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Landkreis Augsburg: Heike Heubach aus Stadtbergen will als erste Gehörlose in den Bundestag

Landkreis Augsburg

Heike Heubach aus Stadtbergen will als erste Gehörlose in den Bundestag

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    Schafft Heike Heubach aus Stadtbergen den Einzug in den Bundestag, wäre sie dort die erste gehörlose Abgeordnete.
    Schafft Heike Heubach aus Stadtbergen den Einzug in den Bundestag, wäre sie dort die erste gehörlose Abgeordnete. Foto: Andreas Lode

    Kurz vor Beginn des Interviews werden hinter Heike Heubachs Rücken noch Plakatwände zurechtgerückt. "Ich bin ein visueller Mensch", sagt Heike Heubach in Gebärdensprache zu ihrer Dolmetscherin. Was um sie herum passiert, nimmt Heubach anders wahr als die meisten Menschen. Aufhalten lässt sich die Gehörlose aus Stadtbergen dadurch nicht. Sie will für die SPD in den Bundestag. Nun ist sie offiziell als Kandidatin für den Bundestagswahlkreis Augsburg-Land nominiert.

    Politisch aktiv ist Heubach schon etwas länger. Zuletzt kandidierte sie für den Stadtrat in Stadtbergen. Nun soll alles einige Nummern größer werden. Als erste Gehörlose will Heubach als SPD-Kandidatin im Bundeswahlkreis 253 Augsburg-Land in den Bundestag. In den kommenden Monaten will sie dazu in einen in mehrerlei Hinsicht besonderen Wahlkampf starten. An Vorsätzen und Zielen mangelt es der Stadtbergerin nicht.

    SPD-Kandidatin Heubach will sich für mehr Gleichberechtigung einsetzen

    Heubach kommuniziert über Gebärdensprache. Für das Interview mit unserer Redaktion in der SPD-Zentrale in Augsburg sitzen ihr zwei Gebärdendolmetscherinnen gegenüber. Sie sprechen das aus, was Heubach über Gebärdensprache mitteilt. Eine Situation, die für viel mehr Menschen Normalität werden sollte, meint Heubach. Denn: "Ich kann nichts dafür, dass ich gehörlos bin", sagt Heubach. Unterstützung sollte selbstverständlich sein, auch staatliche. Zum Beispiel im Wahlkampf. Vor der Stadtratswahl zog Heubach da mit einem Parteikollegen von Haus zu Haus. Um sich bei den Menschen vorzustellen, wurde ein kurzes Video vorgespielt, dann war Zeit für Fragen. "Leider hatte ich keinen Dolmetscher", sagt Heubach. Eines von vielen Alltagsproblemen, die Heubach als Bundestagsabgeordnete anpacken will.

    Heike Heubach ist die Bundestagskandidatin der SPD für den Wahlkreis Augsburg-Land.
    Heike Heubach ist die Bundestagskandidatin der SPD für den Wahlkreis Augsburg-Land. Foto: Andreas Lode

    Im Kommunalwahlkampf habe sie wichtige Erfahrungen sammeln können, welche Themen die Menschen bewegen. Ihre politischen Ziele lassen sich grob in drei Bereiche einteilen: Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialpolitik. So will sich die Sozialdemokratin zum Beispiel für mehr Schienenverkehr und Radwege einsetzen, bezahlbaren Wohnraum schaffen oder die Digitalisierung vorantreiben. Wichtig ist Heubach, den Menschen in der Region klarzumachen, dass auch große Veränderungen im Kleinen beginnen und jeder mit anpacken kann. Meckern allein reicht ihr nicht.

    Halbmarathon hat die SPD-Kandidatin Heike Heubach geprägt

    Auch privat sprüht Heubach vor Energie: "In der Freizeit laufe und wandere ich gerne in den Westlichen Wäldern, fahre mit dem Fahrrad an der Wertach entlang." 2018 lief sie zusammen mit ihrem Vater den Freiburger Halbmarathon. "Es war ein bombiges, unbeschreibliches, unglaubliches Gefühl, ans Ziel zu gelangen. Dieses Erlebnis hat mich persönlich geprägt“, sagt Heubach. Ansonsten lese sie gerne, besonders interessiert sie sich für Biografien und persönliche Lebensgeschichten. Ihr Vorbild? "Karin Kestner", erklärt Heubach.

    Die Gebärdensprachdolmetscherin und Verlegerin engagierte sich vor allem für die Verbreitung der Deutschen Gebärdensprache und für die Rechte von gehörlosen Kindern und ihren Eltern. Noch immer stehen Deutschland und Europa im Vergleich mit anderen Ländern wie den USA schlecht da, wenn es um die Gleichberechtigung Gehörloser geht, meint Heubach. In den USA würden zum Beispiel deutlich mehr kulturelle Veranstaltungen von Gebärdendolmetschern übersetzt. Auch im Bereich Bildung gäbe es davon noch viel zu wenige, erklärt Heubach.

    Wahlkampf in Zeiten von Corona wird deutlich digitaler

    Selbst ist die 41-Jährige zunächst in ihrer Heimat im Schwarzwald zur Schule gegangen. Später wechselte sie auf eine Wirtschaftsschule in Heidelberg und aufs Gymnasium nach München. Dort arbeitet die verheiratete Mutter zweier Töchter heute als Industriekauffrau bei einem Energiekonzern. Wegen Corona ist sie zurzeit aber im Homeoffice in Stadtbergen. Die Pandemie wird wohl auch den Wahlkampf in den kommenden Monaten stark beeinflussen. So wolle sie vor allem auf digitale Veranstaltungen setzen. Hausbesuche oder Wahlkampfauftritte im Bierzelt fallen während der Pandemie vermutlich flach. Deshalb verlief auch die Nominierung der Stadtbergerin als Bundestagskandidatin anders als üblich. Die Abstimmung lief komplett digital. Aus dem "Sendestudio“ , der SPD-Geschäftsstelle in Augsburg, stellte sich Heubach digital vor und überzeugte ihre Parteifreunde. Formal bestätigt wurde das Ergebnis bei der anschließenden Briefwahl der Delegierten. Mit 66 von 71 Stimmen fiel das Ergebnis eindeutig aus.

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