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Landkreis Augsburg: Nach Corona: Wo steht die Digitalisierung der Schule heute?

Landkreis Augsburg

Nach Corona: Wo steht die Digitalisierung der Schule heute?

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    Lehrer Sebastian Schmidt aus Neu-Ulm ist an der MB-Dienststelle für Realschulen in Schwaben für Fortbildung in digitalem Unterricht zuständig. Für ihn ist die Digitalisierung eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft.
    Lehrer Sebastian Schmidt aus Neu-Ulm ist an der MB-Dienststelle für Realschulen in Schwaben für Fortbildung in digitalem Unterricht zuständig. Für ihn ist die Digitalisierung eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Foto: Ulrich Wagner

    Dass sie diese Frage gar nicht mehr gestellt bekommen will, ist Schulleiterin Ute Wiedemann anzumerken. Corona und digitale Schule - das hat bei ihr an der Grundschule Altenmünster nicht unbedingt etwas miteinander zu tun gehabt. "Wir haben vorher schon digital gearbeitet und tun es jetzt immer noch", sagt sie. Das bedeutet, dass schon vor Beginn der Pandemie vor fast drei Jahren Lehrkräfte sowie Schüler und Schülerinnen ein computergestütztes Lernmanagement-System intensiv genutzt haben. Der Vorteil: Als alle von einem Tag auf den anderen zuhause bleiben mussten, ging der Unterricht an der Grundschule gleich weiter. Das war nicht immer so.

    Es waren gerade die Grundschulen, die damals in vielen Fällen kalt erwischt wurden. Lehrkräfte waren in den ersten Wochen der Pandemie unterwegs von Haus zu Haus, um ihren Erst- und Zweitklässlern kopierte Arbeitsblätter in die Briefkästen zu werfen. Gerade diese Schulen taten sich damals schwer, schnell auf ein digitales Hilfssystem umzustellen. In Altenmünster hatte man das schon geübt - und mache so auch weiter, sagt Wiedemann. "Da zieht auch die ganze Schulfamilie mit", so die Schulleiterin. Freilich gebe es im Einzelfall Eltern, die es nicht so gerne sehen, wenn die jungen Schülerinnen und Schüler vor einem Bildschirm lernen. Aber denen sage ich dann, dass es ja sinnvolle Zeit vor dem Computer ist, um die es uns geht."

    Die tägliche Recherche ist Teil des Unterrichts

    Auch für den Schulleiter des Schmuttertal-Gymnasiums, Günter Manhardt, ist Digitalisierung ein Dauerthema. "Digitaler Unterricht, das ist ja eigentlich etwas anderes als Distanzunterricht. Der findet nämlich im Klassenzimmer statt." In dem modernsten Gymnasium des Landkreises sind die Klassenzimmer jedes einzelnen Jahrgangs um einen Campus herum untergebracht. Dort stehen Computer bereit. Die Recherche zu einzelnen Themen oder das Erstellen von Präsentationen gehört zum täglichen Unterricht. "Außerdem hilft die

    Tablet und Schulbuch: Unterricht muss digitaler werden, fordern Eltern und Pädagogen. Es kommt aber auf die Qualität an.
    Tablet und Schulbuch: Unterricht muss digitaler werden, fordern Eltern und Pädagogen. Es kommt aber auf die Qualität an. Foto: Ulrich Wagner (Symbolbild)

    Digital sieht sich das Schmuttertal-Gymnasium von jeher gut aufgestellt. Eine Grundvoraussetzung ist dabei die Ausstattung mit Geräten durch den Sachaufwandsträger, im Fall der 15 Förder- und Realschulen im Landkreis sowie der Gymnasien und den beruflichen Schulen in Neusäß ist das der Landkreis Augsburg. Bereits im Frühjahr 2020 verfügte jeder dieser Schulstandorte über einen Glasfaseranschluss mit Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde. Seit 2017 können die Landkreisschulen zudem alle mit dem Programmpaket M365 von Microsoft arbeiten, darunter vor allem mit dem Videotool MS Teams. In Zukunft könnte es durch die BayernCloud und das Videowerkzeug Visavid des Kultusministeriums abgelöst werden.

    Es muss nicht immer Frontalunterricht sein

    Doch die Ausstattung mit Geräten und Infrastruktur ist nur die eine Seite. Sebastian Schmidt ist an der Dienststelle des Ministerialbeauftragten für Realschulen in Schwaben in Augsburg zuständig für die Beratung von Schulen und Institutionen in fachlichen Angelegenheiten der digitalen Bildung. In Fortbildungen bringt er den schwäbischen Realschulpädagogen näher, wie solch ein guter digitaler Unterricht aussehen kann. Es bedeutet zum einen, dass digitale Hilfsmittel genutzt werden, um die Schülerinnen und Schüler im eigenverantwortlichen Lernen zu unterstützen und anzuleiten. "Dabei bringt allein das digitale Gerät noch keinen selbstständigen Schüler." 

    Lehrer Sebastian Schmidt aus Neu-Ulm ist an der MB-Dienststelle für Schwaben für Realschulen dafür zuständig, Realschullehrer in digitalem Unterricht fortzubilden. Er sieht die Digitalisierung als Aufgabe der gesamten Gesellschaft.
    Lehrer Sebastian Schmidt aus Neu-Ulm ist an der MB-Dienststelle für Schwaben für Realschulen dafür zuständig, Realschullehrer in digitalem Unterricht fortzubilden. Er sieht die Digitalisierung als Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)
    Ein Modell für eine neue Art des schulischen Lernens: das Schmuttertal-Gymnasium Diedorf. Hier stehen auf dem Campus jeder Jahrgangsstufe Computer für die tägliche Recherche bereit.
    Ein Modell für eine neue Art des schulischen Lernens: das Schmuttertal-Gymnasium Diedorf. Hier stehen auf dem Campus jeder Jahrgangsstufe Computer für die tägliche Recherche bereit. Foto: Marcus Merk

    Kinder und Jugendliche sollen auch Kompetenzen erlernen, die für die spätere Lebens- und Berufswelt wichtig werden. Produktionsorientiert arbeiten, mit guten digitalen Lernaufgaben die Welt verstehen und reflektieren lernen, sich im Internet zurecht finden und Wissenswertes finden, mit anderen zusammen arbeiten und sich dazu austauschen, auch wenn man nicht im selben Raum ist. Für Eltern kann das auch verwirrend sein. Besonders in Erinnerung geblieben ist Schmidt die Nachfrage einer Mutter vor wenigen Wochen. 

    Was nicht hilft, sind ein Kritisieren des Zustands und Idealvorstellungen

    „Sie hat gefragt, wann wir denn endlich wieder normalen Unterricht machen. Denn aktuell bringen sich die Kids die Sachen selbst bei, recherchieren im Netz und müssen auch nachmittags zusammenarbeiten. Eigentlich ist das ein Kompliment an uns, denn es bedeutet, dass schulisches Lernen eben nicht mehr immer Frontalunterricht sein muss, egal, ob analog oder digital." Nur ein langfristiger Plan könne den Schulen gerecht werden. Was nicht helfe, das sei ein "Jammern, Kritisieren des Zustands und utopische Idealvorstellungen." Digitalisierung finde schließlich in der gesamten Gesellschaft statt.

    Birgit Bretthauer aus Gersthofen ist Vorsitzende der Landes-Elternvereinigung der Bayerischen Gymnasien. Ein Tablet ist für sie mehr als ein Ersatz für ein Schulbuch.
    Birgit Bretthauer aus Gersthofen ist Vorsitzende der Landes-Elternvereinigung der Bayerischen Gymnasien. Ein Tablet ist für sie mehr als ein Ersatz für ein Schulbuch. Foto: Marcus Merk

    Mehr Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien und Endgeräten gerade auch im Unterrichtseinsatz, das fordert auch die Vorsitzende der Landes-Elternvereinigung der Gymnasien in Bayern (LEV), Birgit Bretthauer aus Gersthofen. Aus Sicht der Eltern sei es da ein erfreulicher Schritt, dass seit diesem Schuljahr die Schulfamilien selbst regeln können, wie sie den Einsatz von Endgeräten wie Handys oder Tablets regeln wollen. Die seien aber mehr als ein bloßer Ersatz für ein analoges Lehrbuch und müssten auch so genutzt werden. 

    Eltern finden es nicht mehr zeitgemäß, übers Hausaufgabenheft zu kommunizieren

    Zudem gibt es aus Sicht der Eltern ein großes Feld, bei dem der digitale Vorteil nicht gut genutzt wird. "Den Eltern ist es ein großes Anliegen, dass die Schülerinnen und Schüler über digitale Plattformen mit Unterrichtsmaterial versorgt werden, sollten sie abwesend sein. Das scheint an vielen Schulen noch immer ein großes Problem zu sein. Grundsätzlich möchten die Eltern mit den Schulen digital kommunizieren können, etwa das Kind per Mail oder Portal krank melden oder auch mit den Lehrkräften per Mail kommunizieren. Die Eltern empfinden eine Kommunikation über das Telefon oder Hausaufgabenheft vielfach als nicht mehr zeitgemäß." 

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