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Landkreis Augsburg: Landrat ist stocksauer und droht mit Gründung einer Busgesellschaft

Landkreis Augsburg

Landrat ist stocksauer und droht mit Gründung einer Busgesellschaft

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    Das neue Konzept des AVV soll gerade in den ländlichen Regionen im südlichen Landkreis mehr Komfort bringen. Doch das scheint nicht unbedingt zu klappen.
    Das neue Konzept des AVV soll gerade in den ländlichen Regionen im südlichen Landkreis mehr Komfort bringen. Doch das scheint nicht unbedingt zu klappen. Foto: Marcus Merk

    Wird die Buslinie 704, die vom Bahnhof Gessertshausen über Fischach und Langenneufnach nach Schwabmünchen führt, zum Offenbarungseid für die gesamte Umstellung des Linienverkehrs im südlichen Landkreis Augsburg? Zum zweiten Mal nahmen sich Landrat Martin Sailer und AVV-Chefin Linda Kisabaka Zeit, um mit Pendlerinnen und Pendlern zu sprechen. Eigentlich erwarteten der Aufsichtsratsvorsitzende und die Geschäftsführerin des Augsburger Tarif- und Verkehrsverbunds (AVV), gute Nachrichten zu hören. Schließlich hatte man nach einer ersten Runde vor zwei Monaten Verbesserungen eingeleitet. Doch es kam anders und schon nach wenigen Minuten war Landrat Sailer mit seiner Geduld am Ende: Er drohte einer Verkehrsgesellschaft mit scharfen Konsequenzen. 

    Es war eine große Runde für ein scheinbar gar nicht so großes Problem, die am Donnerstagnachmittag im kleinen Sitzungssaal des Landratsamtes zusammengekommen war. Neben Sailer und Kisabaka und weiteren Vertretern des AVV sowie einigen Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen aus Stauden-Gemeinden, waren der Geschäftsführer der Omnibusgesellschaft Regionalbus Augsburg (RBA), Martin Pöhler, sowie ein halbes Dutzend Pendlerinnen und Pendler gekommen. Deutlich sichtbar bei ihnen: Autoschlüssel und Fahrradhelme, denn mit Bus und Zug fährt von Ihnen kaum noch jemand von Mittelneufnach, Langenneufnach oder Fischach in die Arbeit nach Augsburg. Zu schlecht ist das Angebot aus ihrer Sicht seit der Fahrplanumstellung im vergangenen Dezember geworden.

    Kostendruck und Fahrermangel führen zu veränderten Bedingungen im AVV

    Wie komplex das System aus Erstellung der Fahrpläne und Umsetzung durch Busbetreiber ist, wurde dabei im Laufe der Gesprächsrunde klar. Ebenso, dass die Probleme auf der Linie 704 beispielgebend für den gesamten Landkreis Augsburg werden könnten. Denn Kostendruck und Fahrermangel könnten mittelfristig Veränderungen auch anderswo bedeuten. Der größte Kritikpunkt der Nutzerinnen und Nutzer der Linie seit Dezember: Die Verbindungen mit einer Brechung am Bahnhof Gessertshausen sind seitdem zu unsicher und zu selten geworden. Aus dem ehemaligen Halbstundentakt ist inzwischen ein Stundentakt geworden. Das ist im neuen Konzept so gewollt. Gleichzeitig werde der Anschluss aber häufig verpasst, so die Pendler. "Dabei hat doch zuvor alles perfekt funktioniert. Wir wollen nur, dass es wieder so wird", so Pendlerin Irene Settele aus Langenneufnach.

    Die Geschäftsführerin des AVV, Linda Kisabaka, eckt mit ihrem Konzept der Linienumstellung im südlichen Landkreis Augsburg an. Nicht alles funktioniert dort, wie erhofft.
    Die Geschäftsführerin des AVV, Linda Kisabaka, eckt mit ihrem Konzept der Linienumstellung im südlichen Landkreis Augsburg an. Nicht alles funktioniert dort, wie erhofft. Foto: Marcus Merk (Archivbild)

    Doch dazu wird es nicht kommen. Die Linie 704 ist eingebunden in die Einbeziehung der Schulbusse vom und zum Schulzentrum Schwabmünchen in den Linienverkehr im vergangenen September. Die Umstellung sollte Vorteile für den südlichen Landkreis bringen. Schließlich wurden mehr Buskilometer vom Landkreis Augsburg beim AVV in Auftrag gegeben. In der Realität scheint die Umstellung jetzt jedoch oft genug zu bedeuten, dass ein Großteil dieser Buskilometer in den Transport der Schülerinnen und Schüler gesteckt wird, die anderswo wieder eingespart werden müssen. Etwa bei den Verbindungen, die häufig von Pendlern genutzt werden.

    Ärger um Nahverkehr im Kreis Augsburg: Landrat Sailer platzt der Kragen

    Der erste Runde Tisch im Landratsamt sollte die Wünsche der Pendler aufnehmen und auch gleich zum vergangenen 25. März umsetzen. Nun sollte es eigentlich darum gehen, ob nun wirklich alles funktioniere. Doch das Gespräch war erst wenige Minuten alt, als es sich in eine andere Richtung drehte. Offensichtlich war es dem beauftragten Busunternehmen, der RBA, nicht gelungen, den neuen Fahrplan mit den Fahrern zu besprechen, sprich: Diese wussten in den Osterferien nicht, wie sie eigentlich fahren sollten. Und fuhren so weiter, wie bisher. 

    Als sich dann noch herausstellte, dass an den Haltestellen und im Internet-Fahrplan des AVV nicht einmal die neuen Verbindungen ersichtlich sind, platze dem Landrat endgültig der Kragen: Der Landkreis gebe im Jahr 16 Millionen Euro für die Bereitstellung des Nahverkehrs aus, und jetzt spreche man über einen Aushang an der Haltestelle. In Richtung RBA sagte er: "Ich drohe euch jetzt in vollem Ernst, dass ich eine landkreisweite Verkehrsgesellschaft gründe, die Stimmen dazu im Kreistag habe ich in einem Tag. Dann ziehe ich euch alle Fahrer ab, die kommen bestimmt alle zu mir. Und wenn ich dann weiter Prügel für den Nahverkehr bekomme, dann wenigstens für etwas, das ich auch zu verantworten habe." Die Grenze des Erträglichen sei erreicht und das gelte für alle Vertragspartner des AVV, die die Buslinien im Landkreis bedienen. Alle sollten nun in diese Richtung informiert werden.

    Der RBA-Geschäftsführer wusste nichts von den Problemen an den Haltestellen

    Bis zu diesem Zeitpunkt war RBA-Geschäftsführer Martin Pöhler noch davon ausgegangen, dass die Verbindung funktioniere und die Informationen an den Haltestellen ersichtlich seien. "Das ärgert mich jetzt auch", so sein etwas hilfloses Eingeständnis. Das wiederum ärgerte Pendler Dieter Rothenfusser. Er habe den Eindruck, als habe jemand das neue Fahrplankonzept erstellt, der von der Realität der Nutzerinnen und Nutzer keine Ahnung habe. Zu diesem Zeitpunkt der Diskussion wurde es auch für die AVV-Geschäftsführerin Linda Kisabaka ungemütlich. Denn die Idee des Konzepts, mit den zum Fahrplanwechsel zusätzlich beauftragten Buskilometern die Situation zu verbessern, hat offensichtlich an mehreren Stellen nicht funktioniert. Das Konzept ist jedoch im AVV entstanden. Mit seinen Haupt- und Nebenlinien sowie des Rufbussystems AktiVVo, dass theoretisch in jeden kleinen Ort fährt, könnte es einmal beispielgebend für eine Umstellung im gesamten Landkreis sein. So zumindest der Grundgedanke.

    Er war zeitweise stocksauer, als er von den andauernden Schwierigkeiten beim Busverkehr in die Stauden erfuhr: Landrat Martin Sailer.
    Er war zeitweise stocksauer, als er von den andauernden Schwierigkeiten beim Busverkehr in die Stauden erfuhr: Landrat Martin Sailer. Foto: Marcus Merk

    Stattdessen geht es nun hinter den verschlossenen Türen des Aufsichtsrats des AVV um viel mehr als um ein Konzept für den Linienbusverkehr, nämlich um die Zukunft des AVV, wie Teilnehmer berichten. Auch auf Sitzungen des Kreistags ist das bereits öffentlich angedeutet worden. Ob dann die Geschäftsführerin des AVV, Linda Kisabaka, noch dabei sein wird, ließ Aufsichtsratsvorsitzender Martin Sailer auf Nachfrage unserer Redaktion zuletzt offen. Er sagte: "Der Vertrag mit Frau Dr. Kisabaka wurde zunächst für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen. Das heißt, er läuft aktuell noch bis 31. Januar 2026. Eine Entscheidung darüber, wie und ob das Vertragsverhältnis weitergeführt wird, wird der Aufsichtsrat des AVV zu gegebener Zeit treffen."

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