Mal ist es das Obergeschoss, in dem bis vor Kurzem noch die inzwischen verstorbenen Großeltern gewohnt haben, mal das Gästezimmer im Keller oder auch eine ganze Wohnung. In bald jeder Gemeinde im Augsburger Land wird inzwischen nach Wohnraum für Geflüchtete vor dem Krieg in der Ukraine gesucht. Unbürokratisch wollen die Gemeinden und Städte gemeinsam mit dem Landratsamt helfen. Und der handfeste Willen zur Hilfe im Landkreis ist enorm: Auch wenn in den jeweiligen Rathäusern noch sortiert und gesammelt wird, könnten viel mehr Unterbringungsmöglichkeiten als erwartet in dieser Woche noch ans Landratsamt gemeldet werden. Dort will man vorbereitet sein.
Zunächst laufe die Aufnahme von Geflüchteten über das Ankerzentrum der Regierung von Schwaben, beschreibt der Sprecher des Landratsamts, Jens Reitlinger. Von dort sollen die Menschen schnell ihren Anschlussunterkünften zugewiesen werden, so der Plan. Und dafür hat der Landkreis zunächst das Kreisjugendheim in Dinkelscherben im Blick. Dort soll in der Turnhalle eine Notunterkunft für 50 Personen eingerichtet werden.
Landrat Sailer: Alle bedürftigen Geflüchteten werden aufgenommen
Landrat Martin Sailer: "Auch, wenn noch nicht absehbar ist, wie viele Menschen aus der Ukraine uns zugewiesen werden oder um Aufnahme bitten, wird der Landkreis Augsburg selbstverständlich alle bedürftigen geflüchteten Menschen aufnehmen und unterstützen." Schon einmal hatte es einen großen Zustrom von geflüchteten Menschen im Landkreis Augsburg gegeben. Das war im Jahr 2015. Damals wurde monatelang die Turnhalle der staatlichen Realschule in Neusäß als Notunterkunft genutzt.
"Grundsätzlich ist im Rahmen des Katastrophenschutzes die Turnhalle des Schulzentrums Neusäß vorgesehen", so der Landratsamtssprecher. Während in München nahe dem Hauptbahnhof in dieser Woche bereits ein komplettes Gymnasium als Notunterkunft dient, sind im Landkreis Augsburg bislang keine solchen Pläne für Schuleinrichtungen konkret. Stattdessen wird zunächst auf private Hilfe gesetzt. Wer Wohnraum anbieten möchte, kann sich bei seiner Heimatgemeinde oder -stadt melden oder auch auf privaten Plattformen. Kamen ab 2015 vor allem viele junge Männer aus Afghanistan und Syrien und später auch Familien, werden nun vor allem Frauen mit Kindern erwartet.
In Fischach sind schon einige Wohnungen bezogen
Auf privatem Weg haben bereits eine ganze Reihe von Menschen aus der Ukraine ihren Weg in den Landkreis gefunden. Der Fischacher Bürgermeister Peter Ziegelmeier berichtet von einer Frau mittleren Alters sowie von zwei Frauen mit Kindern und einer weiteren Familie mit Kind, die inzwischen in der Marktgemeinde in den Stauden über eine private Organisation untergebracht werden konnten. In der Stadt und im Landkreis Augsburg dürften es sehr viele sein, die so über Organisationen oder ganz privat ihren Weg nach Schwaben gefunden haben: Bei der zuständigen Anmeldestelle in Augsburg seien die Familien, die jetzt in Fischach leben, wegen der langen Schlange gar nicht drangekommen, berichtet Ziegelmeier.
Zehn leer stehende Wohnungen sind dem Rathaus Fischach bereits von ihren Eigentümern gemeldet worden, die von Menschen aus der Ukraine genutzt werden können. Was nun noch nicht über private Wege besetzt wird, wird dem Landratsamt weitergemeldet. So sieht es auch im Rathaus in Meitingen aus. "Die Hilfsbereitschaft der Meitingerinnen und Meitinger ist sehr groß", sagt Philipp Schmid aus dem Bürgermeisterbüro. Mehr als 20 Meldungen habe er bereits auf dem Tisch liegen, von leer stehenden Gästezimmern bis zu kompletten Wohnungen. Auch diese werden ans Landratsamt weitergeleitet. "Zunächst wollen wir aber mit den Eigentümern Gespräche führen und ihnen ins Bewusstsein rufen, was die Aufnahme bedeuten kann", so Schmid.
In Diedorf könnte das Bürgerhaus als Notunterkunft dienen
So will auch Martina Bühler aus dem Rathaus in Diedorf vorgehen. Dort haben sich etwa 15 Personen gemeldet, die 30 bis 40 Geflüchtete in Zimmern oder ganzen Wohnungen unterbringen könnten. "Ich werde diese alle noch mal anrufen, um sicherzugehen, dass die Wohnräume mietkostenfrei sind. Auch dann wollen wir auch darauf hinweisen, dass eine Aufnahme zwei bis drei Monate dauern kann", so Bühler. Zudem kann die Gemeinde selbst für einen befristeten Zeitraum 15 weitere Personen im Bürgerhaus unterbringen.
Angekommen seien im Landratsamt bislang weitere 29 Plätze für die Unterbringung von Geflüchteten, so Jens Reitlinger. Immer noch sucht der Landkreis darüber hinaus Wohnungen zur dauerhaften Anmietung für Menschen, auch aus weiteren Krisengebieten der Welt. Anbieterinnen und Anbieter können sich online beim Landratsamt melden. Reitlinger versichert: Sollte auf die privat angebotenen Zimmer oder Wohnungen, die ohne Miete zur Verfügung gestellt werden, zurückgegriffen werden, werde das Landratsamt in direkten Gesprächen zunächst prüfen, ob Anbieter und Geflüchtete auch zusammenpassen.
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