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Landkreis Augsburg: Familienstationen bieten Hilfe nach dem Hochwasser: "Die Krise ist noch aktuell"

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Familienstationen bieten Hilfe nach dem Hochwasser: "Die Krise ist noch aktuell"

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    Gerade Kinder und ihre Familien können auch noch lange Zeit nach dem Hochwasser unter den psychischen Folgen leiden. Da ist es wichtig, den Kindern das Gefühl zu geben, dass sie in Sicherheit sind, sagt ein Fachmann.
    Gerade Kinder und ihre Familien können auch noch lange Zeit nach dem Hochwasser unter den psychischen Folgen leiden. Da ist es wichtig, den Kindern das Gefühl zu geben, dass sie in Sicherheit sind, sagt ein Fachmann. Foto: Marcel Kusch, dpa (Symbolfoto)

    Zwei Wochen sind seit dem großen Hochwasser vergangen. Auch wenn der Landkreis Augsburg weder Tote noch Verletzte zu beklagen hat, werden doch die mentalen Auswirkungen auf viele Menschen noch länger zu spüren sein. Hilfe bieten Familienstationen. Beraterinnen und Berater hören zu und unterstützen Betroffene. Bisher hat das Hochwasser jedoch nur wenige in die Stationen gebracht. Das hat wohl einen klaren Grund. 

    Der Markt Fischach traf das Hochwasser vor zwei Wochen besonders stark. Trotzdem haben sich bisher keine Betroffenen bei der Familienstation Fischach gemeldet, wie Leiterin Kirsten Strobel sagt. "Entweder, es ist alles bereits so gut organisiert, dass unsere Beratung nicht notwendig ist. Oder die Menschen sind noch mit Aufräumen beschäftigt und die Nachwehen zeigen sich erst später", sagt sie. Krisen wie solch ein Hochwasser könnten für Betroffene sehr belastend sein. "Bei manchen geht es um die Existenz", meint Strobel. Auch für Alleinerziehende, von denen es in Fischach viele gebe, sei eine solche Situation extrem herausfordernd. Am Mittwoch, 19. Juni, um 18 Uhr, findet in der Familienstation Fischach ein Gesprächskreis zum Thema Hochwasser mit Marianne Koos, dritter Bürgermeisterin des Markts Fischach statt. Interessierte können sich bei Kirsten Strobel anmelden. 

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    Viele Straßen und Keller sind überflutet, Menschen mussten sich in Sicherheit bringen. Helfer von Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei und THW sind pausenlos im Einsatz.

    Bei der Familienhilfe Meitingen haben sich bisher noch keine Hochwasser-Betroffenen gemeldet. Mitarbeiterin Birgit Sölch glaubt, dass sich das noch ändern wird. "Die Menschen sind aktuell noch beschäftigt. Da wird sich erst mal um das Grobe gekümmert", sagt Sölch. Kurz nach dem Hochwasser bot die Familienhilfe eine kostenlose Kinderbetreuung an, um betroffene Familien zu entlasten. "Das Angebot hat allerdings niemand wahrgenommen. Vor allem auf dem Land sind die Menschen gut vernetzt und organisieren sich gut selbst", meint Sölch. Sie kann sich vorstellen, dass die Betroffenen zeitversetzt mit der Krise zur Beratung kommen. "Dann, wenn man wieder Luft holen kann", so die Beraterin. Denn vor allem bei kleineren Kindern könne so ein Ereignis belastend wirken. Mit den potenziell sowohl finanziellen als auch mentalen Schwierigkeiten könne die Erziehung Eltern zudem vermehrt beanspruchen. 

    Das Wasser ist größtenteils weg, doch mentale Spuren bleiben: Familienstationen im Landkreis Augsburg bieten Betroffenen vom Hochwasser Hilfe an.
    Das Wasser ist größtenteils weg, doch mentale Spuren bleiben: Familienstationen im Landkreis Augsburg bieten Betroffenen vom Hochwasser Hilfe an. Foto: Marcus Merk

    Bei der Familienstation Gersthofen haben bisher noch keine Hochwasser-Betroffenen Hilfe gesucht. "Uns hat es aber auch nicht so schlimm getroffen", sagt Daniela Schöbel, Leiterin der Station. Sie glaubt aber auch, dass die Menschen derzeit noch mit dem Aufräumen nach dem Chaos beschäftigt sind. "Es ist nicht auszuschließen, dass sich im Nachhinein noch Leute bei uns melden", meint sie. Braucht jemand Hilfe, unterstützt die Familienstation vor allem dabei, einen Überblick über die Situation und die Herausforderungen zu schaffen und an nächste Hilfsstationen zu vermitteln, etwa an finanzielle Hilfen. "Grundsätzlich sind wir aber sehr gut besucht. Aktuell machen wir vor allem viel Integrationsarbeit", erzählt Schöbel. 

    Familienstationen im Landkreis Augsburg haben bisher Regelbetrieb

    Von ähnlichen Zuständen berichtet Achim Friedrich, Leiter des Familienbüros Schwabmünchen und Untermeitingen. "Solche Anfragen kommen immer verzögert", sagt er. Ähnlich sei es auch bei Krisen wie etwa der Coronapandemie oder dem Ausbruch des Ukrainekriegs gewesen. "Die Familien funktionieren erst mal. Wenn sich die Lage etwas beruhigt hat, dann kommen die Themen auf. Was macht das mit den Kindern? Was macht der mit der Familie?", spricht Friedrich häufige Gedankengänge in diesen Situationen an. Vor allem bei Kindern könne ein Ereignis wie das Hochwasser Ängste auslösen. "Wenn man das Hochwasser gesehen hat, löst das natürlich auch bei Erwachsenen Sorgen aus. Aber für Kinder folgen darauf Angst und Verunsicherung", sagt er. Im Familienbüro gehe es dann darum, gemeinsam den Sorgen der Kinder nachzuspüren. "Regel Nummer Eins ist, die Kinder ernst zu nehmen", so Friedrich. Außerdem müsse man den Kindern deutlich machen, dass sie in Sicherheit sind. 

    Regelbetrieb herrscht auch in der Familienstation in Zusmarshausen. Erst ein Anruf kam dort von Betroffenen des Hochwassers an, von einer Flüchtlingsfamilie aus Dinkelscherben. Julia Schmid leitet die Station und sagt, dass Zusmarshausen beim Hochwasser "relativ verschont" geblieben ist. Sie selbst lebt jedoch in Altenmünster und war von den Wassermassen betroffen. "Ich denke, die Nachfrage wird noch einen Nachlauf haben. Die Krise ist noch total aktuell, die Menschen sind beschäftigt", sagt sie. Bei vielen Familien habe das Hochwasser weniger einen materiellen als einen emotionalen Schaden hinterlassen. "Wenn jemand zu uns kommt, dann ist es unsere Aufgabe, zuzuhören und Zuspruch zu geben. Wir können mit dem Ausfüllen von Anträgen helfen und an Hilfsprojekte weitervermitteln", erklärt Schmid. 

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