Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg Land
Icon Pfeil nach unten

Landkreis Augsburg: Kirche? Nein, danke: Was bewegt die Menschen im Augsburger Land zum Austritt?

Landkreis Augsburg

Kirche? Nein, danke: Was bewegt die Menschen im Augsburger Land zum Austritt?

    • |
    Jahr für Jahr kehren mehr Menschen der Kirche im Augsburger Land den Rücken. Woran liegt das?
    Jahr für Jahr kehren mehr Menschen der Kirche im Augsburger Land den Rücken. Woran liegt das? Foto: Marcus Merk (Symbolfoto)

    Die Zahl der Kirchenaustritte im Landkreis Augsburg ist so hoch wie nie. Der Trend zeichnet sich schon seit Längerem ab. Eine Abfrage unserer Redaktion in den Standesämtern im Augsburger Land zeigt: Die Zahl hat sich in den letzten zwei Jahren mehr als verdoppelt. Im vergangenen Jahr kehrten 4167 Menschen im Landkreis Augsbzurg der Kirche den Rücken zu, 2020 waren es noch 1861. Woran liegt das?

    In einigen ländlicheren Gemeinden fällt vor allem ein plötzlicher Anstieg der Kirchenaustritte auf. So sind die Zahlen in den letzten Jahren in Fischach und den Verwaltungsgemeinschaften Nordendorf, den Stauden und Welden nur leicht angestiegen. Im Jahr 2022 haben sich die Austritte nun, in allen vier Gemeinden, im Vergleich zum vorherigen Jahr mehr als verdoppelt. 

    Dekan: "Viele Menschen fühlen sich in der Kirche nicht mehr zu Hause"

    Für Frank Kreiselmeier, Dekan im evangelisch-lutherischen Dekanat Augsburg und Pfarrer der Kirchengemeinde Gersthofen sind verschiedenste Gründe ausschlaggebend. Zum einen sieht er einen längeren Prozess der Entfremdung der Menschen zur Kirche. Die Kirche habe sich lange Zeit zu sehr mit ihren binnenkirchlichen Strukturen auseinandergesetzt und habe vergessen, nach außen zu hören, was die Gläubigen brauchen und suchen. "Viele Menschen fühlen sich in der Kirche nicht mehr zu Hause", erklärt Kreiselmeier. Das sei sehr schmerzhaft für ihn, denn gerade die Kirche war für viele immer ein Ort der Seelsorge, der Gemeinschaft und eben auch ein Zuhause. 

    Verstärkt wird diese Entfremdung durch die Skandale vorrangig der katholischen Kirche, die im Augsburger Land die zahlenmäßig stärkere Konfession ist, in den vergangenen Jahren.. Stichworte sind hier der sexuelle Missbrauch und dessen Vertuschung oder der Umgang mit Geld.

    So kam etwa ans Licht, dass im Kinderheim in Reitenbuch bei Fischach vor Jahrzehnten etliche damalige Heimkinder missbraucht wurden. Wie unsere Redaktion zuletzt berichtete, soll für das katholische Bistum Augsburg eine eigene Missbrauchsstudie beauftragt werden.

    Darüber hinaus hat sich laut Kreiselmeier die Welt und die Gesellschaft in den vergangenen Jahren sehr verändert. Viele wollen seiner Meinung nach einfach keiner Institution mehr angehören. "Das zeigt sich nicht nur in der Kirche, auch die Gewerkschaften haben seit Jahren sinkende Mitgliederzahlen", sagt Kreiselmeier. Der Deutsche Gewerkschaftsbund verzeichnete im letzten Jahr einen Abfall von über 85.000 Mitgliedern im Vergleich zum Vorjahr. 

    Steigende Austrittszahlen im Landkreis Augsburg: Glaube ja, aber Kirche nein?

    Vor zwei Wochen hatte das Evangelisch-Lutherische Dekanat Augsburg eine Aktion "einfach heiraten". Hier konnten sowohl Kirchenmitglieder als auch Nichtmitglieder sich spontan trauen beziehungsweise segnen lassen. "Es gab einen riesigen Zulauf und auch sehr viele, die nicht in der Kirche sind, wollten sich zumindest den kirchlichen Segen abholen", berichtet Kreiselmeier. Das zeige ihm, dass die Sehnsucht nach einem Glauben durchaus noch vorhanden ist und das gibt Kreiselmeier Hoffnung. Er möchte mehr auf die Menschen zu gehen und eine Kirche schaffen, die für alle offen ist. "Auch für diejenigen, die nicht in der Kirche sind", erklärt der Dekan.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden