Die seit Jahren versprochene Wiederinbetriebnahme des regelmäßigen Personenverkehrs auf der traditionsreichen Staudenbahn ist gefährdeter denn je. Für das Vorhaben fehlen nach aktuellen Berechnungen elf Millionen Euro. Diese soll nun der Bund übernehmen. Aber macht er das auch?
Landrat Martin Sailer (CSU) erwartet bis Jahresende eine Entscheidung. "Das ist jetzt eine politische Diskussion." Verweigert das Verkehrsministerium eine millionenschwere Finanzspritze nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG), sieht der Landrat schwarz für die Reaktivierung. "Ohne GVFG geht es nicht," sagte er in der Sitzung des Kreisausschusses am Montag.
Dort stellte Ralf Gummersbach von den Stadtwerken Ulm/Neu-Ulm die neuen Berechnungen für den Ausbau der rund 13 Kilometer langen Strecke zwischen Gessertshausen und Langenneufnach vor. Diese soll bis Fischach mit Tempo 100 befahren werden können, bis Langenneufnach sollen noch bis 80 Kilometer pro Stunde drin sein. 18 von 30 Bahnübergängen sollen beseitigt werden, die verbleibenden zwölf modernisiert und mit automatischen Halbschranken ausgestattet werden.
Staudenbahn: Das kostet die Reaktivierung
Kostenpunkt insgesamt: 29,5 Millionen Euro. Beim Betreiber der Strecke sollen davon 22,6 Millionen Euro hängen bleiben, hinzu kämen fast 14 Millionen Euro für den Unterhalt im Laufe der ersten 15 Jahre. So lange ist ein Betrieb der Staudenbahn durch eine Bestellung des Freistaats garantiert. Er bezahlt das Eisenbahnunternehmen, welches über die Gleismiete wiederum den Betreiber der Strecke entlohnt. Doch im Falle der Staudenbahn geht die Rechnung nicht auf, wie Gummersbach verdeutlichte.
Der Betreiber könne innerhalb von 15 Jahren nur mit Erlösen von 25,5 Millionen Euro rechnen, es bleibe ein Defizit von 10,92 Millionen Euro. Gummersbach betonte deshalb: "Es muss eine Ko-Finanzierung gefunden werden."
Diese soll nach dem Willen der Landkreis-Politiker der Bund übernehmen. Anfang 2020 wurde das bereits eingangs erwähnte GVFG novelliert, die Reaktivierung von Bahnstrecken darf jetzt von Berlin gefördert werden. Die Staudenbahn könne als Pilotprojekt sogar schneller zum Zug kommen, so die Hoffnung.
In zeitlichem Verzug ist das Projekt schon länger. Selbst wenn jetzt alles reibungslos klappt, wird vor Ende 2025 kein Zug fahren. Zudem lauern auf dem Weg weitere Stolperfallen. So könnte die beabsichtigte Verringerung von Bahnübergängen auch juristischen Ärger bringen und das Genehmigungsverfahren in die Länge ziehen.
Die Staudenbahn: Darum geht's
Die Geschichte Im Winter 1912 fuhren erstmals Züge von Gessertshausen nach Türkheim. 1983 wurde der Verkehr zwischen Ettringen und Mark Wald stillgelegt, 1991 zwischen Markt Wald und Gessertshausen.
Der Plan Ab Dezember 2022 soll der Personennahverkehr auf der Staudenbahn zwischen Langenneufnach und Augsburg wieder aufgenommen werden. 2014 bescheinigte ein Gutachten der Bahn auf der 13 Kilometer langen Strecke gute Chancen.
Die Finanzierung Die Kosten für die nötige Modernisierung – im Raum stehen rund 20 Millionen Euro – wollte die Staudenbahn über einen Kredit finanzieren. Der wiederum sollte über Einnahmen aus der Benutzungsgebühr – die sogenannte Gleismiete – abgestottert werden. Offenbar wollten sich die Banken darauf nicht einlassen. Der Landkreis sprang zunächst für die Kosten der Projektvalidierung ein, um das Projekt zu retten. Doch der Termin für die Wiedereröffnung der Strecke verschiebt sich mindestens um zwei Jahre.
Erkennbar hat außerdem der Plan, Dieseltriebwagen einzusetzen, nicht nur Freunde. Eine Elektrifizierung der Strecke würde aber weitere vier Millionen Euro kosten, zudem ist die Staudenbahn bereits mit Dieselloks ausgeschrieben. Das jetzt zu ändern, würde weitere Verhandlungen mit der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) erfordern.
Staudenbahn: Das sagen die Kreistags-Fraktionen
Sprecher aller Fraktionen betonten, wie wichtig der Einstieg des Bundes für die Zukunft der Staudenbahn sei. Lorenz Müller (CSU): Wir brauchen diese Fördermöglichkeit." Harald Güller (SPD) warb für eine Elektrifizierung der Strecke und sieht auch den Freistaat am Zug. "Den will ich da nicht ganz rauslassen."
Silvia Daßler (Grüne) warnte davor, nur auf die rein betriebswirtschaftlichen Zahlen des Projekts zu schauen. Durch eine Staudenbahn werde auch an anderer Stelle Geld gespart, zum Beispiel beim Straßenbau oder bei der Beseitigung von Umweltschäden.
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