmer an Zimmer, Flure waren da eher selten. Seit etwa 1995 sind wir viel mit Modernisierungen beschäftigt, das stimmt. Inzwischen haben nahezu alle unserer Wohnungen Zentralheizungen, die Einzelöfen von damals gibt es nicht mehr. Auch energetisch sind wir bei unseren Gebäuden inzwischen auf einem wirklich guten Stand. Jedes Jahr investieren wir etwa zehn Millionen Euro in Modernisierungen. Manchmal lohnt sich das jedoch nicht mehr und wir ersetzen Gebäude komplett. Der überwiegende Teil unserer Wohnungen stammt aber tatsächlich aus den Fünfziger und Sechziger Jahren.

    Wie viele neue Wohnungen kommen denn jährlich zu ihrem Bestand?
    HARTMANN: Unser Bestand liegt weiterhin bei knapp 5000 Wohnungen. Um 2018/19 sind eine Reihe neuer Wohnungen entstanden, aber im Moment ist das Umfeld nicht besonders investitionsfreundlich, begonnen hat das mit der Coronazeit. Dennoch befinden sich bei uns gerade 35 Wohnungen in Langweid und 24 Wohnungen in Schwabmünchen im Bau. Für die nächsten Jahre sind der Neubau von 24 Wohnungen in Westheim und 45 Einheiten in Schwabmünchen fest eingeplant. Doch die Bautätigkeit verläuft nicht linear. Mal werden in einem Jahr bis zu 100 neue Wohnungen fertig, mal sind es nur 30. Einen großen Anteil hat auch das Umfeld. Vor wenigen Jahren lag der Zinssatz noch bei einem Prozent, jetzt sind es etwa 3,5. Zudem sind die Baukosten gestiegen. Das spüren nicht nur wir. Bundesweit gehen Baugenehmigungen weiter zurück. Doch es gibt Hoffnung: Aktuell geht der Zinssatz wieder leicht zurück, da kann man schon wieder planen.

    Die Wohnungsbaugesellschaft ist ein Modell aus der Nachkriegszeit. Hat sie heute noch ihre Berechtigung?
    HARTMANN: Ganz eindeutig ja. Früher haben wir gelegentlich auch Mietwohnungen ohne Wohnbauförderung gebaut. Aber diese Wohnungen müsste man bei den heutigen Bau- und Finanzierungskosten für 16 bis 18 Euro pro Quadratmeter vermieten. Das ist nicht unser Anspruch, wir wollen bezahlbare Wohnungen anbieten. Wir werden anderweitig gebraucht, genauso wie genossenschaftliche Wohnungsunternehmen. Wir bieten allen eine Wohnung an, die kaum eine Chance auf dem freien Wohnungsmarkt haben, egal, welcher Herkunft sie sind. Und wer einen dringenden Wohnungsbedarf hat, zumal mit Kindern, der wird bei uns bevorzugt behandelt. Auf dem privatwirtschaftlichen Wohnungsmarkt ist vielfach das Gegenteil der Fall. Keine Kinder, keine Haustiere, das wünschen sich viele Vermieter. Ich denke, wir werden heute dringender gebraucht als in vielen Jahren zuvor.

    Zur Person

    Josef Hartmann ist Geschäftsführer der WBL. Die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises hat rund 5000, meist preisgünstige Wohnungen in und um Augsburg. Der Schwerpunkt des Bestandes befindet sich in Augsburg sowie in Gersthofen.

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