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Landkreis Augsburg: "Das mit der Machtfrage in der katholischen Kirche ist jetzt nicht mehr so einfach"

Landkreis Augsburg

"Das mit der Machtfrage in der katholischen Kirche ist jetzt nicht mehr so einfach"

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    Maria Boxberg aus Augsburg ist geistliche Begleiterin des Synodalen Wegs der katholischen Kirche in Detuschland.
    Maria Boxberg aus Augsburg ist geistliche Begleiterin des Synodalen Wegs der katholischen Kirche in Detuschland. Foto: Jana Tallevi

    Seit 2019 gibt es in Deutschland das Gesprächskonzept des Synodalen Wegs, entstanden aus den Ergebnissen einer Studie um sexuellen Missbrauch durch katholische Priester und weitere Männer der Kirche. Frau Boxberg, Sie sind geistliche Begleiterin dieses Formats. Auf einer Podiumsdiskussion vor Kurzem in Ustersbach ist deutlich geworden, dass die Ergebnisse von nun fünf Vollversammlungen durchaus unterschiedlich bewertet werden. Den einen gehen die Ergebnisse nicht weit genug, andere sind froh, dass sie nicht weiter gehen mussten. Sie selbst hatten im Laufe des Prozesses einmal von einer "Akut-Therapie für die katholische Kirche" gesprochen. Hat die Therapie angeschlagen?
    MARIA BOXBERG: Ja, die Therapie hat angeschlagen. Denn bei den Vollversammlungen des Synodalen Wegs kamen ganz viele unterschiedliche Menschen zusammen und haben miteinander gesprochen, das hat geholfen. Jahrzehntelang wurde viel zu wenig miteinander geredet, das ist jetzt anders. Es ist nicht leicht; neben guten und überraschenden Erfahrungen ist es auch mit Enttäuschungen und Verletzungen verbunden; aber wie sonst soll man sich gegenseitig kennen- und auch die jeweils andere Position verstehen lernen. Eine konkrete Entwicklung auch für die Zukunft ist nun: Dahinter können wir nicht mehr zurück. Der Dialog wird auch in Zukunft bleiben.

    Dennoch fragen auch viele Katholikinnen und Katholiken zurecht nach konkreten Ergebnissen.
    BOXBERG: Auch die hat es gegeben und wird es weiter geben. Viele Ergebnisse, ob bei Themen wie Kriterien für Personen, die in der Kirche mitarbeiten, Sexualethik, Priester und ihr Leben oder die Rolle von Frauen in der katholischen Kirche, sind geprägt von Kompromissen. Das ist aber eine ganz natürliche Folge, wenn man bedenkt, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Vollversammlungen von ganz unterschiedlichen, teilweise extrem weit auseinander liegenden Ausgangspunkten miteinander ins Gespräch kamen. Und Jahrzehnte intensiv oft nur mit Menschen gesprochen haben, die der gleichen Meinung wie sie selbst waren.

    Bedeutet solch ein Kompromiss also, dass es kein greifbares Ergebnis gibt?
    BOXBERG: Ganz im Gegenteil. Ein Kompromiss bedeutet, dass etwas in Bewegung gekommen ist. Und das Wesen eines Kompromisses ist, dass am Ende jeder sagt: "Wir konnten nicht alles durchsetzen." Das kann wehtun. Das kennt man aus demokratischen Entscheidungsprozessen und jetzt auch vom Synodalen Weg. Von da aus muss es nun weitergehen, dass wir neue Lösungen in Streitpunkten finden. Wir haben viele Botschaften erarbeitet, die nun auch die Menschen erreichen müssen. Eine davon ist: Das mit der Machtfrage in der katholischen Kirche ist nun nicht mehr so einfach. Viele Menschen sind bereit und fähig, nicht nur miteinander zu beraten, sondern auch zu entscheiden und Verantwortung zu übernehmen. 

    Sie sagen, die Botschaften müssen die Menschen erreichen. Warum?
    BOXBERG: Vor allem, weil wir uns als Kirche nicht zurücklehnen dürfen. Wir wollen ja, dass die Botschaft Jesu viele Menschen erreicht. Ich bin überzeugt, sie hilft Menschen in jeder Lebenssituation, in allem Auf und Ab. Die Botschaft Jesu kann Sinn und Freiheit und Lebendigkeit vermitteln. Dafür müssen wir als Kirche wieder glaubwürdig werden, damit Menschen Vertrauen zu uns haben können. Die Ergebnisse des Synodalen Wegs sind wichtig für alle Menschen, die Interesse an Kirche haben und gehen auch über rein kirchliche Themen hinaus bis zu Menschenrechten. Es geht um Wertschätzung, Beteiligung und die Notwendigkeit, alle einzubeziehen. Ein Großteil der Bischöfe nimmt diesen Weg sehr ernst. Es ist der Versuch, nun mit einer Antwort zu beginnen.

    Angesetzt war der Synodale Weg auf zwei Jahre, die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sollten sich zweimal im Jahr treffen. Das war 2019.
    BOXBERG: Doch dann kam die Corona-Zeit dazwischen. Für uns war das auch die Möglichkeit, zu entschleunigen und neue Formen des Gesprächs auszuprobieren.

    Doch jetzt sind die Vollversammlungen abgeschlossen. Sind die angesprochenen Themen wie etwa Frauen in Ämtern der katholischen Kirche oder zeitgemäßes priesterliches Leben zu Ende besprochen und erledigt?
    BOXBERG: Gewiss nicht. Wir müssen weiterhin viel nachfragen und auf unsere Ziele zuarbeiten. Unsere Themen gibt es übrigens nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern. Dass die katholische Kirche sich regional in unterschiedlichem Tempo entwickeln kann, das hält die Kirche aus. Es geht um Offenheit und Klarheit, aber auch darum, jetzt bei einigen Themen, wie jenem nach der Rolle der Frauen oder verheirateten Männern in der Kirche konkreter zu werden. Und wir werden auch wieder zusammenkommen. Vieles steht noch an, der Synodale Weg ist nicht vorbei.

    Zur Person

    Maria Boxberg, geboren 1956, ist Theologin und hat viel Erfahrung in der Begleitung von geistlichen Entscheidungsprozessen in Gemeinschaften. Sie ist Mitglied der Gemeinschaft Christlichen Lebens (GCL), einer weltweiten Gemeinschaft in der Nachfolge der Spiritualität von Ignatius von Loyola, dort war sie auch 16 Jahre im Vorstand. Die geistliche Begleitung des Synodalen Wegs hatte sie gemeinsam mit dem Jesuitenpater Bernd Hagenkord übernommen, der 2021 gestorben ist. Maria Boxberg lebt in Augsburg.

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