Bei den Mostereien der Obst- und Gartenbauvereine (OGV) fließt von August bis Oktober Apfelsaft und Most in Strömen – in den Erntemonaten der vergangenen Jahre jedenfalls. Dieses Jahr scheint im Bereich der heimischen Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion alles ein wenig anders zu sein: Die extremen Wetterlagen mit Trockenheit, Dauerregen, orkanartigen Stürmen und heftigen Hagelschlägen haben im Landkreis für enorme Ernteeinbußen gesorgt, was Kartoffeln, Sommergerste und Getreide anbelangt. Fast noch stärker als Landwirte bekamen Mostereien das wilde Klima zu spüren.
Bereits am frühen Samstagmorgen fahren beim Herbertshofer OGV Transporter und Anhänger vor, in denen säckeweise geerntete Äpfel für die Weiterverarbeitung zu Saft oder Most in die hochmoderne Getränkepresse transportiert werden. Die dortigen Maschinen laufen auf Hochtouren, an den Rohren, Ventilen und Abfüllanlagen sind rund um die Uhr Mitarbeiter damit beschäftigt, aus dem angelieferten heimischen Gartenobst natürliche Säfte zu produzieren, die sich bis zu zwei Jahre lagern lassen.
90 Prozent weniger Obst als in den Vorjahren
Die scheinbar hohe Auftragslage der Mostereien täuscht. Dieses Jahr sind die Spezial-Apparaturen des Landkreises bisher nur wenige Tage wirklich in Betrieb gewesen. Martina Forestieri vom OGV Thierhaupten berichtet: „Unsere Mosterei ist dieses Jahr sehr schwach ausgelastet. Mit bisher nur sechs Tagen Betrieb wird diese Saison eventuell unsere schwächste seit Jahren.“ Eine ähnliche Zwischenbilanz zieht Herbert Wünsch, der Vorsitzende des OGV Herbertshofen: „Haben wir in den vergangenen Jahren 200 bis 500 Tonnen Obst zu Most und Saft verarbeitet, waren es dieses Jahr gerade einmal 20“- eine Einbuße von gut 90 Prozent. Doch was sind die genauen Ursachen für die magere Auftragslage?
Laut Forestieri sind die Gründe vielschichtig, jedoch allesamt den Wetterkapriolen des Jahres 2023 geschuldet: „Es gab viel verdorbenes Obst auf den Bäumen. Je nach Region und Lage haben bestimmt auch die Unwetter ihr Übriges getan. Bei uns im nördlichen Landkreis ist dies aber nicht die Hauptursache. Die immense Trockenheit über das ganze Jahr richtete sicherlich mehr Schaden an.“ In Herbertshofen macht man hingegen vor allem die diesjährige Frühlingskälte verantwortlich. Auch eine langjährige Stammkundin, die bis vom 18 Kilometer entfernten Buttenwiesen angereist war, vermutet eine immense Störung des ökologischen Gleichgewichts: „Die Bienen und Hummeln waren einfach nicht aktiv, als im Frühling die große Kältewelle war.“
Aber mehr Trauben und Birnen
Dennoch habe man die Zuversicht nicht vollständig aufgegeben, wie Forestieri, zweite Vorsitzende des OGV Thierhauptens, berichtet. Die große Hoffnung des Vereins ruhe auf dem Oktober, da in diesem Monat die eigentlichen Apfelsorten zum Saften kommen – jene, aus denen ein süßer und klarer Saft gewonnen werden könne. Zudem seien Kunden, die Früchte anliefern, flexibel geworden und hätten sich zum Teil schnell an wechselhaftes Wetter angepasst. „Dieses Jahr verbuchen wir mehr Birnen und Trauben. Die Quitte kommt ebenfalls noch“, so Forestieri.
In Herbertshofen hat man ebenfalls Mosterei-Tage geplant, die ausschließlich dem Quittensaft vorbehalten sind. In manchen Kartons stehen die Früchte schon zum Mosten bereit. Doch es gibt ein Problem, wie Wünsch verdeutlicht: Manche Exemplare des Obstes seien nicht zu Ende gereift, was allerdings nicht Bienen und Hummeln, sondern dem Menschen geschuldet sei, der oftmals zu früh den kompletten Ertrag auf einmal abgeerntet hätte. Das fragile Zusammenspiel von Klimawandel, Insekten und Mensch wird nicht zuletzt in den Mosterei-Betrieben des Landkreises in aller Deutlichkeit vor Augen geführt.
Im südlichen Landkreis fiel die Apfelernte zweigeteilt aus. In den Bereichen des großen Hagelunwetters Ende August wurde nahezu die komplette Apfelernte zerstört. Irmtraud Steck vom Bobinger Obst- und Gartenbauverein sagte: "Aus Bobingen und der näheren Umgebung kam so gut wie nichts." Normalerweise würde die Mosterei schon freitags zu arbeiten beginnen und dann den ganzen Samstag. In diesem Jahr hätte es gereicht, nur Samstagvormittag zu mosten. Auch das sei nur möglich gewesen, weil die Bobinger Mosterei ein weites Einzugsgebiet habe. Abseits der Hagelgebiete, habe es wohl eine einigermaßen befriedigende Apfelernte gegeben, so Steck. Die Bobinger Mosterei arbeitet zum letzten Mal am Samstag, 14. Oktober. Aber weniger wegen der Äpfel, sondern um die jetzt reifenden Quitten zu verarbeiten. "Schade ist, dass wir für das Mostfest im nächsten Jahr keinen Most ansetzen konnten. Das Fest wird zwar stattfinden, allerdings werden wir entweder Most zukaufen, oder uns eine andere Lösung einfallen lassen müssen", sagte Irmtraud Steck.
Ähnlich sieht es in Königsbrunn aus. Dort bat der Gartenbauverein um Apfelspenden, um die Säfte, die der Verein normalerweise kostenlos für Kindergärten und die Jugendarbeit bereitstellt, pressen zu können. Aufgrund der geringen Nachfrage hatte auch der Obst- und Gartenbauverein Großaitingen Problem. Dort wurde bereits am 30. September die Saison beendet. (mit elkn)