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Eltern aus dem Landkreis Augsburg sollen Sohn jahrelang misshandelt haben
![Jahrelang sollen ein Stiefvater und eine Mutter aus dem Landkreis Augsburg ihren Sohn misshandelt haben. Nun müssen sich die beiden vor dem Augsburger Schöffengericht verantworten. Jahrelang sollen ein Stiefvater und eine Mutter aus dem Landkreis Augsburg ihren Sohn misshandelt haben. Nun müssen sich die beiden vor dem Augsburger Schöffengericht verantworten.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674144167-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Ein Stiefvater und eine Mutter sollen ihrem Sohn das Leben zur Hölle gemacht haben. Erst jetzt, Jahrzehnte später, müssen sich die beiden vor Gericht verantworten.
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Eine ganze Kindheit lang sollen sie ihren Sohn gequält haben. Mal waren es schlechte Noten, mal war der Junge den Eltern zu laut - wegen Kleinigkeiten soll das damalige Kind immer wieder von seinem Stiefvater und der Mutter geschlagen worden sein. Heute ist das Kind ein erwachsener Mann. Erst Jahrzehnte nach den mutmaßlichen Gewalttaten erstattet der 32-Jährige Anzeige. Nun müssen sich die Mutter und ihr damaliger Ehemann vor Gericht verantworten.
Angeklagte schweigen bislang zu den Vorwürfen
Gleich am ersten Verhandlungstag wird deutlich: Die Taten im Detail zu beweisen, wird in diesem Fall nicht einfach. Es geht um Misshandlungen, die in der Zeit von 1997 bis 2006 stattgefunden haben sollen. Die Liste an Vorwürfen ist lang. Laut Anklage soll es vor allem der heute 73-jährige Stiefvater gewesen sein, der immer wieder zuschlug. Mindestens einmal in der Woche soll er seinen Stiefsohn geschlagen haben. Mal mit der flachen Hand, mal mit der Faust, mal mit einem Gürtel. Anstatt dazwischenzugehen, soll die Mutter des Jungen ihren damaligen Ehemann dazu ermutigt haben. "Mach, dass er ruhig ist", soll sie gesagt haben - so steht es in der Anklage. Auch die heute 61 Jahre alte Mutter selbst soll ihren Sohn laut Staatsanwaltschaft "gequält und misshandelt" haben. Etwa, als es darum ging, den Linkshänder dazu zu bringen, die rechte Hand zum Schreiben zu benutzen.
Zeugen aus dem Umfeld der Familie sollen aussagen
Am ersten Verhandlungstag äußerten sich die beiden Angeklagten zu all diesen Vorwürfen nicht. Die Verteidiger Werner Ruisinger und Andreas Thomalla deuteten aber an, dass sich das ändern soll. An zwei weiteren Verhandlungstagen sollen etliche Zeuge aussagen, die damals im Umfeld der Familie aus dem westlichen Landkreis Augsburg waren. Bislang hat lediglich eine Zeugin ausgesagt. Eine Sozialpädagogin, die vor Jahrzehnten in der Familie erzieherisch tätig war. Sie konnte sich auf Nachfrage von Richterin Silke Knigge allerdings nach all den Jahren nicht mehr an konkrete Anhaltspunkte erinnern, die auf eine körperliche Misshandlung des Jungen hindeuteten. Das Opfer soll am kommenden Verhandlungstag aussagen.
Der junge Mann erstatte offenbar erst Jahrzehnte nach den mutmaßlichen Misshandlungen Anzeige. Dadurch kam der Prozess vor dem Augsburger Schöffengericht ins Rollen. Das sollte eigentlich schon vor einiger Zeit geschehen. Doch weil verschiedene Verfahrensbeteiligte wegen Krankheit verhindert waren, musste der Prozess immer wieder verschoben werden. Ein Urteil wird in der kommenden Woche erwartet.
Statistik: Tausende Kinder sind Opfer von Gewalt in der Familie
Laut Statistischem Bundesamt sind im Jahr 2021 knapp 60.000 Kinder und Jugendliche Opfer von Vernachlässigung oder Gewalt geworden. Mehr Betroffene gab es bisher nur im ersten Corona-Jahr 2020, als die Fallzahlen einen Höchststand erreichten. In 13 Prozent der Fälle wurden Anzeichen für körperliche Misshandlungen, in vier Prozent für sexuelle Gewalt und in jedem fünften Fall (21 Prozent) für mehrere Arten von Vernachlässigung und Gewalt gefunden. Die Hinweise kamen am häufigsten von Polizei und Justizbehörden (28 Prozent) sowie Verwandten, Bekannten und Nachbarn, oder wurden anonym abgegeben (25 Prozent). In nur zwei Prozent der Fälle wandten sich die betroffenen Minderjährigen selbst an die Behörden.
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