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Landkreis Augsburg: Trotz explodierender Preise: Die Menschen im Kreis Augsburg haben immer mehr Wohnraum

Landkreis Augsburg

Trotz explodierender Preise: Die Menschen im Kreis Augsburg haben immer mehr Wohnraum

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    Endlich ein eigenes Haus bauen können – davon träumen viele. Doch mittlerweile sind in vielen Orten kaum noch geeignete Grundstücke zu  bekommen und die Preise steigen.
    Endlich ein eigenes Haus bauen können – davon träumen viele. Doch mittlerweile sind in vielen Orten kaum noch geeignete Grundstücke zu bekommen und die Preise steigen. Foto: Marcus Merk (Symbolbild)

    In Gablingen sucht ein nagelneues Einfamilienhaus einen Besitzer. Wer sich für die 132-Quadratmeter-Immobilie begeistert und mit seiner Familie einzieht, erwirbt für eine gute Dreiviertelmillion Euro auch die Gewissheit, dass er vom Wohnraum her zu den eher schlechter gestellten Menschen im Landkreis Augsburg zählt. Denn die 33 Quadratmeter pro Kopf, die das Häuschen einer vierköpfigen Familie böte, sind deutlich weniger, als die inzwischen mehr als 250.000 Einwohner des Landkreises Augsburg im Schnitt zur Verfügung haben.

    Bei knapp 48 Quadratmeter pro Nase liegt der rechnerische Durchschnittswert für die Menschen im Augsburger Land. In Städten wie Gersthofen oder Königsbrunn ist es etwas weniger, in ländlichen Gemeinden etwas mehr. Besonders üppig ist das Raumangebot in Gemeinden wie Aystetten und Bonstetten, wo viele gut verdienende Menschen wohnen. So weit, so erwartbar. Auf den ersten Blick wesentlich überraschender ist dagegen eine andere Zahl, die die neueste Sozialraumanalyse für den Landkreis Augsburg liefert.

    Menschen im Kreis Augsburg steht mehr Wohnfläche zur Verfügung

    Denn nach den vorliegenden Zahlen ist die durchschnittliche Wohnfläche im Landkreis Augsburg in den vergangenen Jahren ständig gewachsen. Unbeeindruckt von Bevölkerungszuwachs sowie nach oben schießenden Hauspreisen und Mieten stieg sie seit 1998 von knapp 41 auf fast 48 Quadratmeter pro Kopf. Bauen sich die Menschen im Augsburger Land also immer größere Häuser?

    "Nein", sagt Christian Rindsfüßer. Sein Institut SAGS erstellt seit Jahren für den Landkreis Augsburg die Sozialraumanalysen, die viele Lebensbereiche statistisch beschreiben. Laut Rindsfüßer hat der stetig steigende Wohnraum einen anderen Grund. In Familien, die vor 30, 40 Jahren im Augsburger Land Häuser gebaut haben, sind die Kinder schon längst ausgezogen. Zurück bleiben ein oder zwei Elternteile in viel zu groß gewordenen Häusern.

    In Rindsfüßers Augen, der für die SPD im Neusässer Stadtrat sitzt, ist diese Entwicklung auch eine Chance. Im Laufe der Zeit würden immer mehr Häuser und Grundstücke frei und kämen wieder auf den Markt. Für Stadtplaner und Kommunalpolitiker bedeute das: "Es ist vollkommen falsch, sich nur auf Neubaugebiete zu kaprizieren."

    Wo im Kreis Augsburg Häuser frei werden könnten

    Für Menschen, die der Wunsch nach einem Eigenheim im Augsburger Land umtreibt, könne diese Entwicklung auch eine Chance sein, sagt Rjndsfüßer. Gerade in Gegenden, die in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren schnell gewachsen sind, "steht in den nächsten Jahren verstärkt der Generationenwechsel an." Mit Geduld und Glück also zum gebrauchten Traumhaus?

    Viele wollen nicht so lange warten. Als vor Kurzem der Gersthofer Bauausschuss über die Vergabekriterien von 20 Bauplätzen diskutierte, wurde die Stadtverwaltung hernach von Interessenten schier überrannt. Dabei sind Grundstücke noch gar nicht auf dem Markt. Aus anderen Rathäusern hört man ähnliches. Der Traum vom Häuslebau treibt mitunter wilde Blüten.

    Die Baupreise im Landkreis Augsburg steigen weiter an.
    Die Baupreise im Landkreis Augsburg steigen weiter an. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Es ist ein teurer Traum. Daran lässt Michael Kögl keinen Zweifel. Laut dem Geschäftsführer der Bauinnung Augsburg, der an die 160 Betriebe angehören, muss man für ein 150-Quadratmeter-Haus mit fünf Zimmern und in gehobener Ausstattung inklusive Keller und Garage mit 3500 Euro pro Quadratmeter rechnen. Das sind dann 525.000 Euro. Die Kosten fürs Grundstück und diverse Nebengeräusche sind da noch nicht eingerechnet.

    Die Preise für Baumaterial ziehen kräftig an

    Und Kögl hat keine guten Nachrichten für Bauherren. Die Preise für Baumaterial ziehen kräftig an, bei Holz und Dämmstoffen sei der Markt zum Teil regelrecht leer gefegt. So manchem Unternehmen verhagle das die Kalkulation, "die zahlen richtig drauf, wenn man keine Lösung findet." Was diese Entwicklung für den Endkunden bedeutet, kann sich jeder ausmalen. Zumal die Branche laut Kögl davon ausgeht, dass die Rohstoffpreise "nicht so schnell zurückgehen werden."

    Dabei waren die Kostensteigerungen in den vergangenen Jahren eh schon kräftig und dank niedriger Zinsen und hoher Nachfrage auch durchzusetzen. Der Bau unseres Beispielhauses (150 Quadratmeter, fünf Zimmer), hätte vor zehn Jahren wohl noch 150.000 Euro weniger gekostet, sagt Kögl und benennt auch die Preistreiber.

    Neben gestiegenen Lohn -und Materialkosten seien hohe energetische Standards zu nennen. "Ob die alle sinnvoll sind, wage ich zwar zu bezweifeln," aber: Dreifachverglasung und Wohnraumbelüftung seien heute nahezu Standard. Hinzu kommt Geld, dass sprichwörtlich im Boden versenkt wird. Die Kosten für die Deponierung von Aushub sind laut Kögl "brutal" gestiegen. Eine simple Baugrube kann schon mal auf 25.000 Euro kommen.

    Mehr Häuslebauer verzichten aus Kostengründen auf Keller und Garage

    Unter diesen Umständen verzichten immer mehr Häuslebauer aus Kostengründen auf Keller und Garage. Fachmann Kögl sagt, dass Haustechnik ein großes Thema sei und man sich in vielen Fällen den letzten Millimeter Dämmung sparen könne. Mit das größte Potenzial berge jedoch eine sinnvolle Planung. Die Menschen sollten sich genau überlegen, was sie wirklich brauchen. Das ist auch ein Punkt, an dem der Architektur-Experte Marcus Rommel einhakt. Er sagt jüngst in einem Interview, frei stehende Häuser sind überkommen. "Sie brauchen zu viel Platz." (Das ganze Interview lesen Sie hier)

    "Politisch nicht mehr gewollt" sei das klassische Einfamilienhaus, findet Michael Kögl von der Bauinnung. Doch auch im Geschosswohnungsbau, wo Immobilien oft als Geldanlage dienen, beobachtet er schon das ein oder andere Wölkchen am Horizont. Zwar liefen die Geschäfte noch sehr gut, dennoch gebe es "erste Anzeichen für Zurückhaltung". Die Investoren beschlichen langsam Zweifel, ob die Miete, die sie für den Werterhalt ihrer Investition verlangen müssen, derzeit noch zu erzielen ist. Kögl: "Es geht nur noch um sichere Geldanlage. Vom Gedanken an eine große Rendite haben sich die Menschen schon längst verabschiedet."

    Im Kreis Augsburg werden weniger Wohnungen fertig

    Wird unter diesen Bedingungen nun weniger gebaut. Anzeichen gibt es. Denn die Zahl der Baufertigstellungen im Landkreis Augsburg ging zuletzt zurück. Von 1444 Wohnungen (2018) auf 1279 (2019) auf 1051 im ersten Corona-Jahr 2020. In der Stadt Augsburg war der Abwärtstrend nach den erst jüngst veröffentlichten Zahlen des statistischen Landesamtes noch deutlicher.

    Dass man auch mit begrenztem Budget hochwertig und schön bauen kann, zeigt das Projekt der Sailer-Stiftung.
    Dass man auch mit begrenztem Budget hochwertig und schön bauen kann, zeigt das Projekt der Sailer-Stiftung. Foto: Marcus Merk

    Ablesbar ist an dessen Daten übrigens, dass der Anteil kleinerer Häuser und von Mehrfamilienhäusern wächst. Hatte 2010 noch jede fünfte Wohnung, die in Bayern neu gebaut wurde, sieben und mehr Räume, so war es zehn Jahre später nur noch jede neunte.

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