Das Hochwasser hat sich zurückgezogen. Die Schäden im Landkreis Augsburg sind immens. Während vielerorts weiter aufgeräumt und repariert wird, geht der Blick nach München. Was tut die Landesregierung, um solche Katastrophen in Zukunft zu vermeiden? Und wann wird das Hochwasserrückhaltebecken in Siefenwang bei Dinkelscherben gebaut?
Wie berichtet haben die Bürgermeister von Dinkelscherben, Zusmarshausen und Altenmünster in einem Brandbrief an den Bayerischen Minister für Umwelt- und Verbraucherschutz, Thorsten Glauber, Anfang der Woche auf die verfahrene Lage hingewiesen: Seit fast 25 Jahren wird in Siefenwang ein Hochwasserrückhaltebecken geplant, das im Ernstfall 1,25 Millionen Kubikmeter Wasser zurückhalten soll. Auf einer Fläche von fast 200 Fußballfeldern würde das Wasser also bis zu zwei Meter hoch stehen. Das Dammbauwerk und der Rücklaufdamm hätten eine Länge von 300 Metern. Doch zähe Verhandlungen über Grundstücke und Preise, juristische Verfahren und Verwaltungsakte ziehen sich hin. Der Hochwasserschutz existiert derweil weiter nur auf dem Papier.
Bürgermeister schreiben Brandbrief an Staatsminister Glauber
Der Dinkelscherber Bürgermeister Edgar Kalb ist überzeugt, dass die Schäden des Hochwassers in der Marktgemeinde an der Zusam wesentlich geringer ausgefallen wären, wenn der Hochwasserdamm in Siefenwang rechtzeitig realisiert worden wäre. Es ist das dritte Rekordhochwasser, dass die Dinkelscherber in den 2000er-Jahren einholt. Dieses Mal sind mehr als 100 Gebäude in den Fluten Anfang Juni beschädigt worden. Der Zusmarshauser Bürgermeister Bernhard Uhl und der Altenmünsterer Bürgermeister Florian Mair gehen davon aus, dass auch in ihren Gemeinden deutlich weniger Hochwasserschäden zu beklagen wären, wenn das Rückhaltebecken in Siefenwang schon gebaut wäre.
Bernhard Uhl erklärt: "Uns ist bewusst, dass hier einige Landwirte pokern, aber wir müssen spätestens jetzt die Vermittlerrolle einnehmen, damit dieses Rückhaltebecken, welches bereits seit elf Jahren planfestgestellt ist, endlich gebaut wird." Nachdem die Zusam ein Gewässer zweiter Ordnung ist, ist die Staatsregierung dafür zuständig. In ihrem Brandbrief fragen die drei Bürgermeister deshalb den bayerischen Umweltminister Glauber: "Was ist in den letzten 25 Jahren oder zumindest in den letzten fünf Jahren passiert, um den Hochwasserschutz an der Zusam voranzutreiben?" Bürgerinnen und Bürger, Gewerbetreibende und die Kommunen würden im Stich gelassen, heißt es in dem Schreiben. Die Bürgermeister bitten Glauber, den betroffen Menschen vor Ort zu erklären, wie es nun weitergehen soll. Denn die Leute seien inzwischen "stinksauer", dass nichts geschieht, berichtet Edgar Kalb.
Wann rollen in Siefenwang die Bagger an?
Der Landtagsabgeordnete der Grünen, Maximilian Deisenhofer, hat zeitgleich eine Anfrage bei der Staatsregierung gestellt: "Was unternimmt die Staatsregierung, um lang geplante, lokale Hochwasserschutz-Maßnahmen wie in Dinkelscherben-Siefenwang oder auch Diedorf künftig deutlich zu beschleunigen?", will er unter anderem wissen.
Doch das Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz hält sich mit genauen Angaben zurück: "Im Rahmen des Aktionsprogramms PRO Gewässer 2023 werden alle Vorhaben entsprechend einer Priorisierung abgearbeitet. Die Dauer der Umsetzung hängt auch wesentlich von der Dauer der Rechtsverfahren, etwaiger Klagen und dem Grunderwerb ab." Maximilian Deisenhofer wolle nachhaken, heißt es aus seinem Büro. Das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth hatte gegenüber unserer Redaktion vor Kurzem einen "absehbaren Baubeginn" erwähnt.
Das sagt der Landrat zum Hochwasserschutz in Siefenwang
Landrat Martin Sailer setzt sich dafür ein, in solchen Fällen wie dem Hochwasserrückhaltebecken in Siefenwang die Rechtslage so schnell wie möglich zu ändern. Ein Rückhaltebecken, das bereits ein Planfeststellungsverfahren durchlaufen hat, müsse auch sofort gebaut werden. Der Schutz der Allgemeinheit habe Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen. Wer wie entschädigt wird, könnte auch zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Die sogenannte Besitzeinweisung, die vor einem halben Jahr im Fall Siefenwang vom Wasserwirtschaftsamt angestrebt wurde, entspricht dieser Idee.
Im Landkreissüden ist man froh über das neue Rückhaltebecken, wie der Schwabmünchener Bürgermeister Lorenz Müller berichtet: „Auch den Süden hat es sehr erwischt“, erklärt er, „aber wir sind vielleicht auch durch das Hochwasserrückhaltebecken Holzhausen, welches es nach 25 Jahren Planung und Bauzeit nun seit zwei Monaten gibt, vergleichsweise glimpflich mit einem blauen Auge davongekommen. Dies sollte uns eine Mahnung sein, dass so etwas künftig schneller geht.“