Der Babyboom im Landkreis Augsburg schwächt sich etwas ab - aber nicht überall. Vor allem in den westlichen Augsburger Umlandgemeinden Neusäß und Diedorf sind die Geburtenzahlen stark zurückgegangen, während sich viele kleinere Orte auf dem Land über mehr neue Erdenbürger freuen dürfen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand.
Denn die Entscheidung von Paaren für Nachwuchs hängt eben stark mit der Wohnsituation und der Kinderbetreuung zusammen: Ist beides günstig, kann eine Gemeinde auch mit mehr jungen Familien und Zuzug rechnen. Doch wo es wenig Wohnraum gibt, die Immobilienpreise astronomisch hoch sind und Kita-Plätze knapp, dort zieht es auch weniger Familien hin.
Deutlich mehr Babys in Ehingen und Langerringen
So wundert es nicht, dass auch kleinere Gemeinden aus dem Landkreis, die versuchen, für junge Familien attraktiv zu sein, steigende Geburtenzahlen melden: So verzeichnet Biberbach im Landkreis-Norden 2019 44 Geburten (2018: 35), Ehingen hat mit 18 Babys acht Geburten mehr als im Vorjahr, und auch im Süden in Langerringen stieg die Geburtenzahl von 38 auf 46.
Voriges Jahr wurden laut Landratsamt im Landkreis Augsburg insgesamt 2425 Babys geboren, 24 weniger als noch im Vorjahr. Die einzelnen Zahlen der Gemeinden, die wir vom Landratsamt bekommen haben, haben wir in der Grafik verarbeitet. Sie zeigt die Geburten in den Städten und Gemeinden. Rekordjahr war dabei 2017 mit 2459 Babys. "Es scheint so zu sein, dass wir uns bei etwa 2400 Geburten im Jahr einpendeln", sagt Günter Katheder-Göllner, Leiter der Fachstelle Jugendhilfeplanung im Landratsamt.
Bayernweit hält der Babyboom dagegen an. Der Freistaat verzeichnet für 2019 die höchste Geburtenzahl seit über zwei Jahrzehnten: über 128.000 Geburten, 600 mehr als im Vorjahr. Im Jahr 1997 waren es 130.517 Geburten.
Vor 20 Jahren waren den Gemeindeverwaltungen im Augsburger Land rund 2300 Neugeborene pro Jahr gemeldet worden, danach gingen die Geburtenzahlen deutlich nach unten. Zwischen 2008 und 2010 kamen weniger als 1900 Kinder pro Jahr zur Welt, ab 2013 begann sich der Trend dann wieder umzukehren. Das geht aus der Sozialraumanalyse des Landkreises hervor, für welche das Institut SAGS die Daten des Statistischen Landesamtes ausgewertet hat.
Planungssicherheit durch Elterngeld und Kita-Plätze
Für die Zunahme der vergangenen Jahre werden mehrere Gründe verantwortlich gemacht. Einmal gibt es als "Echo" der Babyboomer-Generation aus den 1960er-Jahren derzeit mehr Frauen im gebärfähigen Alter. Als wichtiger Faktor gilt auch die veränderte Familienpolitik: Elterngeld und ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz sorgen bei den Familien für Planungssicherheit.
Derzeit scheint sich der Aufwärtstrend etwas abzuflachen. Besonders im Augsburger Speckgürtel, wo das Wohnen für viele unbezahlbar geworden ist, gibt es weniger Nachwuchs. Einen signifikanten Geburtenrückgang verzeichnet beispielsweise die Stadt Neusäß mit 169 Babys 2019, im Vorjahr waren es noch 183, 2017 sogar 221 Neugeborene. In Diedorf ging die Zahl der Geburten von 92 im Jahr 2018 auf 89 im Jahr 2019 zurück. 2017 waren es hier noch 98 Geburten.
In der Mehrheit der Kommunen ist die Zahl der Neugeborenen über die vergangenen drei Jahre aber bis auf einige Schwankungen in etwa konstant.
Corona könnte Babyboom stoppen
Noch vor drei Jahren schlug der Kindersegen in den bevölkerungsreichen Orten von Augsburg besonders durch. Dort sorgte 2017 Gersthofen mit 258 Geburten für den "Landkreisrekord", 2018 kamen in der bevölkerungsreichsten Stadt des Landkreises, Königsbrunn, die meisten Babys zur Welt.
Der Kindersegen hat vielerorts dazu geführt, dass Kommunen ihre Betreuungsangebote im Eiltempo ausbauen mussten. Die Statistiker gehen derzeit davon aus, dass in den kommenden Jahren Jahr für Jahr etwas weniger Kinder auf die Welt kommen werden. Zudem ist noch nicht absehbar, in welchem Maße die Corona-Pandemie und die wirtschaftlichen Folgen Auswirkungen auf die Familienplanung junger Menschen haben.
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