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  3. Landkreis Augsburg: Kind wird jahrelang misshandelt – doch das Gericht spricht die Angeklagten frei

Landkreis Augsburg
23.06.2023

Kind wird jahrelang misshandelt – doch das Gericht spricht die Angeklagten frei

Obwohl das Gericht davon überzeugt ist, dass ein Mann als Kind jahrelang misshandelt wurde, werden die Angeklagten bei einem Prozess am Augsburger Schöffengericht freigesprochen.
Foto: Swen Pförtner, dpa (Symbolbild)

Eine ganze Kindheit lang wird ein Junge von seinem Stiefvater geschlagen. Erst als Erwachsener zeigt er ihn und seine Mutter an. Das Urteil ist außergewöhnlich.

Wenn er an seinem Schreibtisch sitzt, kommen die Erinnerungen. Dann - so schildert es ein 32-Jähriger - hört er die knarzenden Holztreppen, auf denen sein Stiefvater zum Kinderzimmer hochläuft. Dann denkt er an den langen Holzstock, mit dem er in seiner Kindheit verdroschen worden sein soll. Dann riecht er seinen Stiefvater – und bekommt Panik. Es ist eine Szene, die sich ins Gedächtnis von Richterin Silke Knigge einbrennt. „So etwas denkt man sich nicht aus“, sagt sie. Das Gericht ist überzeugt, dass der 32-Jährige als Kind jahrelang von seinem Stiefvater misshandelt wurde. Und dennoch kommt er nach dem zweiten Verhandlungstag mit einem Freispruch davon. Der Fall ist in mehrfacher Hinsicht beachtenswert.

Das macht den Prozess am Schöffengericht in Augsburg so außergewöhnlich

Denn es kommt nicht häufig vor, dass Kinder ihre Eltern vor Gericht bringen. Zudem liegen die Taten Jahrzehnte zurück. Das ist entscheidend, denn Taten können verjähren. In diesem Fall war nicht eindeutig, ob das zutrifft. Das Gericht musste klären, ob das Opfer bis heute eine schwere Beeinträchtigung durch die Taten hat. In diesem Fall hätten die Angeklagten bestraft werden können. Am Ende des beachtlichen Prozesses muss Richterin Knigge aber feststellen: „Es ist selten, dass ein Verfahren zu Ende geht und man mit einem schlechten Gefühl nach Hause geht.“ Das gilt wohl nicht für die Angeklagten. 

Auf der Anklagebank sitzen ein 73-Jähriger und seine 61 Jahre alte Ex-Frau. Die Staatsanwaltschaft wirft hauptsächlich dem Stiefvater vor, seinen Stiefsohn jahrelang geschlagen und beleidigt zu haben. Mindestens einmal soll laut Anklage auch die Mutter mit einem Handtuch zugeschlagen haben. Ihr Sohn erzählt seine Sicht der Dinge: „Ich wurde unzählige Male körperlich und seelisch misshandelt.“ Lange Zeit habe er all das verdrängt. Erst als Erwachsener zeigt er seinen Stiefvater und seine Mutter schließlich an. Vor Gericht sagt er mit klarer Stimme: „Es kann doch nicht sein, dass die ungestraft davonkommen.“ Der Stiefvater schweigt bis zum Schluss der außergewöhnlichen Verhandlung. 

Opfer aus dem Landkreis Augsburg berichtet von brutaler Kindheit voller Gewalt

Zuvor erzählt das Opfer etwa eine Stunde lang von einem Martyrium. Seine ersten Lebensjahre verbringt der Junge mit seiner polnischen Mutter, seinem Bruder und seinem leiblichen Vater in Augsburg. Der leibliche Vater soll getrunken haben, schildert die Mutter. Irgendwann soll er seine Frau mit einem Kupferkabel verdroschen haben und deshalb im Gefängnis gelandet sein. Die Frau lernt einen neuen Mann kennen und zieht mit ihren Kindern in einen Ort im westlichen Landkreis Augsburg. Der Junge sei damals etwa sechs Jahre alt gewesen. Er erinnert sich: „Anfangs war es gut, aber die Stimmung kippte sehr schnell.“ 

Dann reichten Alltäglichkeiten, um den Stiefvater zum Prügeln zu bringen, berichtet das Opfer. Vergessene Hausaufgaben zum Beispiel. Oder die Tatsache, dass er lieber mit der linken Hand als der rechten schreibe. Sein Stiefvater habe ihn deshalb „umerziehen“ wollen - mit Schlägen auf die Finger. Mindestens zweimal in der Woche sei er verprügelt worden. Meist habe sein Stiefvater mit der flachen Hand zugeschlagen. Auf den Hinterkopf, die Ohren oder ins Gesicht. Vielleicht, weil Schläge mit der flachen Hand weniger zu blauen Flecken führen, meint das Opfer. Ab und zu sei er auch mit einem Gürtel ausgepeitscht oder mit dem Holzstock geschlagen worden. 

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Mutter des misshandelten Sohnes: "Warum bin ich nicht früher gegangen?"

Die Mutter wusste offenbar von all dem. Immer wieder bricht sie während der Verhandlung in Tränen aus. Sie mache sich große Vorwürfe. Ihre Gedanken kreisen nur um eine Frage: „Warum bin ich nicht früher gegangen?“ Ihr damaliger Mann habe auch sie geschlagen. Ihre damalige Ehe beschreibt sie in wenigen Worten: „Zehn Jahre Angst.“ Der Stiefvater habe sich selbst als „Boss“ gesehen und die Familie wie eine Firma geführt. Frau und Kinder seien seine Angestellten gewesen. „Wir mussten gehorchen“, sagt die Mutter. Immer wieder gab es Ärger, die Polizei musste mehrfach anrücken. Ab und zu habe der Sohn eine blutige Nase gehabt. „Mir hätte doch niemand geglaubt“, sagt die Mutter heute. Irgendwann ist der Leidensdruck aber offenbar so hoch, dass die Frau es nicht mehr aushält. Eine Zeit lang lebt sie im Frauenhaus. Vor rund 15 Jahren dann die Scheidung. Beim Auszug, so schildert es die Mutter, habe die Polizei anrücken müssen, weil ihr Ex-Mann ihre Sachen nicht herausrücken wollte. 

All das belastet die Familie. Die Probleme zu Hause führen zu Problemen in der Schule. „Ich habe nur Fünfen und Sechsen geschrieben“, erinnert sich das Opfer. In der Schule wird er gemobbt, macht aber auch selbst Ärger. „Irgendwie verschlossen, dann aber wieder voll aufgedreht“ war er als Schüler, sagt einer, der mit dem Opfer zur Schule ging. Erst als Erwachsener wird ihm von einem Psychologen eine posttraumatische Belastungsstörung attestiert. Er bekommt Medikamente verschrieben. Erst als erwachsener Mann findet er eine Heilpraktikerin, die ihm nach eigenen Angaben wirklich hilft. Auch sie ist als Zeugin vor Gericht geladen. Sie bestätigt die Störung des Mannes, erklärt aber auch: „Dafür kann es ganz viele Ursachen geben.“ Etwa das Mobbing in der Schule oder die familiären Umstände.

Deshalb kommt es vor dem Schöffengerricht in Augsburg zu einem Freispruch

Genau das ist letztlich der Grund, weshalb das Gericht zur Überzeugung kommt, dass kein eindeutiger kausaler Zusammenhang zwischen der Belastungsstörung des 32-Jährigen und den Taten seines Stiefvaters festzustellen ist. Die sei aber entscheidend, wenn es um die Verjährung ginge, erklärt Richterin Knigge. Letztlich bliebe nichts anderes, als den Anträgen der Verteidiger Werner Ruisinger und Andreas Thomalla zu folgen: Freispruch. 

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