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Region Augsburg: So bewerten Politiker aus der Region das Ende der Ampel-Koalition in Berlin

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So bewerten Politiker aus der Region das Ende der Ampel-Koalition in Berlin

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    Die Reaktionen nach dem Ampel-Bruch fallen unterschiedlich aus. (Archivbild)
    Die Reaktionen nach dem Ampel-Bruch fallen unterschiedlich aus. (Archivbild) Foto: Bernd Weißbrod, dpa

    Mitten im turbulenten Geschehen im Parlament in Berlin ist der CSU-Abgeordnete Hansjörg Durz aus Neusäß. Er sagt, er sei vom Zeitpunkt der Entlassung Lindners und von den harten Worten des Kanzlers überrascht gewesen. Durz: „So habe ich Scholz noch nie erlebt.“ Zwar habe sich in Gesprächen mit Kollegen aus der Ampel ein Ende der Regierung abgezeichnet, doch noch nicht am Mittwochabend. Durz selbst spricht von Erleichterung, ja sogar von Erlösung. „Die Lähmung der Regierung war immer stärker zu spüren.“ Seine Fraktion fordere schnelle Neuwahlen, „alles andere wäre eine Hängepartie“. Wie die Arbeit in den nächsten Wochen im Bundestag weitergeht, sei derzeit völlig unklar. Da die Regierung ohne Mehrheit ist, werde gerade verhandelt, was überhaupt noch zur Abstimmung auf die Tagesordnung kommen wird. Nach dem Eindruck von Durz sind es gerade „historische Zeiten“. So etwas habe es in dieser Art noch nie gegeben.

    Bundestagsabgeordneter Hansjörg Durz aus Neusäß hat das Ende der Koalition in Berlin hautnah miterlebt. Auch die CSU-Kreisvorsitzende Carolina Trautner äußert sich dazu.
    Bundestagsabgeordneter Hansjörg Durz aus Neusäß hat das Ende der Koalition in Berlin hautnah miterlebt. Auch die CSU-Kreisvorsitzende Carolina Trautner äußert sich dazu. Foto: Augsburger Allgemeine

    Auch in Berlin vor Ort ist die SPD-Bundestagsabgeordnete Heike Heubach aus Stadtbergen. Wirklich überraschend kam für sie das Aus der Koalition nicht mehr, berichtet sie. „In den letzten Tagen haben sich die Anzeichen für einen Bruch der Koalition so sehr verdichtet, dass dieser zu erwarten war. Bis Mittwochabend habe ich gehofft, dass sich in der Koalition eine gute und richtige Lösung für Deutschland findet und alle - auch die Ministerinnen der FDP - ihrer Verantwortung gerecht werden.“ Für sie steht fest: „Durch die Haltung der FDP ist die Koalition gescheitert. Viel zu oft hat die FDP, hat Christian Lindner eigene Interessen sowie die der Partei über die Interessen des Landes gestellt. So eine FDP ist in Regierungsverantwortung nicht mehr tragbar.“ Am wichtigsten sei nun, Gesetzgebungsprozesse, die bereits im Entstehen sind, seriös abzuarbeiten. „Hier kommt es auf die demokratische Mitte an. Auch die CDU/CSU ist hier gefordert, ihren Reflex der Häme zu unterdrücken und stattdessen konstruktiv an Lösungen mitzuarbeiten und sich ihrer staatstragenden Rolle als größte Oppositionspartei bewusst zu werden.“

    Heike Heubach (SPD) hat erst vor wenigen Wochen ihre erste Rede im Bundestag gebärdet. Sie teilt jetzt mit, dass das Ende der Koalition abzusehen war.
    Heike Heubach (SPD) hat erst vor wenigen Wochen ihre erste Rede im Bundestag gebärdet. Sie teilt jetzt mit, dass das Ende der Koalition abzusehen war. Foto: Carla Benkö/dpa

    Nach Ansicht von Bayerns Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) hat die Ampel das Land „ins größte politische Chaos der Nachkriegszeit gestürzt“. „Während Krieg in Europa tobt, unsere Wirtschaft in der Krise steckt und der Ausgang der US-Wahlen globale Unsicherheit erzeugt, steht Deutschland nackt auf der Weltbühne.“ Ohne handlungsfähige Regierung, ohne mehrheitsfähigen Haushalt - planlos und führungslos in schwierigsten Zeiten, so Mehring weiter. Das Land brauche einen Richtungswechsel zugunsten einer bürgerlichen Regierung.

    Bayerns Digitalminister Fabian Mehring hält es für unverantwortlich, dass die Ampel ausgerechnet jetzt hinwirft.
    Bayerns Digitalminister Fabian Mehring hält es für unverantwortlich, dass die Ampel ausgerechnet jetzt hinwirft. Foto: Digitalministerium Bayern

    Für Christian Toth gibt es in der FDP „zu viele Egoisten“

    Für Christian Toth, FDP-Stadtrat in Königsbrunn, war es absehbar, dass die Ampel nicht durchhält. Er finde den vorgezeigten Weg von Bundeskanzler Scholz in Ordnung, am 15. Januar die Vertrauensfrage zu stellen. Toth sagt auch, er habe vor dem deutlichen Kanzler-Statement Respekt. „Als Selbstständiger weiß ich, man kann montags bis freitags streiten, aber samstags muss man dann auch mal auf den Tisch hauen und spätestens am Montag wieder anfangen zusammenzuarbeiten.“ Die FDP müsse bei Neuwahlen um den Wiedereinzug bangen, fürchtet Toth. Seiner Meinung nach sind in der Partei „zu viele Egoisten“. „Wir müssen jetzt die zweite Reihe stark machen.“ Zukünftig brauche es ehrliche Politiker ohne Grabenkämpfe. Toth kritisiert die Streitigkeiten in letzter Zeit: „Jeder wollte der Erste sein, der etwas an die Presse durchstößt.“ Toth kündigt an, dass die FDP aus dem Augsburger Land eine Kandidatin zur Bundestagswahl aufstellen werde.

    Maximilian Funke-Kaiser hat eine klare Meinung zur Entwicklung. „Wir brauchen jetzt Neuwahlen. Wir als FPD wollen auch Teil der nächsten Bundesregierung sein und dann Gott sei Dank ohne Scholz.“ Funke-Kaiser ist FDP-Bundestagsabgeordneter für Augsburg und Nordschwaben. „Ich werde auf keinen Fall die letzten drei Jahre unserer Bundesregierung schlechtreden. Wir haben viele wichtige Dinge angeschoben“, sagt der 30-Jährige, aber: „Es gab kein Vertrauen untereinander, die Koalitionspartner haben sich von Tag eins nicht an den Vertrag gehalten. Aus politischer Verantwortung sind wir als FDP in der Ampel geblieben.“ Der Abgeordnete spricht auch davon, dass Kanzler Scholz Lindner zu „Verfassungsbruch aufgefordert“ habe, in dem er die Schuldenbremse aussetzen wollte. Aus Sicht von Funke-Kaiser sei der Kanzler vorbereitet gewesen, die Entlassung sei nicht spontan erfolgt. Dagegen, so der 30-Jährige, habe man gemerkt, dass Lindner überrascht war.

    Maximilian Deisenhofer bezeichnet Lindners Verhalten als „schäbig“

    Als „schäbig“ bezeichnete es der Grünen-Landtagsabgeordnete Maximilian Deisenhofer, dass Christian Lindner „allein aus Parteitaktik“ die Koalition platzen lässt. Deisenhofer: „Wir sehen nun, dass nicht einmal die FDP geschlossen hinter Lindners Crashkurs steht. Dieses unrühmliche Ende passt zum schlechten Bild, das die Ampel insgesamt abgegeben hat.“ Die Grünen wären ehrlich und ernsthaft darum bemüht gewesen, die Geschäfte bis zum eigentlichen Wahltermin im Herbst 2025 zu führen. Über den Bundeskanzler sagt Deisenhofer: „Ich habe Olaf Scholz bislang als keinen starken Kanzler wahrgenommen. Er hat lediglich versucht, die ständigen Querschüsse aus der FDP wegzumoderieren. Wir Grüne werden jetzt weiter staatspolitische Verantwortung für unser Land in dieser schwierigen Lage übernehmen. Bis zum Wahltermin im März muss Deutschland handlungsfähig bleiben.“

    Maximilian Deisenhofer (Grüne) hält das Vorgehen von Christian Lindner für „schäbig“.
    Maximilian Deisenhofer (Grüne) hält das Vorgehen von Christian Lindner für „schäbig“. Foto: Bernhard Weizenegger

    Für die CSU-Landtagsabgeordnete und frühere Sozialministerin Carolina Trautner habe sich in den vergangenen Wochen und Monaten abgezeichnet, dass die Ampel-Koalition die Gemeinsamkeiten vollständig aufgebraucht hat. Sie seien ohnehin von Beginn an gering gewesen. Keiner der drei Koalitionsfraktionen habe den Mut gehabt, dies offen auszusprechen und den Koalitionsvertrag, der nach dem Angriffskrieg Putins auf die Ukraine eigentlich neu ausgehandelt hätte werden müssen, in Frage zu stellen, um auf die veränderte politische Lage entsprechend zu reagieren. Trautner geht mit der Ampel hart ins Gericht: „Großen Ankündigungen, wie die ausgerufene Zeitenwende, sind leider nicht die entsprechenden Taten gefolgt. In einer komplizierten Situation, in der unsere Volkswirtschaft hätte gestärkt werden müssen, fehlte der Ampel die Kraft und der gemeinsame Nenner, um darauf angemessen zu reagieren.“ Der gewählte Zeitpunkt für das Ampel-Aus, am Tag nach der Wahl eines neuen US-Präsidenten, sei denkbar ungünstig. Man habe es zu einem regelrechten „Showdown“ kommen und damit Verunsicherung in der deutschen Bevölkerung aufkommen lassen.

    Es ging einfach nicht mehr

    Simone Strohmayr, Bayerische SPD-Landtagsabgeordnete

    Erleichtert äußert sich auch SPD-Landtagsabgeordnete Simone Strohmayr: „Ich bin erst mal froh, dass die Hängepartie beendet ist. Es ging einfach nicht mehr“, sagt sie. Die Abgeordnete ist überzeugt, dass die Konzepte der Sozialdemokraten den Menschen und dem Land guttun, nämlich: eine antizyklische Haushaltspolitik, bei der nicht gespart wird, wenn es dem Land schlecht geht, Aussetzen der Schuldenbremse, eine aufgeklärte Gesellschaft und Einsatz für die Rechte der Frauen. Darauf müsse sich die SPD nach dem Ende der Ampel wieder fokussieren und dabei immer die Ärmsten der Gesellschaft im Blick behalten. „Wir leben in unsicheren Zeiten. Die Frage ist, wie kann ich den Menschen wieder Sicherheit geben - das müssen wir als Sozialdemokraten halt auch schaffen!“, sagt sie. Und schließt: „Wir sollten jetzt den Blick nach vorne richten“.

    Simone Strohmayr ist eine profilierte Bildungs- und Sozialpolitikerin der SPD im bayerischen Landtag. Sie empfindet beim Ende der Koalition auch „Erleichterung“.
    Simone Strohmayr ist eine profilierte Bildungs- und Sozialpolitikerin der SPD im bayerischen Landtag. Sie empfindet beim Ende der Koalition auch „Erleichterung“. Foto: Marcus Merk

    Für Karl-Heinz Faller, Vorsitzender des FDP-Kreisverbandes Aichach-Friedberg, kommt das Ampel-Aus nicht überraschend: „Das war absehbar. Die Positionen waren zu weit auseinander, sodass eine funktionierende Regierung nicht mehr möglich war. Dann hat man den Menschen gegenüber die Pflicht, neue Konstellationen zuzulassen.“ Der Dasinger sieht seine Partie gerüstet für mögliche Neuwahlen: „Die Partei ist geschlossen. Das ist eine ganz andere Ausgangslage als 2013. Gerade bei uns in Aichach-Friedberg haben wir sehr engagierte Parteimitglieder. Wir sind gerüstet für den Wahlkampf.“ Dennoch bedauert Faller, wie die Ampelregierung zu Ende gegangen ist. „Das hätte man anders lösen können. So wie Olaf Scholz agiert hat, stärkt das sicher nicht das Vertrauen in die Politik und trägt nicht zur Stärkung der Demokratie bei“, so Faller, der Bilanz zieht: „Es ist normal, dass es in einer Koalition Debatten gibt. Man darf nicht vergessen, dass die Ampel auch einiges auf den Weg gebracht hat, deutlich mehr als die letzte Regierung unter Angela Merkel. Dennoch ist es gut, dass es jetzt Neuwahlen gibt.“

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    1 Kommentar
    Maria Reichenauer

    Wenn der Eindruck von Funke-Kaiser stimmt, dass Lindner überrascht war, dann kann ich nur sagen: Daumen hoch für Scholz. Denn damit hätte er gezeigt, dass jahrelange Querschläge irgendwann ein Ende haben, auch wenn Lindner sich für wahnsinnig gut hielt. Ich habe Scholz' Geduld bewundert, es gut gefunden, dass er versucht hat zu moderieren statt den "Basta"-Kanzler zu geben. Das hätte man ihm ebenso vorgehalten wie fehlende Machtworte. Dass er nun den Spieß umgedreht hat – gut so. Auch wenn es mir für die Grünen leidtut. Aber vielleicht hilft es ihnen, Stammwähler wieder zu motivieren und Menschen neu zu gewinnen, die sich weiterhin für Menschenwürde und Gerechtigkeit starkmachen. Denn die wird es mehr denn je brauchen mit einer Regierung mit einem Kanzler Merz.

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