Die Berichterstattung über die Insolvenz der Firma Solarkraftdeutschland in unserer Zeitung sorgte für Aufruhr. Selbst aus dem Ausland meldeten sich Menschen, die alle Kontakt zu der Firma und den führenden Personen hatten. Den eigenen Namen nannte aber niemand, aus Angst vor dem Mann aus dem Augsburger Land, der dort faktisch die Geschäfte führt. Die Insolvenz der Solarkraftdeutschland ist längst nicht seine erste. Da er lenkte und leitete, aber nie unterschrieb, kann er auch rechtlich nicht belangt werden. Nun gibt es ein neues Unternehmen. Und die Befürchtung scheint groß, dass wieder Menschen, die eine Photovoltaik-Anlage wollen, Geld verlieren. So wie bei der Insolvenz der Firma Solarkraftdeutschland.
Dort galt: „Erst wenn die Kunden 70 Prozent des Auftragswerks bereits bezahlt hatten, ging die Planung damals überhaupt los. Wenn die Waren geliefert wurden, waren weitere 20 Prozent fällig. Da hatte der Kunde fast alles bezahlt – aber noch gar nichts bekommen“, erinnert sich ein ehemaliger Mitarbeiter. Ein Branchenkenner sagt: „Das Problem ist, dass Firmen, die Photovoltaikanlagen verkaufen, selbst in Vorleistung gehen müssen. Manche haben kein großes Lager. Also müssen die Kunden Anzahlungen leisten.“ 30 bis 60 Prozent als Vorleistung seien normal - doch die Solarkraftdeutschland verlangte neben den 70 bis 90 Prozent noch mehr: einen Aufschlag für eine 40 Jahre lange Garantie.
Solarkraft-Kunden ließ man offenbar gezielt zappeln
„Mehrere Kunden hatten schon fast alles bezahlt – aber am Ende nicht die gewünschte Photovoltaikanlage, weil der Auftrag nicht mehr fertiggestellt oder nicht mehr begonnen werden konnte“, sagt Insolvenzverwalter Dean Didovic, der inzwischen den Geschäftsbetrieb im Insolvenzverfahren abwickelt. Ein anderer ehemaliger Mitarbeiter verrät, man habe die Kunden gezielt wochenlang zappeln lassen, um ihnen zu vermitteln, wie stark nachgefragt Solarkraftdeutschland war. Das führte immer wieder zu Beschwerden. Zudem seien weitere Kunden gewonnen worden, als die Bestände längst zusammengeschmolzen waren und nichts mehr nachbestellt wurde.
Kein gutes Haar lässt ein langjähriger Bekannter an dem Solar-Firmen-Chef aus dem Kreis Augsburg. „Seit mehr als zehn Jahren warte ich darauf, dass dem das Handwerk gelegt wird. Ich könnte ein Buch darüberschreiben, mit dem Titel: ‚Von der Privatinsolvenz durch Betrug zum Millionär‘.“ Der ehemalige Freund sei kriminell und würde weiter „Leute abzocken“. Geschäftsführerin der insolventen Solarkraftdeutschland war unter anderem Claudia Mayr.
Nicht nur die Konditionen für die Mitarbeitenden waren schlecht
Faktischer Chef der Firma Solarkraftdeutschland soll Claudia Mayrs Ehemann Norman gewesen sein. Laut ehemaliger Mitarbeitender stellte er Leute ein, kündigte ihnen, unterschrieb aber nie etwas. Der Druck, Anlagen zu verkaufen, sei enorm gewesen. Ein Kollege sei nach einer Corona-Erkrankung zurückgekommen, das habe der Chef nicht akzeptiert und nach der Rückkehr des Kranken gesagt: „Wenn Du das nochmal machst, schmeiße ich Dich raus.“ Einem anderen sei mitten im Urlaub gekündigt worden. Dann sollte er mit einer neuen Probezeit anfangen. Am Ende habe der Mitarbeiter einen neuen Vertrag mit schlechteren Konditionen bekommen.
Wie viel mit den Solarkraftanlagen verdient wurde, zeigten die Limousinen in der ehemaligen Werkhalle in Augsburg. Dort fanden sich auch Produkte anderer Firmen wie Legatio, ein Nahrungsergänzungsmittel. Weitere Firmen Mayrs waren wohl Solife, Carpe Solem oder DS Concept UG. Der Personenkreis der betreffenden Geschäftsführer ähnelt sich. Sprechen wollte mit uns niemand; Claudia Mayr mit Verweis darauf, dass sie seit 2022 Solarkraftdeutschland nicht mehr leitet, auch nicht.
Mehrere frühere Mitarbeitende von Solarkraftdeutschland sollen nach Brancheninsidern nun für die Deutsche Solarkraft, DSK, tätig sein. Sie wirbt im Landkreis Augsburg für den Kauf von Photovoltaikanlagen. So fand erst vor wenigen Wochen eine Veranstaltung in Gersthofen statt. Auf der Internetseite des Unternehmens unter dsk.gmbh wird für „Die erstaunlichen Vorteile von Solarenergie“ geworben. Dass die DSK trotz ihres kurzen Bestehens auf ihrer Homepage bereits auf sehr viele Referenzen verweisen kann, liegt daran, dass auch eine Photovoltaik-Anlage der Firma Carpe Solem, ebenfalls einst geleitet von Norman Mayr, dort aufgeführt ist. Eine andere Stichprobe ergab, dass die gezeigte Anlage bereits 16 Jahre alt - definitiv älter als die DSK. Eine weitere Referenz mit dem Titel „Klosterlechfeld“ zeigt ein Gebäude, das seit mindestens zehn Jahren auf dem Dach Sonnenstrom sammelt. Doch ein aufkeimendes Interesse an der DSK bemerkt eine Firma, die schon vor vielen Jahren mit Norman Mayr ein Geschäft gemacht hat. „Seit 14 Tagen ruft dauernd jemand wegen unserer Photovoltaik-Anlage an“, sagt ein Unternehmer.
Ehemalige Weggefährten und Mitarbeitende fragen sich derweil, warum Staatsanwaltschaft und Finanzamt noch nicht aktiv geworden sind. „Man müsste die Familie Mayr doch nur im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung fragen, wie sie überhaupt ihr Geld verdient und was sie davon versteuert hat“, schlägt einer vor.
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