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Landkreis Augsburg: Säure eingeleitet: Schmuttertal schrammt an einer Umweltkatastrophe vorbei

Landkreis Augsburg

Säure eingeleitet: Schmuttertal schrammt an einer Umweltkatastrophe vorbei

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    Benjamin Rücker-Tschech mit einer Probe der verunreinigten Flüssigkeit. Hunderte Liter  der säurehaltigen Substanz waren in das Abwasser gelangt.
    Benjamin Rücker-Tschech mit einer Probe der verunreinigten Flüssigkeit. Hunderte Liter der säurehaltigen Substanz waren in das Abwasser gelangt. Foto: Marcus Merk

    Nur um Haaresbreite ist das Schmuttertal einer Umweltkatastrophe entgangen. "Wäre der Alarm an unserer Messstation nur eineinhalb Stunden später ausgelöst worden, hätte dies den Tod für Millionen Lebewesen entlang der Schmutter bedeutet", sagt der stellvertretende Betriebsleiter des Abwasserzweckverbands, Benjamin Rücker-Tschech. Um 15.45 Uhr und somit 75 Minuten vor Betriebsschluss hatte der Sensor am Zulaufbecken der Kläranlage plötzlich einen rapiden Abfall des ph-Wertes im Wasser registriert. Die Mitarbeiter reagierten blitzschnell. Denn: "Unzählige Kubikmeter einer säurehaltigen Flüssigkeit drohten in das Klärbecken zu fließen", so Rücker-Tschech. Die Auswirkungen wären verheerend gewesen.

    Gerade noch rechtzeitig gelang es den Mitarbeitern, die Förderschnecken abzuschalten, die das einlaufende Abwasser über ein Hebewerk zur Reinigung in das Klärbecken transportieren. Wären nur wenig Liter mehr in das Becken gelangt, wären die Milliarden Mikroorganismen, die das verschmutzte Wasser zersetzen, vernichtet worden. Diese Organismen sorgen dafür, dass das gereinigte Wasser nahezu in Trinkwasserqualität in die Schmutter eingeleitet werden kann. Ohne diesen Prozess wäre das mit zahlreichen Schadstoffen belastete

    Verunreinigte Substanzen hätten auch ins Trinkwasser gelangen können

    "Es war eine so riesige Menge gewesen, dass das Wasser durch Versickerung über das Grundwasser auch in das Trinkwasser hätte gelangen können", sagt Rücker-Tschech. Wenige Minuten waren am Donnerstag vergangener Woche entscheidend, um zu verhindern, dass die Giftstoffe in diesen Kreislauf geraten können. Dank des Alarms der Sonde und des schnellen Handelns der Mitarbeiter gelangte jedoch nur eine ganz kleine Menge in das Klärbecken. "Die Folgen wären sonst schrecklich gewesen." Fieberhaft wird nun nach dem Verursacher der giftigen Einleitung gesucht. In den Fokus rückte zunächst auch der Betrieb von Keim-Farben in Diedorf.

    Dieser kleine Sensor hat eine Umweltkatastrophe verhindert. Als der ph-Wert rapide sank, löste das System einen Alarm aus.
    Dieser kleine Sensor hat eine Umweltkatastrophe verhindert. Als der ph-Wert rapide sank, löste das System einen Alarm aus. Foto: Marcus Merk

    "Wir haben sofort überprüft, ob möglicherweise durch einen Defekt Substanzen aus der Firma in das Abwasser gelangt sein könnten", erzählt Rücker-Tschech. Schließlich sei es eine so große Menge gewesen, dass ein privater Haushalt nicht infrage kommen konnte. "Die Menge hat sich schon in der Größenordnung des Inhalts eines kompletten Tanklastzugs bewegt, sodass es sich nur um ein Unternehmen oder einen Landwirt handeln kann", vermutet der stellvertretende Betriebsleiter. Der Diedorfer Farbenhersteller sei jedoch schnell als Verursacher ausgeschieden. "Keim-Farben kann es nicht gewesen sein", erklärt Rücker-Tschech. Das Unternehmen hätte eigene Klärsysteme und würde sein Abwasser vorbildlich einleiten.

    Farben der Substanz haben sich geändert

    Zurzeit befindet sich die gelb-grünliche Flüssigkeit noch in dem Auffangbecken, wo die giftige Substanz separiert werden konnte. "Die Farben der Substanz haben sich immer wieder geändert", schildert Rücker-Tschech. Zwischenzeitlich wäre der Farbton rötlich, dann wieder bläulich bis hin zum jetzigen Farbton gewesen. Zwar ist die giftige Brühe nun in dem Auffangbecken gesichert, doch viel mehr Kubikmeter hätten nicht mehr nachfließen dürfen – sonst hätte das Fassungsvermögen in dem Bassin nicht mehr ausgereicht.

    "Dann wäre uns nichts anderes übrig geblieben, als das verunreinigte Wasser in die Schmutter fließen zu lassen", erklärt Rücker-Tschech. Einfach abstellen lasse sich ein Klärwerk nicht, der Zweckverband hätte die Zerstörung der Mikroorganismen sehenden Auges in Kauf nehmen müssen. Die Kosten, um den Betrieb wieder aufzunehmen, wären für den Zweckverband immens gewesen. Schließlich handelt es sich um eine ausgeklügelte mechanisch-biologische Kläranlage zur Reinigung sämtlicher im Verbandsgebiet anfallenden häuslichen und gewerblichen Abwässer.

    Rechtzeitig wurde das vergiftete Abwasser in ein Auffangbecken geleitet, damit es nicht in das biologische Klärsystem gelangt.
    Rechtzeitig wurde das vergiftete Abwasser in ein Auffangbecken geleitet, damit es nicht in das biologische Klärsystem gelangt. Foto: Marcus Merk

    13.000 Kubikmeter fließen pro Tag in die Schmutter

    Der Abwasserzweckverband Schmuttertal besteht aus den früheren Abwasser­zweck­verbänden Obere Schmuttertal­gruppe, Mittlere Schmuttertal­gruppe und Kobelberg­gruppe und umfasst mit seinen Mitgliedern Aystetten und Diedorf mit dem jeweiligen gesamten Gemeinde­gebiet, Gablingen mit dem Orts­teil Holzhausen, Gersthofen mit den Stadt­teilen Batzenhofen, Edenbergen, Hirblingen und Rettenbergen, Gessertshausen mit seinem gesamten Gemeinde­gebiet, Neusäß mit dem gesamten Stadt­gebiet und Stadtbergen mit dem Orts­teil Deuringen. Das in der Kläranlage gereinigte Abwasser wird auf Höhe von Batzenhofen in die Schmutter eingeleitet. Bei Trockenwetter beträgt der Abfluss maximal 875 Kubikmeter in der Stunde beziehungsweise 13.000 Kubikmeter pro Tag.

    Die Polizei hofft nun auf Hinweise aus der Bevölkerung. Wer etwas beobachtet hat, kann sich unter der Telefonnummer an die Inspektion in Gersthofen 0821/323-1810 wenden.

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